Donnerstag, 28. März 2024

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Man weiß nicht so recht, wie man handeln soll

Es sei eine gute Idee, die Banken an der Griechenland-Hilfe zu beteiligen, meint Udo Steffens, Präsident der Frankfurt School of Finance and Management. Zwingen dürfe man sie allerdings nicht, sonst drohten neue Risikoinvestments.

Udo Steffens im Gespräch mit Tobias Armbrüster | 04.05.2010
    Tobias Armbrüster: Dass der Bundestag in dieser Woche die Milliarden-Hilfen für Griechenland beschließen wird, daran besteht mittlerweile kaum noch Zweifel. Trotzdem arbeiten Politiker der Bundesregierung angestrengt weiter. Zum einen wollen sie mit geballten Presseauftritten auch in der Bevölkerung für den umstrittenen Kredit werben und die Koalitionspolitiker wollen außerdem versuchen, irgendwie auch die Privatbanken mit ins Boot zu holen, denn die gelten als die großen Gewinner dieser Krise, sie sollen für die Gewinne aus dem Geschäft mit Griechenland-Anleihen zahlen.

    In Berlin wird heute gesprochen über die Rolle der Banken bei der Finanzierung des Kreditpakets für Griechenland und ich hoffe, dass jetzt die Leitung nach Frankfurt steht, zu Professor Udo Steffens von der Frankfurt School of Finance and Management. Schönen guten Tag, Herr Steffens.

    Udo Steffens: Guten Tag! Ich grüße Sie.

    Armbrüster: Herr Steffens, was halten Sie von der Idee einer freiwilligen Beteiligung der Banken an diesem Kreditpaket für Athen?

    Steffens: Prinzipiell ist das eine gute Idee, weil es symbolisiert, dass sich die Banken eben auch in diese Solidaritätsgemeinschaft mit hineinbegeben, weil sie natürlich auch durchaus betroffen sein könnten, wenn diese Rettung nicht funktionierte, denn wir wissen ja, dass Deutschland bis zu 35 Milliarden selbst bereitgestellt hat, also die verschiedenen Institutionen, nicht nur Banken übrigens, sondern auch Versicherungen und andere institutionelle Anleger. Wenn es also zum schlechtesten Fall käme, wie das bei anderen Staatskrisen durchaus der Fall war, zum Beispiel ein globaler Abschlag von 30 oder 40 Prozent hingenommen werden müsste, trifft das natürlich auch die deutsche Bankwirtschaft in einer ausgesprochen prekären Situation.

    Armbrüster: Müsste man die Banken möglicherweise dazu zwingen, sich zu beteiligen, wenn sie nicht von selbst mitmachen möchten?

    Steffens: Das würde ich nicht empfehlen, denn wir leben schon in einem marktwirtschaftlichen System. Wir müssen schon sehen, dass wir nicht sehenden Auges die Banken wieder in neuere Risiko-Investments hineintreiben sollten und könnten, weil natürlich dann wieder die Problematik ist, wenn diese Schulden nicht fristgerecht zurückgezahlt werden, dass dann wiederum der Staat diese Banken, die man gebeten hat, gerade in diese Anlageklassen, sprich Griechenland-Anleihen zu investieren, erneut retten müsste. Also wir befinden uns schon in einem sogenannten ausgesprochenen Zirkel, wo man nicht recht weiß, wie man handeln soll. Das sieht man auch am Handeln der politischen Klasse.

    Armbrüster: Könnte man es als Teufelskreis bezeichnen? So wie Sie es beschreiben sieht es ja so aus, als hängen wir auf Gedeih und Verderb von den Banken ab.

    Steffens: Na ja, nicht auf Gedeih und Verderb von den Banken, sondern man muss schon sehen: Es sind staatliche Schulden. Es hat hier die politische Elite, die demokratisch legitimierte Elite in Griechenland eine unverantwortliche Politik gefahren und hat einen Verschuldungsgrad hingenommen, der sich jetzt nicht mehr tragen lässt, und jetzt sieht es ja so aus, sie werden gerettet, und es wird entscheidend sein, wie die strukturellen Maßnahmen der Europäischen Union und eben auch des Internationalen Währungsfonds greifen, um Griechenland dauerhaft in dieser Währungsgemeinschaft zu halten, denn eine andere Lösung ist einfach, sie brechen heraus, müssen dann aber sicherlich zweifellos auch diese Schulden in Euro zurückbezahlen, was wiederum auch eine Überlastung Griechenlands letztlich darstellen würde.

    Armbrüster: Nun ist vor allen Dingen die gegenwärtige Politik der Europäischen Zentralbank ja durchaus umstritten. Wir hatten heute Morgen hier im Deutschlandfunk einen Vermögensverwalter im Programm, der hat dieses Geschäft einmal beschrieben. Der hat uns erklärt, dass sich die Geschäftsbanken für ein Prozent Geld bei der EZB leihen und damit Anleihen kaufen, die fünf Prozent bringen, und diese Anleihen hinterlegen sie dann bei der EZB. Es sieht also aus, als sorgt die EZB da für ein sehr simples und trotzdem glänzendes Geschäft für die deutschen Privatbanken. Ist das so korrekt?

    Steffens: Das ist so und das gilt nicht erst seit der Griechenland-Malaise, sondern es ist durchaus im Gefolge der Finanzkrise der Fall. Das gilt auch für die USA-Notenbank, da gab es sogar Geld für 0,5 Prozent. Es ist so! Es ist eine indirekte Förderung, wenn Sie so wollen, der Bankwirtschaft, sowohl in Deutschland als auch global. In der Tat kann man die dann angekauften Anleihen bei der EZB hinterlegen und dann dafür Geld leihen zu einem Prozent und das in durchaus hoch rentierliche Papiere Griechenlands hineininvestieren, die ja zwischen acht und zehn Prozent letztlich rentieren, gegeben, dass sie nicht ausfallen. Das ist eben das Risiko. Da gibt es jetzt aber weitgehende staatliche Garantien. Von daher muss man schauen: Das ist ein durchaus normales Geschäft und es ist so gewollt, dass Banken diese Anleihen kaufen und vor allen Dingen den Druck aus dem Markt nehmen, indem auch andere institutionelle Investoren jetzt ihre Anleihen nicht verkaufen. Aber zweifellos wird natürlich in die verschiedenen Richtungen jeweils "gewettet" und das ist üblicherweise ein marktwirtschaftlicher Prozess.

    Armbrüster: Aber das heißt ja, dass wir als Steuerzahler diese riesigen Bankgewinne finanzieren?

    Steffens: Das ist so, beziehungsweise nicht direkt als Steuerzahler, sondern über die Refinanzierung der Europäischen Zentralbank, über den Kapitalmarkt. Im Augenblick ist noch keine direkte Steuerzahlung mit involviert in den Prozess, zumal ja eben auch die Staaten nur garantieren und jetzt alles tun, damit Griechenland nicht ausfällt. Ob sie das aber auf Dauer wirklich schaffen in einem Zeithorizont von drei bis vier Prozent mit einer absehbaren Verschuldung von 110 bis 120 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, ist ein großes Fragezeichen, sodass dann sicherlich Diskussionen, ob man nicht eine allgemeine Abwertung der Staatsanleihen Griechenlands ins Auge fasst, dann wieder aufpoppen. Das hat man bei Argentinien, Mexiko, bei Russland und ähnlichen Ländern auch gemacht und hat das dann restrukturiert, um sie dann wieder neu auf die Straße zu setzen.

    Armbrüster: Wie soll es weitergehen mit Griechenland? Vor allen Dingen: Wie sollen Banken an den Hilfen für die Regierung in Athen beteiligt werden? Darüber haben wir gesprochen mit Udo Steffens von der Frankfurt School of Finance and Management. Schönen Dank und einen schönen Tag noch, Herr Steffens.

    Steffens: Danke, Ihnen auch. Alles Gute!