Wenn Afrikanische Bootsflüchtlinge die italienische Insel Pantelleria anstreben, folgen sie uralten Schifffahrtsrouten, erklärt Thomas Schäfer, Professor für klassische Archäologie an der Universität Tübingen.
"Die Insel ist schon immer angelaufen worden, so weit wir das zurück verfolgen können, schon im Neolithikum und zwar deswegen, weil es dort Obsidian gab, ist eine Vulkaninsel mit Obsidian. Und das war natürlich interessant für einen weit gestreuten Handel bis in die Adria, bis in die Riviera auf der einen Seite und auf der anderen Seite bis nach Libyen.
In historischer Zeit, also im ersten Jahrtausend der Eisenzeit ist die Insel dann insbesondere von den Phöniziern und von den Puniern, also der Bevölkerung von Karthago als eine wichtige Siedlung, auch eine wichtige Etappe für weitere Expansionen wahr genommen worden, obwohl sie keine besonders guten Ankerplätze hat, aber doch ausreichend um sozusagen als Sprungbrett von Afrika nach Europa zu dienen."
Doch der für Steinwerkzeuge wichtige Obsidian interessiert Thomas Schäfer, der das Pantelleria-Projekt leitet, weniger. Viel spannender ist, wie die Insel seit rund 5000 Jahren besiedelt werden konnte, obwohl es dort kaum Wasser gibt.
"Diese Insel ist semiaride, indem sie kaum Quellen hat. Die hat einige wenige, die könnten vielleicht für anlegende Schiffe gereicht haben, aber sie hat nicht genügend Quellen um eine Bevölkerung dauerhaft nur auf Grund der Quellen zu versorgen. Da muss man sich Strategien überlegen, wie man dieses Wasser dauerhaft nutzbar machen kann für eine dauerhafte Besiedelung."
Mitarbeiter Frerich Schön untersucht wie die früheren Bewohner das Problem lösten:
"Auf Grund der Klimadiagramme der Insel ist leicht ersichtlich, dass der Regen sich vor allem auf die Wintermonate beschränkt, während die fünf Sommermonate sehr trocken sind. Ein Weg, der wahrscheinlich ab dem 5. Jahrhundert vor Christus beschritten wurde, um trotzdem dauerhaft auf der Insel überleben zu können, war die großflächige Nutzung von Zisternen, von unterirdischen Regenwasser-Sammelbehältern, in denen genügend Wasser aufgefangen wurde, um eben diese Trockenzeiten zu überbrücken."
Wie gut die in den Fels gehauenen Zisternen funktionieren, kann man daran erkennen, dass sie immer noch genutzt werden:
"Noch heute sind viele dieser antiken Zisternen in Nutzung. Ein Survey, das durchgeführt wurde auf der Insel, hat 700 Zisternen in verschiedenen Gebieten dort aufgenommen. Sie wurden von der Antike über die arabische Zeit bis in die Neuzeit in verschiedenen Typen, die wir diesen Perioden inzwischen auch ziemlich gut zuordnen können, angelegt."
Das Pantelleria-Projekt nimmt an einem Forschungsverbund teil, der so verschiedene Fächer, wie Archäologie, Geschichte, Alte Sprachen und Geografie vereinigt. Dr. Thomas Knopf, Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der Universität Tübingen stellt ihn vor:
"Unser Generalthema ist ja "Ressourcenknappheit und Versorgungsstrategien". Und diese einzelnen Fächer gehen diese Frage nach dem Umgang von Gesellschaften mit knappen Ressourcen und der Frage, wie die Menschen ihre Bevölkerung versorgt haben, die Versorgung gewährleistet haben, von ganz verschiedenen Quellen an, natürlich mit Schriftquellen, mit Texten, das können Verwaltungstexte an, das können literarische Texte sein; die Archäologen graben aus, Bodenfunde und die liefern alle ganz unterschiedliche Erkenntnisse dazu.
Und es ist geplant, diese Erkenntnisse zusammen zu bringen, zur Synthesen zu vereinigen, was bisher so zu dieser Frage noch nie gemacht wurde."
Dabei geht es nicht nur um Wasser. Aber da Wasser stets die Voraussetzung für Hochkulturen ist, ist es auch die Ressource, die am besten dokumentiert ist. Der Ingenieur und Altsprachler Dr. Ariel Bagg von der FU Berlin studiert 5000 Jahre alte Keilschriften:
"Da haben wir die Sumerer in Südmesopotamien. Das ist die älteste Kultur, die seine Sprache verschriftet hat. Die älteste Literatur der Menschheit stammt aus Sumer aus der Mitte des 3. Jahrtausends. Und für diese Leute, die selber Wasserbauer waren, war Wasser ein großes Problem, war Teil des eigenen Lebens und haben die Probleme zwar technisch gelöst, aber auf der anderen Seite auch in literarischen Werken darüber reflektiert oder dort findet man, wie wichtig Wasser für das Leben war."
In den Texten findet man, dass sich sogar die Götter mit der Bewässerungstechnik befassten. Allerdings führte diese sumerische Bewässerungstechnik auch zum Untergang, denn durch Bewässerung und Verdunstung wurden die Äcker zu salzig und dadurch schwanden die Erträge und damit auch die Lebensgrundlage dieser frühen Hochkultur.
Neben Mittelmeer und vorderem Orient befassen sich die Forscher auch mit den Mittelgebirgen, deren Besiedelungsgeschichte erst in den letzten 10-15 Jahren von der Wissenschaft angepackt wurde. Thomas Knopf:
"Die Mittelgebirge sind ja ganz unterschiedliche Landschaften, haben auch unterschiedliche Besiedlungsgeschichte erfahren. Wir kennen auf der schwäbischen Alb schon seit der Jungsteinzeit Siedlungen Und immer wieder viele Siedlungen, die dort aufgebaut wurden, obwohl die Ressourcensituation nicht immer einfach ist. Anders ist es im Schwarzwald. Da kennt man aus der Vorgeschichte nun relativ wenige Funde.
Wir werden sicher keine pauschalen Antworten finden, denn wir untersuchen ja auch absichtlich ganz verschiedene Gesellschaften. Wir wollen wissen, wie haben das diese einzelnen Gesellschaften gemanagt, dass sie ihre Bevölkerung versorgt haben, wie hat das geklappt?
Wir wollen dann zusammen schauen, gibt es ganz bestimmte Mechanismen der Versorgung oder des Umgangs mit knappen Ressourcen, die immer wieder in allen Kulturen auftreten, oder was verursacht nun so Spezialfälle. Ist das der Naturraum, die Umwelt, oder sind das bestimmte Herrschaftsstrukturen? Wie hat das funktioniert?"
Dass das Ganze nicht nur dem Verständnis geschichtlicher Entwicklungen dient, sondern auch Hinweise geben kann, wie aktuelle oder zukünftige Probleme zu lösen sind, zeigt sich bereits am Pantelleria-Projekt. Die Abdichtung der bis zu 2500 Jahre alte Zisternen durch Verputz ist besser als heutige Wasserbehälter-Anstriche. Frerich Schön:
"Mit dem fünften Jahrhundert lassen sich im zentralen Mittelmeerraum, so auch auf Pantelleria, mit Kalk und entsprechenden Zuschlägen hergestellte wasserfeste Verputze feststellen, die in den Zisternenbehältern appliziert wurden.
Eine faszinierende Eigenschaft dieser Verputze ist, dass sie wesentlich länger nutzbar sind, als es bei modernen, vergleichbaren Verputzen zum Teil der Fall ist. Deshalb versuchen wir in einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der Helmholtz-Gesellschaft in Karlsruhe der Dauerhaftigkeit antiker Baustoffe auf die Spur zu kommen."
"Die Insel ist schon immer angelaufen worden, so weit wir das zurück verfolgen können, schon im Neolithikum und zwar deswegen, weil es dort Obsidian gab, ist eine Vulkaninsel mit Obsidian. Und das war natürlich interessant für einen weit gestreuten Handel bis in die Adria, bis in die Riviera auf der einen Seite und auf der anderen Seite bis nach Libyen.
In historischer Zeit, also im ersten Jahrtausend der Eisenzeit ist die Insel dann insbesondere von den Phöniziern und von den Puniern, also der Bevölkerung von Karthago als eine wichtige Siedlung, auch eine wichtige Etappe für weitere Expansionen wahr genommen worden, obwohl sie keine besonders guten Ankerplätze hat, aber doch ausreichend um sozusagen als Sprungbrett von Afrika nach Europa zu dienen."
Doch der für Steinwerkzeuge wichtige Obsidian interessiert Thomas Schäfer, der das Pantelleria-Projekt leitet, weniger. Viel spannender ist, wie die Insel seit rund 5000 Jahren besiedelt werden konnte, obwohl es dort kaum Wasser gibt.
"Diese Insel ist semiaride, indem sie kaum Quellen hat. Die hat einige wenige, die könnten vielleicht für anlegende Schiffe gereicht haben, aber sie hat nicht genügend Quellen um eine Bevölkerung dauerhaft nur auf Grund der Quellen zu versorgen. Da muss man sich Strategien überlegen, wie man dieses Wasser dauerhaft nutzbar machen kann für eine dauerhafte Besiedelung."
Mitarbeiter Frerich Schön untersucht wie die früheren Bewohner das Problem lösten:
"Auf Grund der Klimadiagramme der Insel ist leicht ersichtlich, dass der Regen sich vor allem auf die Wintermonate beschränkt, während die fünf Sommermonate sehr trocken sind. Ein Weg, der wahrscheinlich ab dem 5. Jahrhundert vor Christus beschritten wurde, um trotzdem dauerhaft auf der Insel überleben zu können, war die großflächige Nutzung von Zisternen, von unterirdischen Regenwasser-Sammelbehältern, in denen genügend Wasser aufgefangen wurde, um eben diese Trockenzeiten zu überbrücken."
Wie gut die in den Fels gehauenen Zisternen funktionieren, kann man daran erkennen, dass sie immer noch genutzt werden:
"Noch heute sind viele dieser antiken Zisternen in Nutzung. Ein Survey, das durchgeführt wurde auf der Insel, hat 700 Zisternen in verschiedenen Gebieten dort aufgenommen. Sie wurden von der Antike über die arabische Zeit bis in die Neuzeit in verschiedenen Typen, die wir diesen Perioden inzwischen auch ziemlich gut zuordnen können, angelegt."
Das Pantelleria-Projekt nimmt an einem Forschungsverbund teil, der so verschiedene Fächer, wie Archäologie, Geschichte, Alte Sprachen und Geografie vereinigt. Dr. Thomas Knopf, Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der Universität Tübingen stellt ihn vor:
"Unser Generalthema ist ja "Ressourcenknappheit und Versorgungsstrategien". Und diese einzelnen Fächer gehen diese Frage nach dem Umgang von Gesellschaften mit knappen Ressourcen und der Frage, wie die Menschen ihre Bevölkerung versorgt haben, die Versorgung gewährleistet haben, von ganz verschiedenen Quellen an, natürlich mit Schriftquellen, mit Texten, das können Verwaltungstexte an, das können literarische Texte sein; die Archäologen graben aus, Bodenfunde und die liefern alle ganz unterschiedliche Erkenntnisse dazu.
Und es ist geplant, diese Erkenntnisse zusammen zu bringen, zur Synthesen zu vereinigen, was bisher so zu dieser Frage noch nie gemacht wurde."
Dabei geht es nicht nur um Wasser. Aber da Wasser stets die Voraussetzung für Hochkulturen ist, ist es auch die Ressource, die am besten dokumentiert ist. Der Ingenieur und Altsprachler Dr. Ariel Bagg von der FU Berlin studiert 5000 Jahre alte Keilschriften:
"Da haben wir die Sumerer in Südmesopotamien. Das ist die älteste Kultur, die seine Sprache verschriftet hat. Die älteste Literatur der Menschheit stammt aus Sumer aus der Mitte des 3. Jahrtausends. Und für diese Leute, die selber Wasserbauer waren, war Wasser ein großes Problem, war Teil des eigenen Lebens und haben die Probleme zwar technisch gelöst, aber auf der anderen Seite auch in literarischen Werken darüber reflektiert oder dort findet man, wie wichtig Wasser für das Leben war."
In den Texten findet man, dass sich sogar die Götter mit der Bewässerungstechnik befassten. Allerdings führte diese sumerische Bewässerungstechnik auch zum Untergang, denn durch Bewässerung und Verdunstung wurden die Äcker zu salzig und dadurch schwanden die Erträge und damit auch die Lebensgrundlage dieser frühen Hochkultur.
Neben Mittelmeer und vorderem Orient befassen sich die Forscher auch mit den Mittelgebirgen, deren Besiedelungsgeschichte erst in den letzten 10-15 Jahren von der Wissenschaft angepackt wurde. Thomas Knopf:
"Die Mittelgebirge sind ja ganz unterschiedliche Landschaften, haben auch unterschiedliche Besiedlungsgeschichte erfahren. Wir kennen auf der schwäbischen Alb schon seit der Jungsteinzeit Siedlungen Und immer wieder viele Siedlungen, die dort aufgebaut wurden, obwohl die Ressourcensituation nicht immer einfach ist. Anders ist es im Schwarzwald. Da kennt man aus der Vorgeschichte nun relativ wenige Funde.
Wir werden sicher keine pauschalen Antworten finden, denn wir untersuchen ja auch absichtlich ganz verschiedene Gesellschaften. Wir wollen wissen, wie haben das diese einzelnen Gesellschaften gemanagt, dass sie ihre Bevölkerung versorgt haben, wie hat das geklappt?
Wir wollen dann zusammen schauen, gibt es ganz bestimmte Mechanismen der Versorgung oder des Umgangs mit knappen Ressourcen, die immer wieder in allen Kulturen auftreten, oder was verursacht nun so Spezialfälle. Ist das der Naturraum, die Umwelt, oder sind das bestimmte Herrschaftsstrukturen? Wie hat das funktioniert?"
Dass das Ganze nicht nur dem Verständnis geschichtlicher Entwicklungen dient, sondern auch Hinweise geben kann, wie aktuelle oder zukünftige Probleme zu lösen sind, zeigt sich bereits am Pantelleria-Projekt. Die Abdichtung der bis zu 2500 Jahre alte Zisternen durch Verputz ist besser als heutige Wasserbehälter-Anstriche. Frerich Schön:
"Mit dem fünften Jahrhundert lassen sich im zentralen Mittelmeerraum, so auch auf Pantelleria, mit Kalk und entsprechenden Zuschlägen hergestellte wasserfeste Verputze feststellen, die in den Zisternenbehältern appliziert wurden.
Eine faszinierende Eigenschaft dieser Verputze ist, dass sie wesentlich länger nutzbar sind, als es bei modernen, vergleichbaren Verputzen zum Teil der Fall ist. Deshalb versuchen wir in einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der Helmholtz-Gesellschaft in Karlsruhe der Dauerhaftigkeit antiker Baustoffe auf die Spur zu kommen."