Ein Mann legt Zeugnis ab - nach 40 Jahren Maloche als Gastarbeiter. Er spricht über seine Beobachtungen und Erfahrungen, erzählt von Menschen, Hunderten, Tausenden, die aus aller Herren Länder kamen. Sie waren arm und hatten nur diffuse Vorstellungen von dem Land, in das sie kamen. In das sie mit einer unbesiegbaren Hoffnung kamen: sich und ihre Familien ernähren zu können.
Xavier Durringers Text "Ausgegrenzt" ist kein Theaterstück im üblichen Sinne, eher ein lyrischer Monolog. In die Stimme des Vaters mischen sich nicht nur die von Sohn und Tochter. Diese drei sind weiß gekleidete Projektionsflächen für die Stimmen vieler. Statements von Passanten, Zeitgenossen werden per Video eingespielt und ihnen auf Kopf, Brust und Bauch sowie ins Riesenhafte vergrößert auf die mobilen Klappwände und die Brandmauer geflimmert. Die Älteren erzählen immer wieder die ewiggleichen Geschichten, rechtfertigen sich, beharren auf ihrer Herkunftskultur, Jüngere eifern um Anerkennung, um "Normalität" oder rüpeln rum und rotzen auf den ganzen Integrations-Scheiß. Das Auffällige: es gibt nur lauter Einzelstimmen. Keine Dialoge. Weder einen ernstzunehmenden Konflikt noch Auseinandersetzungen. Auch nicht zwischen dem Vater und seinen erwachsenen Kindern. Nur Leere, Schlagabtausch von Leerformeln zwischen den Vertretern der 1. und 2. Generation. Monologisieren als Lebensform - nicht nur als theatralische Sonderform.
An diesem auf erhellende Art verwirrenden Textstück über die zweifellos vorhandene aber eben geleugnete Identitätsverwirrung schien sich die junge Schauspielerin Tabea Bettin bei der Premiere zu verheddern. André Jung, der als Vater die ganze Aufführung trug, nahm die entstandene Irritation sofort dialogisch auf. Dadurch wurde die Situation psychologisch weitergesponnen und konkretisiert - und allein diese winzige Dialogsequenz machte für einen Augenblick die Verwirrtheit spürbar.
Ansonsten dominieren in Neco Celiks eher statischer Uraufführungsinszenierung symbolische Handlungen. V.a. das Hantieren mit weißen, zu überdimensionalen aber glanzlosen Seifenblasen aufgeblähten Luftballons: Traumgebilde in den Augen des Alten, Waffen in den Händen der Jungen. Am Ende übermalen beide Geschwister ihr Gesicht mit lachenden Clownsmündern, Augen-makeup für die Tochter, aufgemaltes Brillen-Intellektellenprofil für den Sohn. So stehen sie mit dem Rücken zur Wand, die sie so lange nach hinten drücken, bis der dahinter liegende Innenraum samt drin befindlichem Vater - plattgemacht ist. Von seiner Existenz zeugen nur noch Ballonfetzen, abgeworfene Kleidungsstücke, zerstampfte Bettwäsche und eine weißwässrige Lache, die wie die Milch der frommen Denkungsart statt Blut unter der Wand hervorquillt. Black out.
Diese Uraufführung durch den als Filmregisseur und Drehbuchautor bekannt gewordenen Neco Celik ist Teil eines Projekts der Münchner Kammerspiele, das nach zeitbezogener Theaterarbeit, den Erfahrungen junger Regisseure und dem Theater der Zukunft fragt. Celiks Theatererfahrung ist noch sehr jung, dafür hat er eine ganze Filmothek im Kopf. Lange Einstellungen, sprechende Gesichter, keine aussagekräftigen Figurenkonstellationen und keine erspielten Konfliktsituationen - das sind auch die auffälligsten Merkmale seiner 3. Theaterarbeit. Tempo gewinnt die Aufführung nur, als beide Geschwister das Bett mit dem Alten in ein irrwitziges Kreiseln versetzen. Aus verschiedenen Einstellungen und mit Überblendungen gedreht - eine vermutlich reizvolle Filmszene. Auf dem Theater bleiben selbst solche Turbulenzen statisch - und nur symbolisch. Wie immer man das Theater der Zukunft mit Quereinsteigern beleben könnte: Handwerk gehört schon auch dazu. Nicht nur gut gemeinte Themen.
Xavier Durringers Text "Ausgegrenzt" ist kein Theaterstück im üblichen Sinne, eher ein lyrischer Monolog. In die Stimme des Vaters mischen sich nicht nur die von Sohn und Tochter. Diese drei sind weiß gekleidete Projektionsflächen für die Stimmen vieler. Statements von Passanten, Zeitgenossen werden per Video eingespielt und ihnen auf Kopf, Brust und Bauch sowie ins Riesenhafte vergrößert auf die mobilen Klappwände und die Brandmauer geflimmert. Die Älteren erzählen immer wieder die ewiggleichen Geschichten, rechtfertigen sich, beharren auf ihrer Herkunftskultur, Jüngere eifern um Anerkennung, um "Normalität" oder rüpeln rum und rotzen auf den ganzen Integrations-Scheiß. Das Auffällige: es gibt nur lauter Einzelstimmen. Keine Dialoge. Weder einen ernstzunehmenden Konflikt noch Auseinandersetzungen. Auch nicht zwischen dem Vater und seinen erwachsenen Kindern. Nur Leere, Schlagabtausch von Leerformeln zwischen den Vertretern der 1. und 2. Generation. Monologisieren als Lebensform - nicht nur als theatralische Sonderform.
An diesem auf erhellende Art verwirrenden Textstück über die zweifellos vorhandene aber eben geleugnete Identitätsverwirrung schien sich die junge Schauspielerin Tabea Bettin bei der Premiere zu verheddern. André Jung, der als Vater die ganze Aufführung trug, nahm die entstandene Irritation sofort dialogisch auf. Dadurch wurde die Situation psychologisch weitergesponnen und konkretisiert - und allein diese winzige Dialogsequenz machte für einen Augenblick die Verwirrtheit spürbar.
Ansonsten dominieren in Neco Celiks eher statischer Uraufführungsinszenierung symbolische Handlungen. V.a. das Hantieren mit weißen, zu überdimensionalen aber glanzlosen Seifenblasen aufgeblähten Luftballons: Traumgebilde in den Augen des Alten, Waffen in den Händen der Jungen. Am Ende übermalen beide Geschwister ihr Gesicht mit lachenden Clownsmündern, Augen-makeup für die Tochter, aufgemaltes Brillen-Intellektellenprofil für den Sohn. So stehen sie mit dem Rücken zur Wand, die sie so lange nach hinten drücken, bis der dahinter liegende Innenraum samt drin befindlichem Vater - plattgemacht ist. Von seiner Existenz zeugen nur noch Ballonfetzen, abgeworfene Kleidungsstücke, zerstampfte Bettwäsche und eine weißwässrige Lache, die wie die Milch der frommen Denkungsart statt Blut unter der Wand hervorquillt. Black out.
Diese Uraufführung durch den als Filmregisseur und Drehbuchautor bekannt gewordenen Neco Celik ist Teil eines Projekts der Münchner Kammerspiele, das nach zeitbezogener Theaterarbeit, den Erfahrungen junger Regisseure und dem Theater der Zukunft fragt. Celiks Theatererfahrung ist noch sehr jung, dafür hat er eine ganze Filmothek im Kopf. Lange Einstellungen, sprechende Gesichter, keine aussagekräftigen Figurenkonstellationen und keine erspielten Konfliktsituationen - das sind auch die auffälligsten Merkmale seiner 3. Theaterarbeit. Tempo gewinnt die Aufführung nur, als beide Geschwister das Bett mit dem Alten in ein irrwitziges Kreiseln versetzen. Aus verschiedenen Einstellungen und mit Überblendungen gedreht - eine vermutlich reizvolle Filmszene. Auf dem Theater bleiben selbst solche Turbulenzen statisch - und nur symbolisch. Wie immer man das Theater der Zukunft mit Quereinsteigern beleben könnte: Handwerk gehört schon auch dazu. Nicht nur gut gemeinte Themen.