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Markenzeichen

20 Überstunden in der Woche, oftmals unbezahlt - Alltag für engagierte Nachwuchskräfte in deutschen Architekturbüros. Ungeachtet der harten Arbeitsbedingungen ist der Beruf des Baumeisters aber für viele kreative Köpfe immer noch der Traumberuf. Wer sein Studium erfolgreich abschließt, ist mittlerweile froh, wenn er überhaupt Überstunden machen darf. Acht Prozent aller Architekten haben nämlich gar keinen Job. Der Berufsstand steckt in der tiefsten Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Rudolf Schäfer, Studiendekan an der Fakultät Architektur, Umwelt und Gesellschaft der Technischen Universität Berlin und Präsident der Dekane-Konferenz rät trotzdem niemandem von dem umfangreichen Studium ab. Wer aber nur visionäre Bauten im Sinn hat, nur gestalten will, den hat der Zeitgeist längst überholt.

Von Susanne Arlt |
    Ich würde ihm zuraten, in diesem Studium sich auch schon frühzeitig zu überlegen ob er sich nicht schon bestimmte Spezialitäten aneignen will. Zum Beispiel könnte er überlegen, ob er sich mit den ökonomischen oder mit dem Managementproblemen, die beim Bauen auftauchen, befasst, er könnte sich mehr in die Denkmalpflegerichtung orientieren. Er könnte sich sehr stark machen im Bereich der Konstruktion und Gebäudetechnik. Das sind alles Bereiche, die stärker als Profilbildung genutzt werden könnten.

    Kern eines Architekturstudiums bleibe zwar das Gestalten, sagt Rudolf Schäfer. Viele Studenten müssen allerdings zwangsweise ihre Interessen breiter gestalten, denn immer weniger Absolventen arbeiten später auch als Architekten. Schäfer bietet darum an der Architektur-Fakultät der TU-Berlin ein Zusatzseminar an: "Standort und Projektentwicklung für Architekten". Auf einen Schlag haben sich 60 Studenten aus dem Hauptstudium dort angemeldet.

    Die Studierenden wollen Kreativität lernen, soweit man das kann. Üben, trainieren, entwickeln, aber sie wollen auch heute, gerade die jüngste Generation will auch heute ganz klar wissen, was am Ende auch geht.

    Leistungsbereiche müssen darum wieder ereitert werden, meint Schäfer. Neben dem Entwurf müsse ein modernes Architekturstudium auch Ausführungsplanung, Genehmigungsplanung, Bauleitung oder Projektentwicklung anbieten. Schäfer hofft,

    …dass gerade jetzt die Debatte um Bachelor und Master auf der Ebene der neuen Masterstudiengänge nicht nur die Chance gibt, sondern tatsächlich auch als Chance verstanden wird in diese Richtung zu gehen. Wir haben ja heute wieder in unserer Diskussion erlebt, wir machen immer so Reihumberichte, dass die meisten Hochschulen dabei sind, auf der Masterebene eine Differenzierung anzubieten und das geht eigentlich schon in diese Richtung.

    Studenten sollen künftig also auch für den Einstieg in andere Berufe qualifiziert werden. Die Bauhaus Universität Weimar biete dafür schon jetzt eine tendenziell gute Grundlagen, meint Gerd Zimmermann, Studiendekan an der Architektur-Fakultät der Bauhaus-Uni.

    Wenn Sie in Weimar studieren, Sie die Chance haben, auch die Nachbardisziplinen der Bauhausuniversität zu ergreifen und dort Brücken zu schlagen zu den Ingenieuren, zu den Bereichen der Kunst, des Design, aber auch zum Bereich der neuen Medien, für den wir zum Beispiel eine eigene Fakultät haben. Die Ausbildung sie ist hier sehr kreativ, auch zentriert um den architektonischen Entwurf, aber auch nicht verflacht in diesem Sinne. Das heißt, was die Studenten lernen müssen ist ja sozusagen das Ganze zu denken und es kreativ zu behandeln.

    Ganz nach Bauhaus-Tradition sozusagen. Zimmermann betont jedoch, dass die konzeptuelle Arbeit nicht geschmälert werden dürfe. Kreatives Denken, Entwürfe gestalten, diese elementaren Grundbausteine des Architekturstudiums sollen nicht reduziert, sondern vielmehr mit zusätzlichen Elementen optimiert werden. Wer trotz aller Schwierigkeiten unbedingt einen Job als Architekt haben will, der muss heute allerdings nicht nur global denken, sondern auch bereit sein, global zu leben. Während hierzulande die Baubranche stockt, erlebt die asiatische oder arabische Bauwirtschaft nämlich einen wahren Boom. Viele Hochschulen wie beispielsweise die Bauhaus-Universität in Weimar, bereiten ihre Studenten darauf vor. Gerd Zimmermann bekräftigt,

    ...dass wir die Ausbildung auf die globale Szenerie auslegen müssen. Also die müssen sprachfähig sein, sie müssen wirklich hohe Qualität haben in der Ausbildung, und das ist unser Ziel.

    Die meisten der 25 Hochschuldekane für Architektur sehen dem neuen Bachelor-Master-System eher skeptisch entgegen. Derzeit muss ein Architekturstudent acht Semester Studium nachweisen, um die Zulassung an der Kammer zu erhalten. Erst sie berechtigt zum Titel "Architekt". Als Schmalspurausbildung bezeichnen darum viele Dozenten den sechssemestrigen Bachelorstudiengang, der ab dem kommenden Wintersemester an den meisten Fakultäten angeboten wird. Rudolf Schäfer, Präsident der Dekane-Konferenz, sieht dagegen in dem aufbauenden viersemestrigen Masterstudiengang eine große Herausforderung für die Dekane und eine große Chance für die neue Architekten-Generation.

    Der Architekturabsolvent bringt ja Fähigkeiten mit in die Gesellschaft ein, die nicht von Pappe sind. Kreativitätstraining in einer systematischen Form wie in kaum einem anderen Studium, technisch konstruktive mindestens Grundkenntnisse wenn nicht mehr, räumliches Denken. Wenn sie das mit einigen anderen Potenzialen oder Fähigkeiten paaren könnten, dann würde man da Enormes rausholen.