Montag, 29. April 2024

Archiv

Manipulationsprozess
Italiens Nationaltrainer auf der Anklagebank

Fünf Jahre nach den ersten Verhaftungen von Fußballprofis, die Spiele in der Serie A und Serie B manipuliert hatten, begann am heutigen Vormittag in Cremona der Strafprozess. Angeklagt ist auch Nationaltrainer Antonio Conte.

Von Tom Mustroph | 18.02.2016
    Antonio Conte, Fußball- Nationaltrainer Italien (12.12.2015)
    Antonio Conte, Fußball- Nationaltrainer Italien (afp / Lionel Bonaventure)
    Eine Armee von Juristen erobert das kleine Cremona. Etwa 150 Anwälte vertreten die 115 Angeklagten im Strafprozess der Spielmanipulationen. Hinzu kommen mehr als 100 Nebenkläger. Wie einst in Palermo bei den großen Verfahren gegen die Cosa Nostra fühlte sich da Anwältin Daniela Pigotti.
    "Das sind hier drei Säle, alle in Videokonferenz miteinander verbunden. Alles ist stark digitalisiert. Das Gericht kommuniziert zeitgleich mit allen Sälen. Das ist",
    "wie bei den großen Mafiaprozessen", fällt ihr ein Kollege ins Wort,
    Pigotti bestätigt: "Wie im Gerichtsbunker."
    Pigotti vertritt den früheren Fußballprofi Vittorio Micolucci. Der packte als einer der wenigen aus - und wurde deshalb bedroht.
    "Viel, ja. Er hat von Anfang an Drohungen erhalten. Ihn musste sogar die Polizei schützen, weil er wichtige Namen genannt hat. Er wurde massiv verfolgt. Und zum Schluss haben ihn sogar die Fans bedroht."
    Ein Leben als Kronzeuge ist nicht einfach, auch im Fußball nicht. Wer schweigt, macht hingegen Karriere. Wie Antonio Conte. Der Trainer der italienischen Fußballnationalmannschaft gehört zu den 115 Angeklagten von Cremona. Das Sportgericht sperrte ihn bereits vier Monate. Jetzt drohen ihm wegen Sportbetrugs bis zu zwei Jahre Haft. Conte hat bislang immer nur das Allernötigste zugegeben. Deshalb durfte er seine Karriere fortsetzen: erst bei Juventus, dann beim Nationalteam.
    Jetzt ist er sich eines besonderen Schutzes sicher. Der Fußballverband FIGC ließ sich bei den meisten Angeklagten als Nebenkläger eintragen - nur bei Conte nicht. Das ist der größte Aufreger des ersten Prozess-Tages. Die Affäre dürfte Italien bis in die EM hinein verfolgen.