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Marina Weisband
Wie Medien über Künstliche Intelligenz berichten (müssen)

Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Art, wie wir leben. Doch wer definiert, was KI eigentlich ist? Die Medien tragen dabei eine große Verantwortung - denn sie beeinflussen mit ihrer Information über KI Entscheidungsträger. Um so wichtiger wird auch hier der Bildungsauftrag des Journalismus, meint Marina Weisband.

Von Marina Weisband | 18.10.2018
    Eine Roboterhand bildet eine Faust und stößt gegen eine menschliche Faust
    Künstliche Intelligenz wird unseren Alltag verändern (picture alliance / Julian Stratenschulte / dpa)
    Es ist schon sehr viele Jahre her, dass das heiße Thema das Web 2.0 war. Heute haben wir neue heiße Themen und Buzzwords, zu denen es unzählige Konferenzen in Wirtschaft und Politik geben muss. Die Verwendung von Buzzwords garantiert Investitionsgelder und Presseartikel.
    Letztes Jahr war es zum Beispiel: Blockchain. Heute drehen sich viele Konferenzen, Gremien und Zukunftsentwicklungen um künstliche Intelligenz (KI) und in vielen Punkten ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz tatsächlich hochinteressant und verändert nachhaltig die Art, wie wir leben und arbeiten werden. Nur, wie genau, ist völlig unklar. Und was genau das eigentlich ist.
    Marina Weisband
    Marina Weisband (Lars Borges)
    Ich habe mir mal Zeitungsartikel angeschaut, die über KI berichten. In der Zusammenfassung der Artikel entsteht ein interessantes Bild. Einige Artikel bezeichnen schon einfache Chatbots als künstliche Intelligenz, also im Prinzip Phrasendreschapparate, die eingegebene Schlüsselwörter erkennen und passende Antworten darauf ausgeben. Andere stellen die KI schon fast als weltumspannende, Menschen überlegene Omnipräsenz dar, die gottgleiche Schlüsse ziehen kann, die uns für immer verborgen bleiben würden. Gern wird das Ganze mit Big Data gemischt und spionierenden sozialen Medien. Als Artikelbilder sieht man häufig Androiden, ein Hinweis auf die Vermenschlichung der Technik, oder das rote Auge des Computers "HAL9000" aus dem Film "2001 A Space Odyssey", der sich gegen den menschlichen Astronauten auflehnt. So werden unbewusst Assoziationen zu Skynet und anderen Gruselvisionen geschaffen, in denen die künstliche Intelligenz sich ihrer selbst bewusst wird und die Menschen als überflüssigen Ballast oder Fehler im System eliminiert.
    Software, die das macht, was sie gelernt hat
    Dabei ist alles gar nicht so dramatisch. Künstliche Intelligenz hieß früher einfach Statistik und wurde schon damals als sehr nützlich erachtet. Das ist natürlich vereinfachend gesagt. Aber im Wesentlichen ist künstliche Intelligenz eine Maschine, die statistische Daten auswertet, Einzelfallsdaten damit abgleicht und Entscheidungen trifft. Das Besondere an einer KI ist, dass sie lernt. Es ist also keine Software, die das macht, was man ihr fest einprogrammiert hat. Sondern es ist Software, die das macht, was sie gelernt hat zu machen.
    Das sind jetzt gar nicht die Fragen, die mich akut interessieren. Was mich interessiert ist, woher die Menschen, die auf all den Konferenzen über KI sprechen, eigentlich ihr Wissen bekommen. Klar, die Wissenschaftler aus ihrem Forschungsfeld. Aber was ist mit den UnternehmerInnen, den PhilosophInnen, den Beiräten, PolitikerInnen, für die das eben nur ein Thema von vielen ist?
    Die Antwort ist erstaunlich oft: aus den Massenmedien. Bei Preisverleihungen und in politischen Vorträgen werden immer wieder Presseartikel zitiert. Sie werden zitiert als eine Quelle von Wissen - aber oftmals verkauft nach der emotionalen Aufladung. Hierzu gibt es rühmliche Gegenbeispiele, die den Hype um das Thema in einen angemessenen Rahmen einordnen. Aber es gibt auch eine lange Reihe von Negativbeispielen.
    Massenmedien mit Bildungsauftrag
    Je komplizierter die Welt wird, je mehr Themen ein Mensch verstehen muss, um eine Entscheidung zu treffen, desto wichtiger wird der Bildungsauftrag des Journalismus. Bildungsinhalte, die zu extrem wichtigen Entscheidungen führen, werden heute mehr und mehr auch über die Massenmedien vermittelt. Und das bringt eine völlig neue Verantwortung mit sich.
    Wie kann man Informationen gut aufbereiten und einordnen, ohne dabei langweilig zu sein - und wie kann man seine Erzeugnisse dabei auch noch verkaufen? Das wird sicherlich eine Frage sein, die Journalisten in Zukunft noch stärker umtreibt. Oder man sammelt Daten zu der Frage. Und lässt sie auswerten. Und automatisiert diese Auswertung und lässt sie automatisch neue Artikel generieren. Vielleicht ist KI nicht das Problem, sondern die Lösung? Himmel, ich hoffe, das ist noch weit weg.