.......witzelte Bundeskanzler Gerhard Schröder, als er die erfolgreich sanierte Medizintechnik-Sparte des Siemens-Konzerns besuchte. Denn der Vorstandsvorsitzende der Siemens-AG, Heinrich von Pierer, hat nach Schätzungen der Unternehmensberatung Ernst & Young im Jahr 2002 über drei Millionen Euro bekommen, mehr als 10 mal so viel wie der Chef der Deutschland AG. Heinrich von Pierer war damit nur die Nummer Vier in der deutschen Gehaltsliste. Spitzenreiter war der Chef-Chauffeur des Daimler-Konzerns, Jürgen Schrempp, vor SAP-Chef Henning Kagermann und vor Josef-Ackermann, der die Deutsche Bank befehligt. Jürgen Schrempp hat inklusive Aktienoptionen wahrscheinlich fast 11 Millionen Euro gescheffelt. Viel Geld für wenig Leistung. Denn der Aktienkurs ist um 40 Prozent gefallen. Doch dafür wollte Jürgen Schrempp auf der Hauptversammlung keine Verantwortung übernehmen:
Ich meine, dass angesichts der negativen Entwicklung an den Kapitalmärkten das wirkliche Potential von DaimlerChrysler nicht zum Ausdruck kommt. Wir sind jedoch zuversichtlich, dass unser Aktienkurs die fundamentale Stärke und die Zukunftsaussichten Ihres Unternehmens mittelfristig besser reflektieren wird.
Um sich dem Problem berechenbarer zu nähern, hat das Manager-Magazin im Juli einen Maßstab erfunden, auf neudeutsch "Total Shareholder-Return". Dieser Maßstab ist bei Daimler um 47 Prozent gefallen. Ein entsprechender Gehaltsverzicht wäre eigentlich angebracht gewesen. Aber das Gegenteil ist passiert: Die Bezüge des Gesamtvorstands sind um 130 Prozent hochgeschnellt. Der mittlerweile frühpensionierte Henning Schulte-Noelle erfreute die Allianz-Aktionäre mit Hiobsbotschaften der folgenden Art:
1,7 Milliarden Abschreibungen auf Wertpapieranlagen allein in diesem dritten Quartal, und dann der Verlustbeitrag aus unseren Bankaktivitäten, das ist natürlich die Dresdner Bank, rund 1 Milliarde Euro.
Henning Schulte-Noelle hat den Münchner Allfinanzriesen Allianz im Jahr 2002 tief in die Verlustzone gemanagt. Unter anderem, weil er zuvor entschieden hatte, die marode Dresdner Bank zu übernehmen. Der Aktienkurs der Allianz ist um 65 Prozent abgestürzt. Schulte-Noelles Einkommen ist trotzdem nur geringfügig zurückgegangen auf 2,4 Millionen Euro.
Schwer nachvollziehbar ist auch, warum Ulrich Schumacher, der beim Chiphersteller Infineon den Takt angibt, 1,5 Millionen Euro bekommen hat. Das Unternehmen hat einen hohen Verlust eingefahren, der Aktienkurs ist 70 Prozent in den Keller gerauscht. Doch Schumachers Gehalt ist gleich geblieben. Kai-Uwe Ricke, der Ron Sommer an der Spitze der Deutschen Telekom beerbt hat, musste sich dagegen mit einem deutlichen Gehaltsabschlag abfinden, weil er den Aktionären einen Rekordverlust von 24 Milliarden Euro schmackhaft machen musste:
Wir sind uns der Dimension dieser Zahl bewusst. Das Ergebnis spiegelt die ernste Lage wieder, in der sich das Unternehmen im vergangenen Jahr befand. Da gibt es nichts, gar nichts zu beschönigen.
Adäquat bestraft für miserable Leistungen wurden unter den DAX-Vorständen aber nur MLP-Chef Bernhard Termühlen und Albrecht Schmidt, der frühere Chef der Hypovereinsbank. Sie ist tief in die roten Zahlen gerutscht. Der Aktienkurs wurde halbiert, das Einkommen von Schmidt ebenso. Aber er leidet immer noch auf hohem Niveau, mit 1,5 Millionen Euro hat er sieben mal so viel bekommen wie der Kanzler. Unterm Strich zeigt die Untersuchung des Manager-Magazins, dass ausgerechnet die Großverdiener Jürgen Schrempp, Josef Ackermann und Henning Schulte-Noelle ihr Geld am wenigsten wert waren. Leistung und Lohn klafften bei ihnen himmelweit auseinander. Leider sind all diese Berechnungen nicht hundertprozentig genau. Denn viele Konzerne weisen nur die fixen und variablen Bezüge des Gesamtvorstands aus, viele informieren nur schwammig über den Wert der Aktienoptionen, die zusätzlich an die Vorstände ausgegeben wurden. Bei der Deutschen Telekom weht immerhin ein erfreulich frischer Wind, seit Kai-Uwe Ricke Ron Sommer als T-Chef abgelöst hat.
Beim Thema Vorstandsgehälter bin ich entschlossen, größt mögliche Transparenz zu schaffen. Dies war auch für mich persönlich der Grund, weshalb ich mein Gehalt kürzlich veröffentlicht habe.
Im Bereich der großen deutschen Aktiengesellschaften sind die Aktionäre aber immer noch schlecht informiert. Denn der sogenannte "Corporate Governance Kodex", den eine Kommission unter dem früheren Thyssen-Chef Cromme ausgetüftelt hat, dieser Kodex hat die Unternehmen nicht gezwungen, umfassend über die Vorstandsbezüge zu berichten. Michael Kramarsch von der Unternehmensberatung Towers & Perrin:
Zunächst muss man feststellen, dass der Kodex zwischen zwei unterschiedlichen Bestimmungen unterschieden hat. Da ist zum einen die Pflicht und zum anderen die Kür. Was die Vorstandvergütungen betrifft, ist die Pflicht für die DAX-Unternehmen, dass die Summe der Vorstandsvergütungen zumindest getrennt nach den Komponenten Festvergütung, Tantiemen und Aktienoptionen ausgewiesen wird, und daran halten sich alle. Die Kür, und damit in die Freiwilligkeit gestellt war, dass die Unternehmen individuell Vorstandsmitglied für Vorstandsmitglied diese Vergütungskomponenten veröffentlichen, und da halten sich immerhin acht Unternehmen der DAX-30-Unternehmen an diese Kür.
Altana, Bayer, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Lufthansa, SAP, Schering und Thyssen Krupp haben im Geschäftsbericht aufgeschlüsselt, wie viel Geld welcher Manager bekommen hat, dazu noch die Zahl der gewährten Aktienoptionen. Michael Kramarsch bewertet diese Quote so:
Wenn man das in den internationalen Vergleich stellt, dann gibt es etliche Länder, zum Beispiel Großbritannien oder USA, wo es zu dem Thema Transparenz in der Vorstandsvergütung schon deutlich weiter geht als bei uns in Deutschland.
Denn dort müssen die Unternehmen auch den Wert der Aktienoptionen angeben. Diese Optionen sollen ein Anreiz sein, den Aktienkurs zu steigern. Wenn der Kurs bestimmte Schwellenwerte erreicht, können die Manager dicke Aktienpakete billig abrufen. Klettert der Börsenkurs weiter, können sie gewaltige Kursgewinne einstreichen. Der Wert der Aktienoptionen ist zwar nicht exakt bezifferbar, aber die Wirtschaftsnobelpreisträger Black und Scholes haben eine Formel entwickelt, um den geldwerten Vorteil fair abzuschätzen. Diese Information hat der Kodex bislang nicht verlangt, in diesem Punkt wurden die Anleger auch meist dumm gehalten. Es gibt aber Ausnahmen: Die Allianz AG hat im Geschäftsbericht offenbart, welche Einnahmen aus Optionen ihren Managern trotz schlechter Leistungen winken:
Im Rahmen des langfristigen Incentive Plans 2002 wurden im Geschäftsjahr an die Vorstandsmitglieder insgesamt 47200 Stock Appreciation Rights ausgegeben. Zum Zeitpunkt der Ausgabe betrug der Wert dieser Rechte auf der Basis gängiger Optionspreismethoden 5,2 Millionen Euro.
Bei Aktienoptionen geht es also nicht um Peanuts. Wie viele dieser fünf Millionen Euro auf den Vorstandsvorsitzenden entfallen, hält aber auch die Allianz geheim.
Der Kodex hat also bislang nur die halbe Wahrheit zu Tage gefördert. Die deutschen Aktionäre mussten ein weiteres Jahr im Tal der Ahnungslosen verbringen. Immerhin ist Besserung in Sicht. Denn nachdem die Bundesregierung im Frühjahr mit Gesetzen gedroht hatte, haben die Manager um Gerhard Cromme ihren Kodex strenger gefasst. Wenn die Unternehmen nun den Vorgaben folgen, kommen im nächsten Jahr tatsächlich alle Vergütungskomponenten in Euro auf den Tisch, vor allem die undurchsichtigen und gefährlichen Optionsprogramme.
In den USA haben diese Programme oft dazu geführt, dass die Vorstände die Unternehmen ausgeplündert haben. In Ansätzen waren solche Entwicklungen auch in Deutschland zu beobachten, bei der Deutschen Telekom beispielsweise:
Michael Adams: Einmal ausgegebene Aktienoptionen verfallen nicht, Ron Sommer hat Aktienoptionen erhalten, und wenn es jetzt seinem Nachfolger Ricke in den nächsten 10 Jahren gelingt, das Unternehmen stark nach oben zu bringen, ist der Glücklichste von allen Ron Sommer, das kann mehrstellige Millionenbeträge für ihn bedeuten.
Michael Adams ist Professor für Recht der Wirtschaft an der Universität Hamburg. Er fürchtet um die Altersversorgung vieler Bürger, die ja zu einem großen Teil auf Aktienvermögen basiert. Falsch konstruierte Aktienoptionsprogramme für die Manager können selbst große Unternehmen schwer schädigen:
Die Aktienoptionspläne sind wichtig in neugegründeten Unternehmen, die sonst kein Eigenkapital bekommen, die können nicht in bar oder cash bezahlen. Dafür sind Aktienoptionen hervorragend. Aber bei Daimler Chrysler, die haben genug Cash, die könnten sofort bezahlen, dort braucht es keine Aktienoptionen dieser Struktur, und man muss beachten, dass diese Aktienoptionspläne enorm schwer zu berechnen sind, je nachdem wie man sie gestaltet, an einer ganz unauffälligen Stelle, das Zehnfache teilweise auswerfen auch wenn sie wie vorher nur Aktienoptionsprogramme heißen.
So hat Michael Adams in einer Fallstudie einmal nachgerechnet, was passiert, wenn der Aktienkurs von Daimler beispielsweise nach dem Start des Optionsprogramms zunächst von 100 auf 40 Euro fällt, um nach einigen Jahren wieder auf 100 Euro zu steigen. Ergebnis: Die Aktionäre haben im Kurs nichts gewonnen, aber der Vorstandsvorsitzende hat 66 Millionen Euro eingestrichen! Die Fondsgesellschaft Union Investment hat bei den aktuellen Optionsprogrammen überprüft, was die Topmanager leisten müssen, bevor sie profitieren. Weil Aktien eine riskante Geldanlage sind, sollten die Manager ihren Aktionären mindestens sieben Prozent Wertzuwachs pro Jahr bescheren, bevor sie überhaupt Optionen ausüben können, so Rolf Drees:
Drunter sollte kein Aktienoptionsprogramm zünden, und genau das ist das Problem: Bei den meisten Unternehmen sind die Hürden wesentlich niedriger gesetzt, das heißt wenn die Aktie eine Sparbuchrendite erwirtschaftet, dann füllen sich schon die Taschen der Manager, das ist nicht okay, und das ist vor allem extrem teuer. Beispielsweise Infineon: Herr Schuhmacher, der Chef, gibt sich im Rennanzug sehr sportlich, aber die Hürde des Aktienoptionsprogramms ist alles andere als sportlich: bei 0,7 Prozent ist hier die Latte gelegt: Soviel Geld kriegt man schon auf dem laufenden Konto. Und wenn diese Hürde übersprungen wird, ist es schon höchst lukrativ, nicht nur für Herrn Schuhmacher, sondern für große Teile des Managements.
Daimler, Siemens, Linde, Volkswagen und MLP haben sogar noch schlechtere Optionsprogramme aufgelegt als Infineon. Die meisten DAX-Manager versuchen also nach wie vor, ihre Unternehmen auszuplündern. Professor Michael Adams ist der Meinung, dass in Großunternehmen diese Aktienoptionen wenig sinnvoll sind:
Wenn wir in die USA schauen, waren sie der Kern dessen, wie sich die Vorstände dort in astronomischer Form bereichert haben. Sie waren auch der Kern dessen, dass es Anreize gab, die Bilanzen zu fälschen, Umsätze einfach zu erfinden. Es ging darum, die Aktienkurse nach oben zutreiben oder wenigstens noch eine Zeit lang oben zu halten bevor herauskam, wie es wirklich um das Unternehmen steht, und damit waren diese Aktienoptionsprogramme der Kern der ganzen Skandale und der Großkonkurse.
Viele Unternehmensberater empfehlen Aktienoptionen nach wie vor als sinnvollen Leistungsanreiz für Manager. Doch das ist falsch. So ist der Autohersteller BMW auch ohne Aktienoptionsprogramm gut vorangekommen. Dort kontrolliert freilich ein starker Großaktionär den Vorstand: Die Familie Quandt lässt Vergütungsexzesse nicht zu. Trotzdem gelingt es den Eigentümern von BMW immer wieder, gute Manager einzustellen. Das zeigt, dass Topmanager keineswegs einzigartige Superstars sind, die nur mit astronomischen Einkommen anzulocken wären:
Im Gegenteil, wir haben viel mehr gut ausgebildete, exzellent ausgebildete Menschen die überall studiert haben, die Sprachen können, also mit anderen Worten: Das Angebot an guten Managern hat sich stark vergrößert, und das kann nicht dazu führen, dass gleichzeitig die Preise so stark nach oben gehen, der Kern ist ganz einfach: das Vergabeverfahren für diese Honorare ist fehlerhaft.
Über die Vorstandsvergütungen entscheidet in deutschen Aktiengesellschaften der Aufsichtsrat. Dort sind in der Regel zwei große Gruppen vertreten: Aktionäre und Arbeitnehmer. Die Aktionäre haben aber letzten Endes das Sagen. Deswegen ist es auf den ersten Blick erstaunlich, dass viele Vorstände so kostspielige Vergütungskonstruktionen durchgesetzt haben. In der Praxis entscheidet aber meist ein kleiner Ausschuss über die Vorstandsbezüge. Professor Michael Adams:
Dort fallen die wirklichen Entscheidungen und für den Vorstand und seine Bezahlung fällt die Entscheidung im Präsidialausschuss oder im Ausschuss für Vorstandsangelegenheiten, das ist dann eine Vierergruppe, die kann dann, wie wir im Fall Mannesmann - Esser - Vodafone gesehen haben, bis zu Hunderte von Millionen in wenig überlegter Weise verteilen, und das sind Mauschelgremien geworden.
In diesen "Mauschelgremien” sitzen als vermeintliche Interessenvertreter der Aktionäre häufig Topmanager aus anderen DAX-Unternehmen, und als Vertreter der Arbeitnehmer oft hochrangige Gewerkschaftsfunktionäre. Die Topmanager im Aufsichtsrat verfolgen bei den Vorstandsvergütungen verständlicherweise die Strategie "Gibst du mir, so gebe ich dir". Rolf Drees von Union Investment:
Es ist so wie früher in der Schule, wenn man irgendwo anstand, da heißt es doch dann: Lässt du mich vor, lass ich dich vor. Und zahlreiche Vorstände sitzen eben über Kreuz in den Aufsichtsräten: In Unternehmen A sitzt der Vorstandsvorsitzende von Unternehmen B im Aufsichtsrat und umgekehrt. Ganz wichtig ist vor allem, dass nicht automatisch der ehemalige Vorstandsvorsitzende zum Aufsichtsratsvorsitzenden wird, denn dann ist eine Kontrolle sehr unrealistisch.
Auch das ist aber Usus in der Deutschland AG: So haben erst jüngst wieder bei der Allianz und bei der Hypovereinsbank die früheren Vorstandsvorsitzenden den Chefsessel im Aufsichtsrat übernommen, Henning Schulte-Noelle und Albrecht Schmidt. Obwohl sie ihre Unternehmen zuvor tief in die roten Zahlen gemanagt haben.
Die Gewerkschaftsvertreter schauen bei all diesen Mauscheleien meist weg, weil die Vorstände sich dafür bei anderen Gelegenheiten großzügig geben, etwa bei den Tarifverhandlungen. Die Interessen der Aktionäre bleiben dabei auf der Strecke, das Unternehmen verkommt zum Selbstbedienungsladen. Die Gewerkschaften wollen den Managern nach den vielen Skandalen künftig aber schärfer auf die Finger schauen. Dietmar Hexel aus dem Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB:
Bisher sind diese Fragen in Ausschüssen behandelt worden, und nicht in den Aufsichtsräten, das werden wir jetzt auch auf unseren Druck hin ändern, wir werden zukünftig in den Aufsichtsräten auch die Vorstandsvergütungen anschauen, denn sie müssen sozial vertretbar sein und angemessen am Unternehmenserfolg sich ausrichten. Zweitens muss ausgewiesen werden, was der Manager an zusätzlichen Vergütungen kriegt. Da gibt es ja in der freien Wildbahn alles, von der Gärtnerin über das teure Dienstauto bis hin zu Aktienoptionen. Wir haben zum Beispiel eine sehr kritische Haltung, was Aktienoptionen angeht. Weil wir glauben, dass die Vorstände dem Unternehmen verpflichtet sind und erst mal auf die langfristige Sache gucken sollen und nicht auf Aktien oder Aktienoptionen.
Damit die Gewerkschafter in den Aufsichtsräten wissen, wie sie sich verhalten sollen, bekommen sie nun "Grundsätze zur Vergütungshöhe" an die Hand. Eine konkrete Obergrenze für die Vorstandsvergütung ist darin aber nicht enthalten.
Die Bundesregierung hat das Problem immerhin erkannt. Bundeskanzler Schröder hat ja in seiner sogenannten "Ruckrede" im Bundestag auch den Bossen Schuld an der gegenwärtigen wirtschaftlichen Misere zugeschoben:
Diese Misserfolge sind auch krasse kaufmännische und strategische Fehler im Management, die dann oft genug noch mit millionenschweren Abfindungen vergütet werden. Mein Eindruck ist, dass Sie das gerne unter den Teppich kehren würden, aber Nein, so wichtig es ist, Flexibilität auf der einen Seite abzufordern, so wichtig ist es auch, deutlich zu machen, dass sich auch in der bundesdeutschen Unternehmenskultur etwas bewegen und verändern muss, meine Damen und Herren.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat im Februar auch Vorschläge gemacht, um die Macht der Manager zu beschränken. So hat Sie unter anderem umfassende Informationspflichten über Vergütungen und Aktienoptionen angemahnt. Die Justizministerin will das auch nicht per Gesetz erzwingen. Sie will nur die Haftungsspielregeln für Vorstände und Aufsichtsräte verschärfen und die Schwelle für Klagen senken:
Klagen von Kleinaktionären werden erheblich erleichtert, gleichzeitig schaffen wir durch ein Klagezulassungsverfahren einen gewissen Filter, das Gericht soll zunächst prüfen, ob die Klage aussichtsreich ist, denn natürlich wollen wir auch unrechtmäßige Haftungsklagen aussortieren.
Doch das wird wohl erst 2005 Gesetz. Die Topmanager haben also mit ihrer Salamitaktik erneut "wertvolle" Zeit gewonnen. Sie können ihre Millionengehälter weiter mit üppigen Aktienoptionen aufbessern, während sie ihren Untertanen Lohnzurückhaltung predigen, wie das Siemens-Chef Heinrich von Pierer zum Beispiel getan hat:
Die Einführung dieses einheitlichen Entgeltrahmens muss kostenneutral erfolgen. Und diese Thematik stellt sich zusätzlich zu den 6,5 Prozent Lohnforderung, und diese Größenordnungen sind jenseits von Gut und Böse.
Ich meine, dass angesichts der negativen Entwicklung an den Kapitalmärkten das wirkliche Potential von DaimlerChrysler nicht zum Ausdruck kommt. Wir sind jedoch zuversichtlich, dass unser Aktienkurs die fundamentale Stärke und die Zukunftsaussichten Ihres Unternehmens mittelfristig besser reflektieren wird.
Um sich dem Problem berechenbarer zu nähern, hat das Manager-Magazin im Juli einen Maßstab erfunden, auf neudeutsch "Total Shareholder-Return". Dieser Maßstab ist bei Daimler um 47 Prozent gefallen. Ein entsprechender Gehaltsverzicht wäre eigentlich angebracht gewesen. Aber das Gegenteil ist passiert: Die Bezüge des Gesamtvorstands sind um 130 Prozent hochgeschnellt. Der mittlerweile frühpensionierte Henning Schulte-Noelle erfreute die Allianz-Aktionäre mit Hiobsbotschaften der folgenden Art:
1,7 Milliarden Abschreibungen auf Wertpapieranlagen allein in diesem dritten Quartal, und dann der Verlustbeitrag aus unseren Bankaktivitäten, das ist natürlich die Dresdner Bank, rund 1 Milliarde Euro.
Henning Schulte-Noelle hat den Münchner Allfinanzriesen Allianz im Jahr 2002 tief in die Verlustzone gemanagt. Unter anderem, weil er zuvor entschieden hatte, die marode Dresdner Bank zu übernehmen. Der Aktienkurs der Allianz ist um 65 Prozent abgestürzt. Schulte-Noelles Einkommen ist trotzdem nur geringfügig zurückgegangen auf 2,4 Millionen Euro.
Schwer nachvollziehbar ist auch, warum Ulrich Schumacher, der beim Chiphersteller Infineon den Takt angibt, 1,5 Millionen Euro bekommen hat. Das Unternehmen hat einen hohen Verlust eingefahren, der Aktienkurs ist 70 Prozent in den Keller gerauscht. Doch Schumachers Gehalt ist gleich geblieben. Kai-Uwe Ricke, der Ron Sommer an der Spitze der Deutschen Telekom beerbt hat, musste sich dagegen mit einem deutlichen Gehaltsabschlag abfinden, weil er den Aktionären einen Rekordverlust von 24 Milliarden Euro schmackhaft machen musste:
Wir sind uns der Dimension dieser Zahl bewusst. Das Ergebnis spiegelt die ernste Lage wieder, in der sich das Unternehmen im vergangenen Jahr befand. Da gibt es nichts, gar nichts zu beschönigen.
Adäquat bestraft für miserable Leistungen wurden unter den DAX-Vorständen aber nur MLP-Chef Bernhard Termühlen und Albrecht Schmidt, der frühere Chef der Hypovereinsbank. Sie ist tief in die roten Zahlen gerutscht. Der Aktienkurs wurde halbiert, das Einkommen von Schmidt ebenso. Aber er leidet immer noch auf hohem Niveau, mit 1,5 Millionen Euro hat er sieben mal so viel bekommen wie der Kanzler. Unterm Strich zeigt die Untersuchung des Manager-Magazins, dass ausgerechnet die Großverdiener Jürgen Schrempp, Josef Ackermann und Henning Schulte-Noelle ihr Geld am wenigsten wert waren. Leistung und Lohn klafften bei ihnen himmelweit auseinander. Leider sind all diese Berechnungen nicht hundertprozentig genau. Denn viele Konzerne weisen nur die fixen und variablen Bezüge des Gesamtvorstands aus, viele informieren nur schwammig über den Wert der Aktienoptionen, die zusätzlich an die Vorstände ausgegeben wurden. Bei der Deutschen Telekom weht immerhin ein erfreulich frischer Wind, seit Kai-Uwe Ricke Ron Sommer als T-Chef abgelöst hat.
Beim Thema Vorstandsgehälter bin ich entschlossen, größt mögliche Transparenz zu schaffen. Dies war auch für mich persönlich der Grund, weshalb ich mein Gehalt kürzlich veröffentlicht habe.
Im Bereich der großen deutschen Aktiengesellschaften sind die Aktionäre aber immer noch schlecht informiert. Denn der sogenannte "Corporate Governance Kodex", den eine Kommission unter dem früheren Thyssen-Chef Cromme ausgetüftelt hat, dieser Kodex hat die Unternehmen nicht gezwungen, umfassend über die Vorstandsbezüge zu berichten. Michael Kramarsch von der Unternehmensberatung Towers & Perrin:
Zunächst muss man feststellen, dass der Kodex zwischen zwei unterschiedlichen Bestimmungen unterschieden hat. Da ist zum einen die Pflicht und zum anderen die Kür. Was die Vorstandvergütungen betrifft, ist die Pflicht für die DAX-Unternehmen, dass die Summe der Vorstandsvergütungen zumindest getrennt nach den Komponenten Festvergütung, Tantiemen und Aktienoptionen ausgewiesen wird, und daran halten sich alle. Die Kür, und damit in die Freiwilligkeit gestellt war, dass die Unternehmen individuell Vorstandsmitglied für Vorstandsmitglied diese Vergütungskomponenten veröffentlichen, und da halten sich immerhin acht Unternehmen der DAX-30-Unternehmen an diese Kür.
Altana, Bayer, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Lufthansa, SAP, Schering und Thyssen Krupp haben im Geschäftsbericht aufgeschlüsselt, wie viel Geld welcher Manager bekommen hat, dazu noch die Zahl der gewährten Aktienoptionen. Michael Kramarsch bewertet diese Quote so:
Wenn man das in den internationalen Vergleich stellt, dann gibt es etliche Länder, zum Beispiel Großbritannien oder USA, wo es zu dem Thema Transparenz in der Vorstandsvergütung schon deutlich weiter geht als bei uns in Deutschland.
Denn dort müssen die Unternehmen auch den Wert der Aktienoptionen angeben. Diese Optionen sollen ein Anreiz sein, den Aktienkurs zu steigern. Wenn der Kurs bestimmte Schwellenwerte erreicht, können die Manager dicke Aktienpakete billig abrufen. Klettert der Börsenkurs weiter, können sie gewaltige Kursgewinne einstreichen. Der Wert der Aktienoptionen ist zwar nicht exakt bezifferbar, aber die Wirtschaftsnobelpreisträger Black und Scholes haben eine Formel entwickelt, um den geldwerten Vorteil fair abzuschätzen. Diese Information hat der Kodex bislang nicht verlangt, in diesem Punkt wurden die Anleger auch meist dumm gehalten. Es gibt aber Ausnahmen: Die Allianz AG hat im Geschäftsbericht offenbart, welche Einnahmen aus Optionen ihren Managern trotz schlechter Leistungen winken:
Im Rahmen des langfristigen Incentive Plans 2002 wurden im Geschäftsjahr an die Vorstandsmitglieder insgesamt 47200 Stock Appreciation Rights ausgegeben. Zum Zeitpunkt der Ausgabe betrug der Wert dieser Rechte auf der Basis gängiger Optionspreismethoden 5,2 Millionen Euro.
Bei Aktienoptionen geht es also nicht um Peanuts. Wie viele dieser fünf Millionen Euro auf den Vorstandsvorsitzenden entfallen, hält aber auch die Allianz geheim.
Der Kodex hat also bislang nur die halbe Wahrheit zu Tage gefördert. Die deutschen Aktionäre mussten ein weiteres Jahr im Tal der Ahnungslosen verbringen. Immerhin ist Besserung in Sicht. Denn nachdem die Bundesregierung im Frühjahr mit Gesetzen gedroht hatte, haben die Manager um Gerhard Cromme ihren Kodex strenger gefasst. Wenn die Unternehmen nun den Vorgaben folgen, kommen im nächsten Jahr tatsächlich alle Vergütungskomponenten in Euro auf den Tisch, vor allem die undurchsichtigen und gefährlichen Optionsprogramme.
In den USA haben diese Programme oft dazu geführt, dass die Vorstände die Unternehmen ausgeplündert haben. In Ansätzen waren solche Entwicklungen auch in Deutschland zu beobachten, bei der Deutschen Telekom beispielsweise:
Michael Adams: Einmal ausgegebene Aktienoptionen verfallen nicht, Ron Sommer hat Aktienoptionen erhalten, und wenn es jetzt seinem Nachfolger Ricke in den nächsten 10 Jahren gelingt, das Unternehmen stark nach oben zu bringen, ist der Glücklichste von allen Ron Sommer, das kann mehrstellige Millionenbeträge für ihn bedeuten.
Michael Adams ist Professor für Recht der Wirtschaft an der Universität Hamburg. Er fürchtet um die Altersversorgung vieler Bürger, die ja zu einem großen Teil auf Aktienvermögen basiert. Falsch konstruierte Aktienoptionsprogramme für die Manager können selbst große Unternehmen schwer schädigen:
Die Aktienoptionspläne sind wichtig in neugegründeten Unternehmen, die sonst kein Eigenkapital bekommen, die können nicht in bar oder cash bezahlen. Dafür sind Aktienoptionen hervorragend. Aber bei Daimler Chrysler, die haben genug Cash, die könnten sofort bezahlen, dort braucht es keine Aktienoptionen dieser Struktur, und man muss beachten, dass diese Aktienoptionspläne enorm schwer zu berechnen sind, je nachdem wie man sie gestaltet, an einer ganz unauffälligen Stelle, das Zehnfache teilweise auswerfen auch wenn sie wie vorher nur Aktienoptionsprogramme heißen.
So hat Michael Adams in einer Fallstudie einmal nachgerechnet, was passiert, wenn der Aktienkurs von Daimler beispielsweise nach dem Start des Optionsprogramms zunächst von 100 auf 40 Euro fällt, um nach einigen Jahren wieder auf 100 Euro zu steigen. Ergebnis: Die Aktionäre haben im Kurs nichts gewonnen, aber der Vorstandsvorsitzende hat 66 Millionen Euro eingestrichen! Die Fondsgesellschaft Union Investment hat bei den aktuellen Optionsprogrammen überprüft, was die Topmanager leisten müssen, bevor sie profitieren. Weil Aktien eine riskante Geldanlage sind, sollten die Manager ihren Aktionären mindestens sieben Prozent Wertzuwachs pro Jahr bescheren, bevor sie überhaupt Optionen ausüben können, so Rolf Drees:
Drunter sollte kein Aktienoptionsprogramm zünden, und genau das ist das Problem: Bei den meisten Unternehmen sind die Hürden wesentlich niedriger gesetzt, das heißt wenn die Aktie eine Sparbuchrendite erwirtschaftet, dann füllen sich schon die Taschen der Manager, das ist nicht okay, und das ist vor allem extrem teuer. Beispielsweise Infineon: Herr Schuhmacher, der Chef, gibt sich im Rennanzug sehr sportlich, aber die Hürde des Aktienoptionsprogramms ist alles andere als sportlich: bei 0,7 Prozent ist hier die Latte gelegt: Soviel Geld kriegt man schon auf dem laufenden Konto. Und wenn diese Hürde übersprungen wird, ist es schon höchst lukrativ, nicht nur für Herrn Schuhmacher, sondern für große Teile des Managements.
Daimler, Siemens, Linde, Volkswagen und MLP haben sogar noch schlechtere Optionsprogramme aufgelegt als Infineon. Die meisten DAX-Manager versuchen also nach wie vor, ihre Unternehmen auszuplündern. Professor Michael Adams ist der Meinung, dass in Großunternehmen diese Aktienoptionen wenig sinnvoll sind:
Wenn wir in die USA schauen, waren sie der Kern dessen, wie sich die Vorstände dort in astronomischer Form bereichert haben. Sie waren auch der Kern dessen, dass es Anreize gab, die Bilanzen zu fälschen, Umsätze einfach zu erfinden. Es ging darum, die Aktienkurse nach oben zutreiben oder wenigstens noch eine Zeit lang oben zu halten bevor herauskam, wie es wirklich um das Unternehmen steht, und damit waren diese Aktienoptionsprogramme der Kern der ganzen Skandale und der Großkonkurse.
Viele Unternehmensberater empfehlen Aktienoptionen nach wie vor als sinnvollen Leistungsanreiz für Manager. Doch das ist falsch. So ist der Autohersteller BMW auch ohne Aktienoptionsprogramm gut vorangekommen. Dort kontrolliert freilich ein starker Großaktionär den Vorstand: Die Familie Quandt lässt Vergütungsexzesse nicht zu. Trotzdem gelingt es den Eigentümern von BMW immer wieder, gute Manager einzustellen. Das zeigt, dass Topmanager keineswegs einzigartige Superstars sind, die nur mit astronomischen Einkommen anzulocken wären:
Im Gegenteil, wir haben viel mehr gut ausgebildete, exzellent ausgebildete Menschen die überall studiert haben, die Sprachen können, also mit anderen Worten: Das Angebot an guten Managern hat sich stark vergrößert, und das kann nicht dazu führen, dass gleichzeitig die Preise so stark nach oben gehen, der Kern ist ganz einfach: das Vergabeverfahren für diese Honorare ist fehlerhaft.
Über die Vorstandsvergütungen entscheidet in deutschen Aktiengesellschaften der Aufsichtsrat. Dort sind in der Regel zwei große Gruppen vertreten: Aktionäre und Arbeitnehmer. Die Aktionäre haben aber letzten Endes das Sagen. Deswegen ist es auf den ersten Blick erstaunlich, dass viele Vorstände so kostspielige Vergütungskonstruktionen durchgesetzt haben. In der Praxis entscheidet aber meist ein kleiner Ausschuss über die Vorstandsbezüge. Professor Michael Adams:
Dort fallen die wirklichen Entscheidungen und für den Vorstand und seine Bezahlung fällt die Entscheidung im Präsidialausschuss oder im Ausschuss für Vorstandsangelegenheiten, das ist dann eine Vierergruppe, die kann dann, wie wir im Fall Mannesmann - Esser - Vodafone gesehen haben, bis zu Hunderte von Millionen in wenig überlegter Weise verteilen, und das sind Mauschelgremien geworden.
In diesen "Mauschelgremien” sitzen als vermeintliche Interessenvertreter der Aktionäre häufig Topmanager aus anderen DAX-Unternehmen, und als Vertreter der Arbeitnehmer oft hochrangige Gewerkschaftsfunktionäre. Die Topmanager im Aufsichtsrat verfolgen bei den Vorstandsvergütungen verständlicherweise die Strategie "Gibst du mir, so gebe ich dir". Rolf Drees von Union Investment:
Es ist so wie früher in der Schule, wenn man irgendwo anstand, da heißt es doch dann: Lässt du mich vor, lass ich dich vor. Und zahlreiche Vorstände sitzen eben über Kreuz in den Aufsichtsräten: In Unternehmen A sitzt der Vorstandsvorsitzende von Unternehmen B im Aufsichtsrat und umgekehrt. Ganz wichtig ist vor allem, dass nicht automatisch der ehemalige Vorstandsvorsitzende zum Aufsichtsratsvorsitzenden wird, denn dann ist eine Kontrolle sehr unrealistisch.
Auch das ist aber Usus in der Deutschland AG: So haben erst jüngst wieder bei der Allianz und bei der Hypovereinsbank die früheren Vorstandsvorsitzenden den Chefsessel im Aufsichtsrat übernommen, Henning Schulte-Noelle und Albrecht Schmidt. Obwohl sie ihre Unternehmen zuvor tief in die roten Zahlen gemanagt haben.
Die Gewerkschaftsvertreter schauen bei all diesen Mauscheleien meist weg, weil die Vorstände sich dafür bei anderen Gelegenheiten großzügig geben, etwa bei den Tarifverhandlungen. Die Interessen der Aktionäre bleiben dabei auf der Strecke, das Unternehmen verkommt zum Selbstbedienungsladen. Die Gewerkschaften wollen den Managern nach den vielen Skandalen künftig aber schärfer auf die Finger schauen. Dietmar Hexel aus dem Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB:
Bisher sind diese Fragen in Ausschüssen behandelt worden, und nicht in den Aufsichtsräten, das werden wir jetzt auch auf unseren Druck hin ändern, wir werden zukünftig in den Aufsichtsräten auch die Vorstandsvergütungen anschauen, denn sie müssen sozial vertretbar sein und angemessen am Unternehmenserfolg sich ausrichten. Zweitens muss ausgewiesen werden, was der Manager an zusätzlichen Vergütungen kriegt. Da gibt es ja in der freien Wildbahn alles, von der Gärtnerin über das teure Dienstauto bis hin zu Aktienoptionen. Wir haben zum Beispiel eine sehr kritische Haltung, was Aktienoptionen angeht. Weil wir glauben, dass die Vorstände dem Unternehmen verpflichtet sind und erst mal auf die langfristige Sache gucken sollen und nicht auf Aktien oder Aktienoptionen.
Damit die Gewerkschafter in den Aufsichtsräten wissen, wie sie sich verhalten sollen, bekommen sie nun "Grundsätze zur Vergütungshöhe" an die Hand. Eine konkrete Obergrenze für die Vorstandsvergütung ist darin aber nicht enthalten.
Die Bundesregierung hat das Problem immerhin erkannt. Bundeskanzler Schröder hat ja in seiner sogenannten "Ruckrede" im Bundestag auch den Bossen Schuld an der gegenwärtigen wirtschaftlichen Misere zugeschoben:
Diese Misserfolge sind auch krasse kaufmännische und strategische Fehler im Management, die dann oft genug noch mit millionenschweren Abfindungen vergütet werden. Mein Eindruck ist, dass Sie das gerne unter den Teppich kehren würden, aber Nein, so wichtig es ist, Flexibilität auf der einen Seite abzufordern, so wichtig ist es auch, deutlich zu machen, dass sich auch in der bundesdeutschen Unternehmenskultur etwas bewegen und verändern muss, meine Damen und Herren.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat im Februar auch Vorschläge gemacht, um die Macht der Manager zu beschränken. So hat Sie unter anderem umfassende Informationspflichten über Vergütungen und Aktienoptionen angemahnt. Die Justizministerin will das auch nicht per Gesetz erzwingen. Sie will nur die Haftungsspielregeln für Vorstände und Aufsichtsräte verschärfen und die Schwelle für Klagen senken:
Klagen von Kleinaktionären werden erheblich erleichtert, gleichzeitig schaffen wir durch ein Klagezulassungsverfahren einen gewissen Filter, das Gericht soll zunächst prüfen, ob die Klage aussichtsreich ist, denn natürlich wollen wir auch unrechtmäßige Haftungsklagen aussortieren.
Doch das wird wohl erst 2005 Gesetz. Die Topmanager haben also mit ihrer Salamitaktik erneut "wertvolle" Zeit gewonnen. Sie können ihre Millionengehälter weiter mit üppigen Aktienoptionen aufbessern, während sie ihren Untertanen Lohnzurückhaltung predigen, wie das Siemens-Chef Heinrich von Pierer zum Beispiel getan hat:
Die Einführung dieses einheitlichen Entgeltrahmens muss kostenneutral erfolgen. Und diese Thematik stellt sich zusätzlich zu den 6,5 Prozent Lohnforderung, und diese Größenordnungen sind jenseits von Gut und Böse.