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"Man muss an die Zukunft denken"

Internet.- Jeder Bundesbürger soll ihn haben, den Breitbandanschluss zu Hause. Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Eröffnung der CeBIT bekräftigt. 50 Megabit Download-Geschwindigkeit soll dabei die Regel sein – viel zu wenig, sagt Professor Hans-Joachim Grallert vom Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik Heinrich Hertz in Berlin.

    Manfred Kloiber: Dieses Ziel halten einige Experten für viel zu bescheiden, sie fordern mehr. Zum Beispiel Professor Hans-Joachim Grallert vom Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik Heinrich Hertz in Berlin. Wie lautet denn Ihre Forderung?

    Hans-Joachim Grallert: Wir fordern ein Gigabit pro Sekunde pro Teilnehmer und zwar im Download und im Upload. Und der Grund liegt einfach darin, dass wir hier auch auf der CeBit sehen, dass sich eine Menge an Diensten entwickeln, die immer mehr Datenrate verbrauchen werden im Laufe der Zeit. Auch zum Beispiel Video wird immer umfangreicher. Die Auflösung wird erhöht, es gibt sehr viele Anwendungen mit 3D-Video, womit man schon mal zwei Videokanäle übertragen muss und das heißt, diese 50 Megabit oder zunächst mal ein Megabit wird bei weitem nicht ausreichen. Es gibt Untersuchungen, die aussagen, dass man mindestens ein Gigabit pro Sekunde braucht. Und zwar sowohl zum Empfang als auch zum senden.

    Kloiber: Heißt das jetzt für diese 50-Megabit-Breitbandinitiative: gut gedacht aber Ziel verfehlt?

    Grallert: Man muss ja nun bedenken, dass es sich um eine Infrastruktur-Maßnahme handelt und wir wissen ja nicht, was in Zukunft passiert, aber wir brauchen eine Infrastruktur. Ehe der letzte Graben zugeschüttet ist, wird es vielleicht zehn Jahre dauern. Und dann ist das Ganze schon wieder unmodern. Man muss also an die Zukunft denken und letztendlich das Netz heute so bauen, dass man sicher sein kann, dass man auch die nächsten 20, 30 Jahre auskommen kann. Und die Glasfaser bietet heute eine unendliche Bandbreite.

    Kloiber: Leider liegt die Glasfaser nicht bis ins letzte Haus, das heißt, es muss noch Glasfaser verlegt werden und das kostet viel Geld. Wer soll das bezahlen?

    Grallert: Es muss noch Glasfaser verlegt werden. Es ist richtig. Es geistert da eine Zahl in den Zeitungen herum von 50 Milliarden Euro, die das kosten soll. Aber auch die Infrastruktur, die man jetzt verlegt, kostet Geld. Das heißt, ich weiß nicht, ob diese 50 Milliarden zusätzlich sein sollen zu dieser Infrastruktur heute oder ob man die Kosten für die Infrastruktur heute zunächst mal von den 50 Milliarden abziehen kann. Das andere ist: Man wird so ein Netz ja nicht in einem Jahr aufbauen, sondern das wird fünf bis zehn Jahre dauern, bis das Netz fertig ist. Und das bedeutet, wenn ich diese 50 Milliarden durch zehn teilen kann, dann brauche ich pro Jahr fünf Milliarden. Und ich denke mal, das ist ein sehr überschaubarer Betrag, den man sicher als Bundesrepublik Deutschland heute aufbringen könnte.

    Kloiber: Woran liegt es denn Ihrer Meinung nach, dass die Bundesregierung so ein bescheidenes Ziel nur herausgegeben hat – 50 Megabit – wenn doch Experten sagen, wir sollten eigentlich alles viel schneller machen?

    Grallert: Es liegt wahrscheinlich daran, dass die Deutsche Telekom eine Aktiengesellschaft ist, die letztendlich ihre Vierteljahreszahlen erreichen muss und Infrastrukturmaßnahmen sind da nun mal langfristige Ziele, die auch viel Geld kosten – Sie können ja nur an die Autobahnen denken oder die Eisenbahn – das ist ja eine ähnliche Infrastruktur-Maßnahme. Und ich denke mal, dass auch die Bundesregierung gut beraten wäre, hier Infrastruktur-Maßnahmen eben langfristig selber in die Hand zu nehmen, anstatt sie an der Börse notierten Unternehmen eben zu gestatten zu bauen.

    Kloiber: Das heißt also, die Bundesregierung sollte selber ein Glasfasernetz legen?

    Grallert: Ja, wie das dann betrieben wird, das kann man sich ja noch überlegen. Aber wenn eine Infrastruktur-Maßnahme von der Bundesregierung gelegt wird, dann könnte diese natürlich offene Schnittstellen ausweisen, sodass weiterhin die Konkurrenz gegeben ist bei den Providern. Aber die Infrastruktur, ähnlich wie die Autobahn heute oder die Eisenbahngleise – ja jetzt nicht mehr ganz – aber die Autobahn, die gehören eben dem Staat.

    Kloiber: Es gibt ja auch in Deutschland einzelne Städte oder kleinere Inseln, wo Glasfaser durchaus bis zum Bürger gelegt wird. Wie stellt sich das eigentlich für den Bürger oder für kleinere Unternehmen dar? Sind diese Anschlüsse dann, wenn wir so eine Infrastruktur hätten, bundesweit, wäre das sehr viel teurer als die ja doch recht preiswerte DSL-Technologie oder würde das in ähnlich niedrige Bereiche dann kommen?

    Grallert: Also meines Wissens kommt das in ähnlich niedrige Bereiche. Wir haben ein Beispiel aus der Stadt Schwerte. Doch haben die Stadtwerke das Glasfasernetz gelegt, im Zusammenhang mit der Verlegung von Abwasserrohren oder von Wasserleitungen. Und meines Wissens kostet der Glasfaseranschluss von einem Gigabit etwa 19 Euro da.

    Kloiber: Gigabit für alle, fordert Professor Hans-Joachim Grallert vom Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik Heinrich Hertz in Berlin. Besten Dank.