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"Maria Magdalena" wird gerettet

"Maria Magdalena" kann wieder hoffen: Das so betitelte, restaurierungsbedürftige Ölgemälde im Museum Haldensleben, Sachsen-Anhalt, wird mit 22 weiteren Bildern jetzt aufgearbeitet und wiederhergestellt. Geld dafür haben Berliner Kunstgeschichtsstudentinnen gesammelt, die sich im Rahmen eines Seminars mit der Gemäldesammlung befasst haben.

Von Karen Schröder | 27.07.2007
    Corinna Pohl: " Was Maria Magdalena angeht, ist es erst mal erfreulich, dass wir mittlerweile 1026 Euro zusammen haben, das heißt diese Restaurierung ist gesichert, und die Fragen, die bei Maria Magdalena noch offen sind, werden wir erst beantworten können nach der Restaurierung. Es geht hauptsächlich darum, dass man sich Pinselführungen anschaut, Farbgebungen anschaut, und noch mal Vergleiche anstellt, was jetzt aufgrund des restauratorischen Zustands schlicht und ergreifend nicht möglich ist, weil wir sind ja bei jeder Forschung darauf angewiesen, was wir sehen, und wenn wir bei einem Bild nichts sehen, haben wir auch nichts, mit dem wir arbeiten können. "

    Corinna Pohl ist Studentin der Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität Berlin und "Maria Magdalena" ein barockes Ölgemälde unbekannter Provenienz. Es befindet sich im Museum Haldensleben in Sachsen-Anhalt. Sein Zustand ist wie das von 23 anderen Bildern äußerst beklagenswert. "Rettet Maria Magdalena" - so steht es deshalb auf einem Button, den einige der Berliner Studentinnen tragen. Sie sammeln Geld für die Restaurierung des Bildes. Aus einem Seminarthema, das sich seit drei Semestern mit der Aufarbeitung einer bürgerlichen Kunstsammlung des 19. Jahrhunderts beschäftigt, wurde eine Herzensangelegenheit. Annette Dorgerloh, eine der beiden Seminarleiterinnen, beschreibt, worum es in dem Seminar geht

    " Es geht in dem Projekt darum, eine Gemäldesammlung des 19. Jahrhunderts, die bis dahin weitgehend unbekannt geblieben ist, aufzuarbeiten. Es hat sich nur einmal im späten 19. Jahrhundert, ein Maler mit der Sammlung beschäftigt, der einen Katalog erarbeitet hat, der aber natürlich zeitgebunden ist und das verlangt dringend nach einer Aktualisierung. Wir werden mit den Studenten zusammen einen kommentierten Katalog erarbeiten, in dem jedes einzelne Werk vorgestellt wird und zum Teil mit kunsthistorischen Vergleichen und grafischen Vorlagen, kunsthistorisch eingeordnet und bestimmt, das ist das Ziel. "

    Um etwas kunsthistorisch einordnen und bestimmen zu können, muss man sehr genau hinsehen. Im Falle von "Maria Magdalena" verhindern dicke Firnissschichten diesen sachgerechten Blick und damit weitere Forschungsarbeiten.
    Corinna Pohl mit dem genauen Schadensbericht:

    " Es ist so, dass das Gemälde dubliert ist, das bedeutet, das hinter die bildtragende Leinwand eine zweite Leinwand zur Stabilisierung geklebt wurde. Das wurde deshalb gemacht, weil die obere Leinwand mehrere Risse aufweist. Irgendein Gegenstand hat sich dort in die Leinwand eingedrückt. Das Gemälde hat starke Fehlstellen und zwar in großen Teilen des Hintergrundes. Und um das alles zusammenzuhalten, die zwei Leinwände und die Farbschicht, wurde eine dicke, dicke Schicht Firniss aufgebracht, der über die Jahrzehnte einfach so stark vergilbt ist, dass man das Bild kaum noch erkennen kann. "

    Höhepunkt eines jeden Semesters ist die Forschungsreise zu den Originalen nach Haldensleben beziehungsweise Schloss Hundisburg, wo sich ein Teil der Bilder befindet. Heike Apelt, auch sie engagiert sich für die Restaurierung von "Maria Magdalena", über ihre Erlebnisse vor Ort

    " Ja, es ist was ganz Spannendes. Die Regel ist im Museum Abstand halten, um die Alarmanlagen nicht auszulösen, und wir durften die Bilder abnehmen, umdrehen, von hinten betrachten, auch ein Bild von hinten hat eine Geschichte und erzählt ganz viel. Wir hatten die Möglichkeit, die Bilder zu vermessen. Die Größenangaben sind unheimlich wichtig für uns Kunsthistoriker. Teilweise konnten wir sie aus dem Rahmen nehmen und dadurch konnten wir ein zwei Signaturen erkennen, was vorher nicht möglich war und was man im Museum schon gleich gar nicht machen kann sonst. "

    Dieser unmittelbare Kontakt zu den Bildern ist es dann auch gewesen, der die Studierenden letztlich mobilisiert hat:

    " Es ging bescheiden los, wir haben Sparschweine beschriftet und sind damit durch die Seminarräume und Vorlesungen und haben halt geworben. Nur wenn man Leute direkt anspricht und auf etwas aufmerksam macht, bekommt auch eine Resonanz. Also stand ich mehrere Male in Vorlesungen ganz vorne auf dem Pult und habe beschrieben, worum es uns geht und warum wir das Bild unbedingt restauriert haben müssen, und das hat dann auch geklappt, wir haben in den ersten Wochen schon mehrere Hundert Euro zusammengehabt, aber das hat natürlich nicht gereicht, die Restaurierung von so einem Bild in dem Maße, da kommt man schon auf 1000-1200 Euro, weil das auch eine sehr kleinteilige aufwändige Arbeit ist. "

    Nach der Restaurierung hofft Corinna Pohl mehr zu wissen über das Gemälde und dessen Maler. Erste Vermutungen gibt es schon. Einer der Nachfolger des Römers Guido Reni könnte es gewesen sein, doch der hatte derer viele in ganz Europa.