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Manipulation mit Vor- und Nachteilen

Gentechnik. - China ist das bevölkerungsreichste Land der Erde und bekannt dafür, technische Neuerungen auch gegen ökologische Bedenken durchzusetzen. Auf dem Gebiet der genmanipulierten Organismen ist das Reich der Mitte einer der Vorreiter, beschränkt sich zurzeit jedoch vornehmlich auf Baumwolle. Beim Hauptnahrungsmittel Reis präsentierten die Chinesen auf einer internationalen Tagung für Biosicherheit in Montpellier die ersten eigenen Entwicklungen samt den dazugehörigen Sicherheitsstudien.

    Bao-Rong Lu ist Professor an der Fudan-Universität in Shanghai und gilt weltweit als Experte für Gentechnik und ihre Risiken. In Montpellier berichtete er seinen Kollegen von der Gentechnik in China. Dort ist die wilde Zeit inzwischen vorbei. Der uneingeschränkte Einsatz ist nicht mehr möglich, die Vorteile der Gentechnik weiß Lu jedoch ins Bild zu setzen. Er zeigte ein riesiges Reisfeld, das aussah wie ein Schachbrett mit einem Muster aus grünen und braunen Quadraten. Lu: "Auf den grünen Quadraten wächst transgener Reis. Auf den braunen Feldern steht konventioneller Reis. Alle Flächen wurden nicht mit Insektiziden behandelt und nur der genmanipulierte Reis hat den Angriff von Insekten überstanden." Der natürliche Reis benötigt dagegen intensiven Schutz, mehr als zehn Mal im Jahr müssen die meisten chinesischen Reisbauern Insektizide spritzen. Und die Bedrohung durch die Insekten scheint zu steigen.

    Die Gentech-Pflanzen produzieren dagegen ihr Insektizid selbst, denn ihnen wurde ein Gen des Erdbakteriums "Bacillus thuringensis" eingepflanzt. Dieses Bt-Gen produziert ein Gift, das die Schädlinge tötet. Bei großflächigem Anbau ist jedoch in China damit zu rechnen, dass das Bt-Gen auch auf unveränderte Maispflanzen übergreift, denn der Pollen des genmanipulierten Gewächses fliegt auch auf andere Äcker. Doch nach Lus Angaben sei der Genfluss so gering, dass der Schwellenwert der EU von höchsten 0,9 Prozent Gentechnik eingehalten werden könne. Eigene Grenzwerte für Gentechnik in Nahrungsmitteln hat China bislang nicht. Für Lu ist ein anderes Problem wesentlich dringlicher. Direkt neben den Reisfeldern und sogar zwischen den kultivierten Reispflanzen wachsen in China große Mengen natürlicher, wilder Reis und außerdem verwilderter Kultur-Reis. Lu: "Wenn die Vermehrung des wilden Reis durch Insekten begrenzt wird, dann wäre ein Gen für Insektenresistenz für den Reis von großem Nutzen. Das Gen würde sich schnell im wilden Reis ausbreiten. Bald würde die ganze Population resistent gegen Insekten werden, und der wilde Reis könnte sich unkontrolliert ausbreiten." Nach Ansicht des Fachmanns sollte die Einführung von Bt-Reis in China nicht grundsätzlich verboten, doch genau kontrolliert werden. Denn für die Landwirtschaft wäre es sehr gefährlich, wenn der Kultur-Reis ein Gen zur Herbizid-Resistenz erhielte

    [Quelle: Michael Lange]