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Manager im weißen Kittel

Forschungspolitik. – Wissenschaftliche Arbeit und gute Resultate erfordern vor allem gute Köpfe und reibungslose Zusammenarbeit der Forscherteams. Doch das Know-how in der Disziplin allein genügt heute bei weitem nicht mehr, angesichts der immer größer werdenden Verwaltungs- und Administrationsaufgaben in wissenschaftlichen Einrichtungen. Der ökonomische Druck lastet schwer auf Forschern und so suchen Experten nach einer angemessenen Entlastung. Das Zentrum für Wissenschaftsmanagement aus Speyer lud heute Experten nach Bonn, um dort Konzepte vorzustellen, mit denen Forschung und Administration gemeinsam besser vorankommen, anstatt sich gegenseitig zu lähmen.

    Der Druck durch zunehmende internationale Konkurrenz lastet schwer auf deutschen Forschungsinkubatoren und anhaltende Ressourcenknappheit, schwindende staatliche Unterstützung und abwandernde Wissenschaftler tragen ebenfalls nicht zu einer Besserung bei. So müssen sich Institutsleiter mit vielen Aufgaben herumschlagen, die eigentlich nicht zu ihrem Fachgebiet gehören und überdies Zeit rauben. Quasi als Selbsthilfemaßnahme versteht sich daher das Zentrum für Wissenschaftsmanagement in Speyer, an dem sich zahlreiche deutsche Universitäten, Fachhochschulen sowie Forschungsverbünde wie die Helmholtz-Gemeinschaft oder die Deutsche Forschungsgemeinschaft inzwischen aktiv beteiligen. Nicht mit von der Partie sind dabei allerdings Institute, die von der Industrie unterhalten werden. "Die Aufgabe des Wissenschaftsmanagements ist es, eine sehr gute Infrastruktur sowie eine sehr gute Umgebung bereit zu stellen, um bestmögliche Wissenschaft zu betreiben", erklärt Professor Hanns Seidler, Vorstandsvorsitzender des Speyerer Zentrums. Diese Aufgabe obliegt vor allem dem jungen Berufszweiges des Wissenschaftsmanagers, der sich ganz der Administration verschreibt, Forschungsanträge verfasst und Personalplanung betreibt und so seinen Kollegen in den Labors den Rücken frei halten soll.

    Mancher Wissenschaftler dürfte dem Modell skeptisch gegenüber stehen, denn über Jahrhunderte gehörten auch die Selbstorganisation und die damit verbundene Freiheit zum Bild des eigenverantwortlichen Forschers. Dem halten die Gründungsmitglieder eine prinzipielle Änderung in der modernen Forschungslandschaft entgegen: So bedeuten gerade neue Bestimmungen für Leiter von Forschungseinrichtungen einen Übergang von der rechtlichen hin zu einer wirtschaftlichen Führung ihrer Einrichtungen. Ein Beispiel dafür ist etwa das neue Besoldungsrecht, das eine leistungsorientierte Vergütung der wissenschaftlichen Kräfte vorsieht, allerdings den Verantwortlichen keine Bemessungsgrundlagen liefert, wie dies tatsächlich umgesetzt werden soll. Ein anderer Fall ist der anhaltende Wandel im Haushaltsrecht der Universitäten weg von einem kameralistischem Prinzip eines am Haushaltsjahresbeginn vorgegebenen Etats hin zu so genannten Globalhaushalten für einzelne Einrichtungen, die damit selbst wirtschaften müssen. Doch viele Haushälter wissen kaum, wie viele Mittel ein bestimmtes Institut für seine Aufgaben wirklich benötigt, da diese Erfahrung schlicht fehlt. Vorreiter beim Wissenschaftsmanagement sind einmal mehr die USA. Dort existieren schon lange spezialisierte so genannte "Sciencemanager", die Forschern von administrativen Aufgaben entlasten und ihnen mehr Muße für letztlich bessere Resultate und eine höhere Effizienz verschaffen.

    Das Zentrum für Wissenschaftsmanagement versteht sich zu vorderst als Ausbildungs- und Dienstleistungszentrum. So ist derzeit ein Aufbaustudiengang in Planung, der vor allem Rechnungswesen, Personalplanung sowie Verwaltungsrecht umfassen wird und der sich direkt an bestehenden Problemen der Universitäten und Institute orientieren wird. Daneben sollen auch spezialisierte Weiterbildungsangebote für Dekane, Rektoren oder Forschungsgruppenleiter eingerichtet werden. Nicht vorgesehen sind dagegen Feuerwehrtrupps, die als Krisenberater vor Ort tätig werden sollen.

    [Quelle: Sönke Gäthke]