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Mark Felt war "Deep Throat"

"Deep Throat”, die geheime Quelle der beiden Washington Post Reporter Bob Woodward und Carl Bernstein im Watergate-Skandal, entlarvte sich in dieser Woche nach über 30 Jahren des Stillschweigens selbst. Die amerikanischen Medien stürtzten sich auf die Enthüllung des Mannes, der entscheidend zum Fall der Regierung Nixon 1974 beitrug, wie die Raubtiere. Dabei wurde nur unzureichend diskutiert, wie wichtig anonyme Quellen für die Presse sein können.

Von Gerti Schön | 04.06.2005
    Als Bob Woodward und Carl Bernstein nach der Enthüllung von Deep Throat endlich auf den Sofas der einschlägigen Fernsehtalkshows sassen, kam unweigerlich die Frage auf: Wie konnte es nur passieren, dass der frühere FBI-Mann Mark Felt, alias Deep Throat, seine Story in dem Hochglanzmagazin Vanity Fair enthüllte, und die Washington Post nicht einmal davon wusste?

    Die beiden hielten sich zunächst an das jahrelange Schweigen, sahen aber schon bald ein, dass sich die Sache erledigt hatte. "Wir wollten ja nicht wie Idioten aussehen" sagte Woodward.
    Mark Felt wollte schlichtweg ein wenig Geld mit seiner Story machen, und nachdem Woodward ihm diese Bitte schon vor ein paar Jahren abgeschlagen hatte, wandte sich die Familie des 91-jährigen Felt an die Magazinpresse. Eine Menge Geld fiel am Ende auch durch den Vanity Fair Deal nicht ab, lediglich 10.000 Dollar zahlte das Magazin dem Anwalt der Familie aus, der die Magazingeschichte schrieb. Ein millionenschweres Honorar wird wohl auch dieses mal, wie schon so oft zuvor, Bob Woodward kassieren, wenn im Juli sein Buch über Deep Throat herauskommen wird. Doch Geld verdienen ist in Amerika nichts anrüchiges, und die meisten Kommentatoren stimmten der Einschätzung des früheren AP-Journalisten Michael Putzel zu, der damals über Watergate berichetete.

    "Woodward und Bernstein wurde schon vor langer Zeit Recht gegeben, was die Qualität ihrer Berichterstattung angeht. Und wir wissen noch immer nicht genau, was passiert ist, da gibt es noch einiges an spannenden Geheimnissen auszugraben. So gut die Geschichte in Vanity Fair auch war, Felt hat ihnen nicht alles erzählt, was er Woodward gegenüber zuvor schon preis gegeben hat."

    Merkwürdig wenig beeinflusste die Deep Throat Enthüllung die Debatte über den Einsatz anonymer Quellen in der Berichterstattung. Hatte doch erst vor kurzem Newsweek eine demütigende Schelte einstecken müssen, weil es sich bei einer Meldung über die Misshandlung des Korans beim Verhör arabischer Häftlinge auf einen solch ungenannten Informanten verlassen hatte und die Meldung zurückziehen musste. Michael Putzel verteidigt jedoch die Notwendigkeit anonymer Quellen und verweist auf Deep Throat:

    "Die Bedeutung der Rolle dieses Mannes als Informant ist unumstritten, ebenso die Stellung von Bob Woodward und der Washington Post, die ihn über all die Jahre geschützt haben. Das hat heute noch den gleichen Wert wie damals, weil es noch immer die wichtigste Rolle der Presse ist, der Regierung auf die Finger zu sehen. Und wir brauchen dabei Hilfe, manchmal auch von hohen Regierunggsbeamten, die es nicht riskieren können, ihren Namen in der Zeitung zu lesen. "

    Gleichzeitig warnen mehr und mehr Medienorganisationen ihre Reporter davor, sich auf ungenannte Informaten zu verlassen. Erst jetzt erliess nicht nur Newsweek sondern auch die New York Times neue Richtlinien für ihre Journalisten, die vorsehen sich nur im Notfall auf solche Quellen zu verlassen. Genava Overholser, Journalismusprofessorin an der Universität Missouri und frühere Ombudsfrau der Washington Post, singt dieses Lied schon seit langem.

    "Leider benutzten wir diese Quellen in einer verschwenderischen Art und Weise. Wir nutzen sie wenn es um unwichtige Informationen geht und setzen manchmal ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Als ich bei der Washington Post war, habe ich bestimmt ein dutzend Kolumnen geschrieben die auf das Problem hinwiesen, und dann hies es, ach die kommt vom Land und weiss nicht, dass wir in Washington häufig anonyme Quellen nutzen. Wir haben nie wirklich begriffen, wie viel Schaden man anrichten kann, wenn man sie zu oft nutzt. "
    Watergate-Reporter Carl Bernstein (links) und Bob Woodward
    Watergate Reporter Carl Bernstein, links, und Bob Woodward (AP)
    Mark Felt, präsentiert 1958 als FBI-Chef von Salt Lake, sein Schießkünste
    Mark Felt, präsentiert 1958 als FBI-Chef von Salt Lake, seine Schießkünste (AP)