"Na, alles klar, Gott zum Gruße, Hallöchen, alles frisch, tach, was machst du so?"
Unterschiedliche Münder begrüßen die Besucher der Ausstellung - sie sind auf eine kleine Leinwand projiziert und bewegen sich mal mit Lippenstift geschmückt, mal mit aufblinkender Zahnspange. Schon hier wird klar, Sprache ist lebendig und vielfältig.
Zu dieser Lebendigkeit gehört selbstverständlich, dass sich Sprache immer im Fluss befindet, also sich permanent verändert und weiterentwickelt. Das belegen schon Dokumente aus der Geschichte, wie beispielsweise Gebete, die in mittelhochdeutsch verfasst wurden. Der Historiker und Ausstellungsdirektor Jürgen Reiche liest aus dem Wesselbrunner Gebet.
"Das erfuhr ich unter den Menschen als der Wunder größtes als der Erde nicht war, noch oben der Himmel nicht Baum noch Berg nicht war. Das sind in diesem Raum, in dem wir hier stehen, die Inkunabeln der Sprachgeschichte."
Vom 8. Jahrhundert bis ins Mittelalter gibt es Textbeispiele, die den Wandel der deutschen Sprache belegen. Luther's Bibelübersetzungen gehören genauso dazu, wie die Dokumentation der Buchdruckerkunst durch Gutenberg. Außerdem wird durch verschiedene Wörter deutlich gemacht, welchen Bedeutungswandel sie mitgemacht haben. Hiefür muss der Besucher nur eine Klappe an einem Sprachbaum öffnen.
"Das Wort 'Arbeit' zum Beispiel, wenn der Besucher hier nachschaut, hatte zwischen 1350 und 1750 auch die Bedeutung Kampf, Askese, Entbindung, Todesnot. Oft hatten diese Wörter mehrere Bedeutungen."
Sprache verändert sich. Sprache kann ausgrenzen, Sprache kann aber auch Einheit schaffen, und sie hilft bei der Integration. Und das ist in einem Land, in dem jeder vierte Mitbürger ausländische Wurzeln hat, nicht unwesentlich. Seit Ende der 50-iger Jahre kamen Gastarbeiter, wie sie damals genannt wurden, nach Deutschland und ein Sprachbilderbuch für ausländische Arbeitnehmer dokumentiert, wie reduziert damals noch Deutsch gelernt wurde. Jürgen Reiche.
"Ja es war wichtig damals, die Sprache nur in Bezug auf die Arbeit zu lernen. Also die Bücher sehen aus wie Bilderbücher. Und die Bilder, die wir darauf finden, sind ausschließlich auf Arbeit bezogen. Wir sehen eine Säge oder einen Hammer oder einen Helm oder ein Stück Arbeitskleidung oder einen Bohrer und dazu sind die verschiedenen Übersetzungen angeboten. Das weist darauf hin, dass man die Menschen nur als Arbeitskräfte gesehen hat und nicht als Teile der Gesellschaft, die auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen Zugang haben müssten."
Dass sich die aus dem Ausland zugezogenen Arbeiter wünschten, mehr mit einbezogen und direkter von Deutschen angesprochen zu werden, belegen Erfahrungsberichte.
"Von Anfang an waren wir so gehalten, wie die Blöden, wie die Doofen, die kann man immer bescheißen. Die arbeiten, die wissen ihre Rechte nicht und so. Und keiner hat gedacht, dass sie mehr profitieren von uns, wenn wir die Sprache beherrschen."
So spaltete sich die Gesellschaft immer mehr über die Sprache. Aber über die Nachkommen in der zweiten und dritten Generation kam eine Trendwende: Die deutsche Sprache ist für viele junge Leute mit Migrationshintergrund eine Selbstverständlichkeit geworden. Viele springen mit Leichtigkeit von einer Sprache zur anderen und einige nehmen sich mit der sogenannten "Kanak-Sprak" durchaus auch selbst auf den Arm.
Sprache ist aber nicht nur ein soziales Schmiermittel, sondern auch ein Kunstwerkzeug. Das zeigt die Künstlergruppe Robot-Lab. Von ihr wurde ein Roboter, der normalerweise in der Autoindustrie benutzt wird, aufgestellt und mit Wörtern gefüttert.
"Er ist programmiert mit hunderten von Begriffen zum Thema Sprache, zum Thema Kultur. Und er schreibt eigenmächtig Manifeste. Und die sind von einer so erstaunlichen Inhaltstiefe, dass man denkt, Sloterdijk hätte sie geschrieben, aber es ist halt nur ein Roboter, eine Maschine. Es wird jetzt gerade mal ein Blatt gezogen, mal gucken, was er uns schreibt. Man dringt ein in das Thema Geschichte mit Hilfe von Regeln, schon nicht schlecht. Die Denkweise war die Grundlage für den Roman, das kann man sicherlich auch gelten lassen. Wie Harmonie zu einem Teil Sprache bestimmt, so bestimmt Sprache auch Dummheit, Dummheit aber ist Harmonie. Da kommt man schon ins Nachdenken, das ist schon fast philosophisch."
Der multimediale Spaziergang durch die Sprachwelten ist auch immer wieder mit einem Augenzwinkern gestaltet worden. Besonders deutlich wird das, wenn es um die Rolle der Dialekte in Deutschland geht. Hierfür kann der Besucher Dialoge aus dem Film "der Pate" hören, die auch auf Berlinerisch oder Hessisch gesprochen wurden.
"Wir kennen uns jetzt schon eine halbe Ewigkeit, aber du sagst ja noch nicht mal Pate zu mir, dat musste mal hierrein kriegen."
"Ich bitte sie doch nur um Jerechtigkeit."
Besonderes Augenmerk legt die Ausstellung auch auf die Tatsache, dass sich die Sprache auch unter unterschiedlichen politischen Voraussetzungen verändert. Jürgen Reiche.
"Wir zeigen hier zum Beispiel Begriffe, die schon vor dem Aussterben bedroht sind wie Datsche oder Broiler. Aber es gibt auch Begriffe, die ganz unterschiedlich konnotiert sind. Das Wort Karriere hat eine ganz andere Bedeutung. Karriere ist positiv konnotiert. Man macht Karriere bedeutet man hat es geschafft. Im Osten ist Karriere negativ konnotiert gewesen."
Die deutsche Sprache ist die wortreichste in der Europäischen Gemeinschaft. Weltweit sprechen 120 Millionen Menschen deutsch. Viele fürchten zwar immer wieder, dass die deutsche Sprache im Medienzeitalter verarmt oder 'verdenglischt', aber dafür gibt es keine nachhaltigen Hinweise, meint Jürgen Reiche. Er beobachtet viel mehr einen lebendigen Austausch unter den Sprachen und setzt auf den Spaß beim kreativen Spiel mit der Sprache, besonders wenn junge Leute selbst zur Feder greifen.
"Es war eine wunderschöne Zeit mit dir, hier. Nun bist du fort und unsere Wege trennen sich sofort. Es ist so schade, dich nicht mehr zu sehen, denn dich zu sehen ist ein Phänomen. Du denkst an mich, doch lange nicht so oft wie ich an dich. Ich bin in Gedanken bei dir und ich hoffe du auch bei mir."
Der Mensch ist nur Mensch durch Sprache, sagte einst Wilhelm von Humboldt - und wen die historische Dimension der Sprache und des Sprachwandels besonders fesselt, der ist bei der Schwesternausstellung des Deutschen Historischen Museums in Berlin gut aufgehoben, die am 15. Januar beginnt.
"In Berlin ist ein historischer Teil, der uns viel weiter zurückführt und viel breiter, als wir das hier tun könnten. Die Entstehung der deutschen Sprache mit sehr vielen Originalen auf Sprachmonumente verweist, die es in der deutschen Sprache sehr reich auch gegeben hat. Auf Goethe, Schiller, Herder, Brüder-Grimm, Humboldt natürlich. Das wird dort sehr viel ausführlicher Thema sein."
Unterschiedliche Münder begrüßen die Besucher der Ausstellung - sie sind auf eine kleine Leinwand projiziert und bewegen sich mal mit Lippenstift geschmückt, mal mit aufblinkender Zahnspange. Schon hier wird klar, Sprache ist lebendig und vielfältig.
Zu dieser Lebendigkeit gehört selbstverständlich, dass sich Sprache immer im Fluss befindet, also sich permanent verändert und weiterentwickelt. Das belegen schon Dokumente aus der Geschichte, wie beispielsweise Gebete, die in mittelhochdeutsch verfasst wurden. Der Historiker und Ausstellungsdirektor Jürgen Reiche liest aus dem Wesselbrunner Gebet.
"Das erfuhr ich unter den Menschen als der Wunder größtes als der Erde nicht war, noch oben der Himmel nicht Baum noch Berg nicht war. Das sind in diesem Raum, in dem wir hier stehen, die Inkunabeln der Sprachgeschichte."
Vom 8. Jahrhundert bis ins Mittelalter gibt es Textbeispiele, die den Wandel der deutschen Sprache belegen. Luther's Bibelübersetzungen gehören genauso dazu, wie die Dokumentation der Buchdruckerkunst durch Gutenberg. Außerdem wird durch verschiedene Wörter deutlich gemacht, welchen Bedeutungswandel sie mitgemacht haben. Hiefür muss der Besucher nur eine Klappe an einem Sprachbaum öffnen.
"Das Wort 'Arbeit' zum Beispiel, wenn der Besucher hier nachschaut, hatte zwischen 1350 und 1750 auch die Bedeutung Kampf, Askese, Entbindung, Todesnot. Oft hatten diese Wörter mehrere Bedeutungen."
Sprache verändert sich. Sprache kann ausgrenzen, Sprache kann aber auch Einheit schaffen, und sie hilft bei der Integration. Und das ist in einem Land, in dem jeder vierte Mitbürger ausländische Wurzeln hat, nicht unwesentlich. Seit Ende der 50-iger Jahre kamen Gastarbeiter, wie sie damals genannt wurden, nach Deutschland und ein Sprachbilderbuch für ausländische Arbeitnehmer dokumentiert, wie reduziert damals noch Deutsch gelernt wurde. Jürgen Reiche.
"Ja es war wichtig damals, die Sprache nur in Bezug auf die Arbeit zu lernen. Also die Bücher sehen aus wie Bilderbücher. Und die Bilder, die wir darauf finden, sind ausschließlich auf Arbeit bezogen. Wir sehen eine Säge oder einen Hammer oder einen Helm oder ein Stück Arbeitskleidung oder einen Bohrer und dazu sind die verschiedenen Übersetzungen angeboten. Das weist darauf hin, dass man die Menschen nur als Arbeitskräfte gesehen hat und nicht als Teile der Gesellschaft, die auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen Zugang haben müssten."
Dass sich die aus dem Ausland zugezogenen Arbeiter wünschten, mehr mit einbezogen und direkter von Deutschen angesprochen zu werden, belegen Erfahrungsberichte.
"Von Anfang an waren wir so gehalten, wie die Blöden, wie die Doofen, die kann man immer bescheißen. Die arbeiten, die wissen ihre Rechte nicht und so. Und keiner hat gedacht, dass sie mehr profitieren von uns, wenn wir die Sprache beherrschen."
So spaltete sich die Gesellschaft immer mehr über die Sprache. Aber über die Nachkommen in der zweiten und dritten Generation kam eine Trendwende: Die deutsche Sprache ist für viele junge Leute mit Migrationshintergrund eine Selbstverständlichkeit geworden. Viele springen mit Leichtigkeit von einer Sprache zur anderen und einige nehmen sich mit der sogenannten "Kanak-Sprak" durchaus auch selbst auf den Arm.
Sprache ist aber nicht nur ein soziales Schmiermittel, sondern auch ein Kunstwerkzeug. Das zeigt die Künstlergruppe Robot-Lab. Von ihr wurde ein Roboter, der normalerweise in der Autoindustrie benutzt wird, aufgestellt und mit Wörtern gefüttert.
"Er ist programmiert mit hunderten von Begriffen zum Thema Sprache, zum Thema Kultur. Und er schreibt eigenmächtig Manifeste. Und die sind von einer so erstaunlichen Inhaltstiefe, dass man denkt, Sloterdijk hätte sie geschrieben, aber es ist halt nur ein Roboter, eine Maschine. Es wird jetzt gerade mal ein Blatt gezogen, mal gucken, was er uns schreibt. Man dringt ein in das Thema Geschichte mit Hilfe von Regeln, schon nicht schlecht. Die Denkweise war die Grundlage für den Roman, das kann man sicherlich auch gelten lassen. Wie Harmonie zu einem Teil Sprache bestimmt, so bestimmt Sprache auch Dummheit, Dummheit aber ist Harmonie. Da kommt man schon ins Nachdenken, das ist schon fast philosophisch."
Der multimediale Spaziergang durch die Sprachwelten ist auch immer wieder mit einem Augenzwinkern gestaltet worden. Besonders deutlich wird das, wenn es um die Rolle der Dialekte in Deutschland geht. Hierfür kann der Besucher Dialoge aus dem Film "der Pate" hören, die auch auf Berlinerisch oder Hessisch gesprochen wurden.
"Wir kennen uns jetzt schon eine halbe Ewigkeit, aber du sagst ja noch nicht mal Pate zu mir, dat musste mal hierrein kriegen."
"Ich bitte sie doch nur um Jerechtigkeit."
Besonderes Augenmerk legt die Ausstellung auch auf die Tatsache, dass sich die Sprache auch unter unterschiedlichen politischen Voraussetzungen verändert. Jürgen Reiche.
"Wir zeigen hier zum Beispiel Begriffe, die schon vor dem Aussterben bedroht sind wie Datsche oder Broiler. Aber es gibt auch Begriffe, die ganz unterschiedlich konnotiert sind. Das Wort Karriere hat eine ganz andere Bedeutung. Karriere ist positiv konnotiert. Man macht Karriere bedeutet man hat es geschafft. Im Osten ist Karriere negativ konnotiert gewesen."
Die deutsche Sprache ist die wortreichste in der Europäischen Gemeinschaft. Weltweit sprechen 120 Millionen Menschen deutsch. Viele fürchten zwar immer wieder, dass die deutsche Sprache im Medienzeitalter verarmt oder 'verdenglischt', aber dafür gibt es keine nachhaltigen Hinweise, meint Jürgen Reiche. Er beobachtet viel mehr einen lebendigen Austausch unter den Sprachen und setzt auf den Spaß beim kreativen Spiel mit der Sprache, besonders wenn junge Leute selbst zur Feder greifen.
"Es war eine wunderschöne Zeit mit dir, hier. Nun bist du fort und unsere Wege trennen sich sofort. Es ist so schade, dich nicht mehr zu sehen, denn dich zu sehen ist ein Phänomen. Du denkst an mich, doch lange nicht so oft wie ich an dich. Ich bin in Gedanken bei dir und ich hoffe du auch bei mir."
Der Mensch ist nur Mensch durch Sprache, sagte einst Wilhelm von Humboldt - und wen die historische Dimension der Sprache und des Sprachwandels besonders fesselt, der ist bei der Schwesternausstellung des Deutschen Historischen Museums in Berlin gut aufgehoben, die am 15. Januar beginnt.
"In Berlin ist ein historischer Teil, der uns viel weiter zurückführt und viel breiter, als wir das hier tun könnten. Die Entstehung der deutschen Sprache mit sehr vielen Originalen auf Sprachmonumente verweist, die es in der deutschen Sprache sehr reich auch gegeben hat. Auf Goethe, Schiller, Herder, Brüder-Grimm, Humboldt natürlich. Das wird dort sehr viel ausführlicher Thema sein."