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Mangelware Weihnachtsbaum

Zwei Wochen vor dem Fest stellen sich viele die Frage, welcher Baum wohl der richtige ist. Meist macht dabei die Nordmanntanne das Rennen. Ungefähr 23 Millionen Christbäume und 130.000 Tonnen Schnittgrün werden in Deutschland in jedem Jahr zu Weihnachten verkauft. Eigentlich genug, sollte man meinen, um alle Familien zufrieden zu stellen. Doch in diesem Jahr warnt die Forstwirtschaft vor einem Engpass bei Tannenbäumen.

Von Wolfgang Nitschke |
    Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum – Du wirst mir dies Jahr fehlen. So könnte eine neue Strophe des Weihnachtsliedes lauten, denn es sind in diesem Jahr gut drei Millionen Christbäume weniger auf dem Markt, als in den vergangenen Jahren. Gründe dafür gibt es zahlreiche. Christoph Rullmann vom Bayerischen Waldbesitzerverband

    "Ein großes Exportland für Christbäume ist Dänemark. Wir importieren sehr viele Christbäume von da. Und da hat es so eine Umstellung gegeben im EU-Förderrecht, dass bestimmte Flächen zu einem Stichtag, nämlich letztes Jahr Grünland sein mussten, um weiterhin Fördergelder in Anspruch nehmen zu können. Und dadurch sind große Teile von Christbaumkulturen einfach gerodet worden und wieder umgewandelt worden in Grünland. "

    Ein zweiter Grund für den Christbaummangel ist der Spätfrost, dem sowohl 2004, als auch 2005 zahlreiche Bäume zum Opfer fielen. Allein in Niederbayern gingen am 24. Mai 2004 bei Minus sechs Grad um 4:00 Uhr am Morgen 70.000 potentielle Weihnachtsbäume ein. In diesem Jahr gab es im Sauerland ähnlich große Schäden durch Frost im Mai. Und ein dritter Grund ist die EU-Ost-Erweiterung. Immer mehr Tannen werden nach Osteuropa verkauft

    "Das ist natürlich klar, da ist ein Markt entstanden und da werden immer mehr Christbäume in diesen Ländern eingeführt. Früher hat man eben wohl eher auf den Baum aus dem Wald zurückgegriffen – die Fichte oder das, was eben vorrätig war. Jetzt will man sich wahrscheinlich auch eine schöne Nordmanntanne oder eine schöne Nobilistanne ins heimische Wohnzimmer stellen. "

    Die Folge des Mangels ist, dass der Kunde in diesem Jahr mit einem bis zu 30 Prozent höherem Preis für seinen Baum rechnen muss, dass auch Bäume im Angebot sind, die früher nicht zu verkaufen waren und nicht so aussehen, wie man sich den Weihnachtsbaum vorstellt, denn der soll ja möglichst gleiche Kränze von Ästen haben, damit man die Kerzen platzieren kann.

    "Das ist ein sehr großer Pflegeaufwand. Korrekturschnitt wird vorgenommenen, wenn jetzt zum Beispiel eine Spitze abgebrochen ist, dann wird die hoch gebunden, damit sich quasi eine neue Spitze entwickeln kann. Dieser klassische Christbaum, so wie wir ihn uns vorstellen, der wächst so im Wald gar nicht oder der lässt sich auch nicht erzeugen ohne dass ich irgendetwas mache. Ich muss immer wieder das Gras wegmähen. Ein Meter unten haben die sonst keine Nadeln, weil da überall das Gras rein wächst und kein Licht an die Nadeln kommt und dann fallen die ab. "

    Natürlich würden auf den Plantagen auch Schädlingsbekämpfungsmittel und Dünger verwendet – sagt Christoph Rullmann – aber die Vorwürfe von Umweltschützern, die Kulturen seien ökologisch bedenklich lässt er nicht gelten. Ein Hektar Christbäume binde schließlich in seiner zehnjährigen Wuchszeit über 100 Tonnen Kohlendioxid, produziere ebensoviel Sauerstoff und filtere Staub aus der Luft. Und Christbaumkulturen seien wichtig für Erosions- und Hochwasserschutz. Was bleibt ist die Frage, ob man denn in diesem Jahr tatsächlich Weihnachten ohne Christbaum verbringen muss, wenn man nicht jetzt schon – die von den Deutschen besonders geliebte Nordmanntanne kauft. Michael Schobert – Weihnachtsbaumhändler am Münchener Agens-Bernauer-Platz – glaubt das nicht, denn in Zeiten knapper Kassen sei auch die Nachfrage zurückgegangen.

    "Wir haben letztes Jahr schon weniger verkauft, weniger Umsatz gehabt und in diesem Jahr – wie es ausschaut – auch weniger Umsatz. Das heißt: Die Leute kaufen weniger Bäume. Ob Bäume Mangelware sind? Schaut momentan nicht so aus – wir haben, wie Sie sehen den ganzen Platz noch voll. "

    Also besteht doch Hoffnung, dass Jedermann einen Tannenbaum abbekommt. Den kann man übrigens auch überall direkt vom Forstwirt erwerben und sogar selber schlagen. Überall gibt es in Deutschland Arbeitskreise Heimischer Christbaum – Informationen dazu findet man im Internet.