Archiv


Managernachwuchs findet Managergehälter nicht zu hoch

Auf dem Arbeitgebertag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel Unternehmer aufgefordert, die Debatte um Auswüchse bei Managergehältern und -Abfindungen ernst zu nehmen und nicht als Neiddebatte abzutun. Arbeitgeberpräsident Hundt räumte "vereinzelte schlechte Beispiele" ein und warb für eine "Ethik der Verantwortung als Sperre gegen Kontrollverlust und Maßlosigkeit". Campus und Karriere hat an der privaten Frankfurt School of Finance and Management erkundet, was der Führungskräftenachwuchs über das Thema denkt.

Von Anke Petermann |
    Dass in der Wirtschaftsethikvorlesung nur 15 Studierende sitzen, ist normal - die private Frankfurt School of Finance and Management ist eben keine Massenuniversität. Die Studierenden haben in Kleingruppen aufwändige Präsentationen vorbreitet, die benotet werden. Eine Gruppe beleuchtet zum Beispiel ethische Dimensionen des Deals zwischen Siemens und Ben-Q. Der endete damit, dass das taiwanesische Unternehmen die ehemalige Siemens-Handy-Sparte mit 3000 Mitarbeitern in die Pleite fuhr - ein schlechter Zeitpunkt für Siemens-Vorstände, sich die Gehälter um 30 Prozent zu erhöhen, befindet Dirk Gießamer,. Aber, so sagt der Nachwuchs-Banker in der Pause, während Kommilitonen im Hintergrund Billard spielen:

    " Der Rahmen, wie viel auch, wenn was schief läuft, dann eben entsprechend zu vergüten ist, das ist wieder eine andere Sache. Aber jetzt die Sicht von dem Arbeiter aus gesehen, dass er sagt, na die schieben sich da die Millionen zu gegenseitig, machen im Endeffekt doch nichts außer herumsitzen im Büro, das kann ich so nicht unterstützen, weil es schon eine andere Sache ist, die ich zu entscheiden habe und die Verantwortung dafür zu tragen habe. "

    Thomas Pöhler, ebenfalls im berufsbezogenen Masterstudiengang Bankwesen, erinnert daran, dass nur ein Bruchteil der Managerbezüge als fester Betrag gezahlt wird.

    " Jetzt hatten wir gerade einen konjunkturellen Aufschwung erlebt. Die Konzerngewinne sind zweistellig gestiegen, da ist es natürlich logisch, dass auch die Bezüge irgendwo ansteigen, wenn Zweidrittel des Gehalts variabel sind. Und ich gestehe das diesen Leuten auch zu einem gewissen Grad zu: Sie tragen nun mal eine Menge Verantwortung. Sie müssen Entscheidungen treffen, die relativ weitreichend sind. Sicherlich besteht die Gefahr, dass man irgendwo abhebt. "

    Philosophie-Professor Kliemt bekräftigt diese Beobachtung:

    " Ich will nicht sagen Arroganz, sondern eine gewisse Abgehobenheit dieser Gruppen von international tätigen Managern, die sich vor allen Dingen auch immer an Amerika orientieren, wo diese Dinge noch viel extremer sind als bei uns. Und das führt zu Verhaltensweisen, die mit dem alten Kodex des ehrbaren Kaufmannes und einer gewissen Bescheidenheit eben weniger zu tun haben. Auf der anderen Seite: Auf dem Markt wird eben für das am meisten bezahlt, was knappsten ist. Und wahrscheinlich ist gute Managementfähigkeit das knappste Gut überhaupt. "

    Managergehalt und Managerleistung stünden aber nicht unbedingt in einer Wechselbeziehung:

    " Sicherlich gibt es so etwas wie eine Konkurrenz um Humankapital. Aber ob der so genannte war for talent wirklich erklärt, was wir beobachten, möchte ich doch bezweifeln. Denn es ist eigentlich nicht zu erklären, dass die Gehälter so stark gestiegen wären nur aus dem war for talent heraus, wie wir das beobachtet haben. Also die sind um 300 Prozent glaube ich in Amerika zwischen 1994 und 2003 gestiegen, die Managergehälter. Das sind schon erstaunliche Zahlen. "

    Doch auch wenn diese Entwicklung auf Marktversagen zurückgehen sollte, meinen der Professor und seine Studierenden: die Politik sollte sich auf jeden Fall raushalten:

    " Neben Markt- gibt es auch Politikversagen, und in diesem Bereich fürchte ich, dass jede Politisierung das Politikversagen geradezu herbei schreit und deswegen wäre ich da sehr, sehr vorsichtig. "

    " Meines Erachtens nach finde ich die Diskussion heuchlerisch, weil außer unseren werten Herren Politiker hat ja keiner die Möglichkeit, sein Gehalt selber zu bestimmen, und die gönnen sich regelmäßig auch mehr als den Inflationsausgleich, "

    so Thomas Pöhler, der die Wirtschaftsethikvorlesung übrigens gern besucht, weil sie ihm einen Blick über den Tellerrand ermöglicht. Und was die eigenen Gehaltsvorstellungen angeht? - da hat der Banker-Nachwuchs natürlich im Hinterkopf, dass das Studium an der Privathochschule eine Investition war, die sich auszahlen sollte. 50.000 Euro wird es Stephanie Brückner am Ende kosten.

    " Wir haben das Risiko, dass die Kosten sehr hoch sind, dass wir es vielleicht nicht bezahlt bekommen. Wir haben natürlich ein sehr, sehr anstrengendes Studium. Die Doppelbelastung - arbeiten, studieren - ist wesentlich höher als in einem normalen Studium. Und dafür möchten wir - das denken auch viele hier - einen gewissen Lohn erfahren. Aber viel mehr ist, dass wir in einer anderen Position gleich anfangen können. "

    Auf die Entwicklungsperspektiven - persönlich und beruflich komme es mehr an als aufs Gehalt, bekräftigen die anderen. Der Philosophie-Professor, der auch an öffentlich-rechtlichen Hochschulen gelehrt hat, hält das für glaubwürdig.