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Mangelnde Schlafregelung

Medizin. - Selten ist eine so häufige Krankheit so unverstanden: Narkolepsie - einer unter 200 leidet darunter. Die Betroffenen fallen von einem Moment auf den anderen in tiefen Schlaf. Sie sind ständig so müde, wie ein gesunder Mensch, der 48 Stunden nicht geschlafen hat. Ein französischer Forscher, der an der Stanford Universität in Kalifornien arbeitet, will das Rätsel dieser seltsamen Krankheit lösen.

    Narkolepsiepatienten haben einfach keine Kontrolle über ihren Schlaf. Ihr Gehirn träumt, wenn der Körper wach ist. Und wenn das Gehirn wach ist, sind ihre Muskeln erstarrt. Mitten am Tag fallen sie ohne Übergang in den tiefen REM-Schlaf. Bei diesen seltsamen Symptomen sind die Fehldiagnosen vieler Ärzte verständlich. Epilepsie, Schizophrenie oder Depression - darauf werden Narcolepsiekranke oft jahrelange behandelt. Bis endlich einmal ein Arzt die richtige Diagnose stellt. Es sind nur simple Symptome, an denen der narkolepsieerfahrene Arzt die Krankheit erkennt: Etwa dass der Patient sich schwach fühlt, schon wenn er einfach nur lacht. Emmanuel Mignot, doch sein therapeutisches Repertoire ist begrenzt. Daher will er die Ursache der Krankheit finden. Die liegt im Gehirn des Patienten, konkreter in einem kleinen Bereich des Hirnstamms. Die nur 50.000 Nervenzellen dieser Region produzieren Hypocretin, das den menschlichen Schlaf reguliert, sie werden bei Narkolepsie offenbar nach und nach zerstört. Leider lässt sich das Molekül nicht als Medikament geben, denn es ist zu groß, um die Blut-Hirnschranke zu durchdringen. Aber vielleicht lassen sich die Zellen ersetzen. Mignot: "Eine Zelltransplantation wäre eine sehr attraktive Therapie. Wenn die neuen Zellen die richtigen Verbindungen knüpfen, dann regulieren sie auch die Ausschüttung von Hypocretin. Tagsüber wird Hypocretin in einem bestimmten Rhythmus freigesetzt, nachts ist der Hypocretinspiegel niedrig. Eine Zelltransplantation würde also die Krankheit wirklich heilen. Dagegen könnte ein Medikament nur ein fehlendes Molekül ersetzen."

    Eine weitere Möglichkeit wäre, den Untergang der hypocretin-produzierenden Zellen zu verhindern oder wenigsten aufzuschieben. Mignot versucht daher herauszufinden, warum die Zellen überhaupt angegriffen werden. "Es gibt einen Zusammenhang mit dem HLA-Gen, das für die Regulierung des Immunsystems sehr wichtig ist. Fast alle Krankheiten, die im Zusammenhang mit diesem Gen stehen, sind Autoimmunkrankheiten", erklärt der Mediziner. In seinen weiteren Forschungen will er dieser Spur nachgehen.

    [Quelle: Kristin Raabe]