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Marketing und Fundraising für Kunst und Kultur

Nach Auffassung von Becky Ann Gilbert vom Deutschen Fundraising Verband Berlin können die deutschen Kultureinrichtungen viel vom Erfolg der MoMA-Austellung in Berlin lernen. Ohne das Engagement von Privatpersonen wäre dieses Projekt nie ins Leben gerufen worden. Auch für das Fundraising in Krisenzeiten gebe es Beispiele, wie die Aktivitäten für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche oder für die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar, so Gilbert weiter.

Becky Ann Gilbert im Gespräch |
    Doris Schäfer-Noske: Private Kunstsammler, Mäzene, Spender und Sponsoren, wenn die öffentlichen Gelder fehlen, werden sie immer wichtiger. Neben Kultureinrichtungen bemühen sich aber auch Hilfsorganisationen, soziale Einrichtungen und unzählige Vereine um die Gelder derjenigen, die etwas übrig haben. Das stellt Kulturmanager zur Zeit vor große Herausforderungen. Nicht nur gehen die Zuschüsse kontinuierlich zurück, auch die Erwartungen der Besucher sind gestiegen. Wenn man vom weniger gewordenen Geld etwas für Kultur ausgibt, dann soll es auch für etwas Besonderes sein. Einen riesigen Erfolg konnte im Sommer des vergangenen Jahres die Ausstellung des New Yorker Museums of Modern Art in Berlin verbuchen. Auf einer Tagung der evangelischen Akademie Bad Boll soll es unter anderem darum gehen, was Kultureinrichtungen in Deutschland aus diesem Erfolg lernen können. Ich habe Becky Ann Gilbert vom Deutschen Fundraising Verband danach gefragt.

    Becky Ann Gilbert: Ich denke, dass die deutschen Kultureinrichtungen sehr viel von diesem Erfolg lernen können. Unter anderem, dass es funktionieren kann, dass Privatpersonen sich engagieren für einen Bereich und dafür sorgen, dass ein Projekt auf die Beine gestellt wird, das ansonsten nie ins Leben gerufen worden wäre. Dieses Projekt ist unter anderem durch den Freundeskreis der Neuen Nationalgalerie in Berlin zustande gekommen. Ohne Peter Rau, ein großer Mäzen dieses Hauses, wäre dieses Projekt nie ins Leben gerufen worden. Ich denke, das zeigt, dass Engagement in Deutschland vorhanden ist, man muss jetzt einfach dieses Engagement aufbauen und natürlich auch Förderer für die Häuser gewinnen.

    Schäfer-Noske: Nun ist ja aber auch ein Grund für den großen Erfolg der MoMA-Ausstellung einfach dieser Name, das Museum of Modern Art.

    Gilbert: Ich meine der Name ist natürlich ein großer Name, hat eine gewisse Strahlkraft und so ist es auch möglich geworden, dass Menschen, die sich normalerweise nicht so sehr für Kultureinrichtungen oder für Kunsteinstellungen interessieren auch trotzdem in dieses Haus gegangen sind, weil es einfach gelungen ist, aus diesem Namen auch eine Marke zu kreieren. Im Sinne, dass ein Publikum, was sich normalerweise nicht für Kunst interessieren würde, gesagt hat, ja ich gehe auch dorthin und ich gehe nicht nur dorthin, sondern ich stelle mich an, ich warte lange in der Schlange, damit ich mir diese Kunstwerke anschauen kann.

    Schäfer-Noske: In den USA ist Fundraising für die Kultur ja an der Tagesordnung. Wie weit ist denn die Entwicklung in Deutschland bisher gediehen?

    Gilbert: Wir sehen an dieser Tagung, die zum zweiten Mal in diesem Jahr stattfindet, dass es viel mehr geworden sind als letztes Mal. Das letzte Mal waren es über 50, diesmal sind wir über 70, dazu kommen auch die zwanzig Experten, die wir eingeladen haben, über ihre Erfahrungen und über ihr Wissen zu berichten.

    Schäfer-Noske: Wo gibt es denn bereits erfolgreiche Beispiele für das Fundraising kultureller Einrichtungen in Deutschland?

    Gilbert: Beispiele gibt es eigentlich mehr als man eigentlich denken möchte, abgesehen vom MoMa. Die Bayerische Staatsoper zum Beispiel ist extrem aktiv in dieser Hinsicht, auch die Schirmkunsthalle in Frankfurt am Main, aber auch kleinere Einrichtungen, in Köln zum Beispiel hat das Theater am Bauturm sehr erfolgreich einen Freundeskreis aufgebaut, der eine lebenswichtige Unterstützung an diese Einrichtung gibt. Auch für Fundraising in Krisenzeiten gibt es sehr gute Beispiele, zum Beispiel die Fundraisingaktivitäten für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche oder für die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar.

    Schäfer-Noske: Welche Techniken und Methoden lassen sich denn aus den USA auf Deutschland übertragen?

    Gilbert: Fast alle, weil Fundraising davon lebt, dass man Beziehungen aufbaut und Beziehungen muss man auch in Deutschland aufbauen können. Wir sehen auch in den sozialen, karitativen Bereichen, dass es vielen Organisationen gelungen ist, auch Partner und Förderer für diese Einrichtungen zu gewinnen.

    Schäfer-Noske: Beim Fundraising, Sie haben die Dresdner Frauenkirche angesprochen, es sind ja doch Mainstreamprojekte, die im Vorteil sind, die die breiten Massen anziehen. Experimente haben es doch bei Geldgebern schwerer. Inwieweit kann sich denn auch für experimentelle und, ich sage einmal, weniger massentaugliche Kulturprojekte Marketing und Fundraising lohnen?

    Gilbert: Das lohnt sich für jede Kultureinrichtung, weil jede Kultureinrichtung natürlich davon lebt, dass diese Kultureinrichtung Publikum hat. Ich denke, dass das Fundraising möglich ist für alle Organisationen. Auch dort ist der soziale Bereich viel weiter voran geschritten als der kulturelle Bereich. Aber ich denke, wenn man anfängt, wer interessiert sich für uns, wer ist an unserer Arbeit interessiert und wer ist für unsere Art von experimenteller Arbeit offen, dann wird man auch fündig werden, wenn es darum geht, Freunde für die Organisation zu gewinnen.

    Schäfer-Noske: Manche Städte wie Bremen haben eine große Tradition in Bezug auf das kulturelle Engagement von Bürgern. Inwieweit kann man denn in Deutschland in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und wachsender Armut wie jetzt an solchen Traditionen noch anknüpfen?

    Gilbert: In der Tat ist es natürlich schwierig, wenn man überall hört, dass Einrichtungen geschlossen werden, dass Arbeitslosenhilfe gestrichen wird und dass Menschen es einfach schwieriger haben, finanziell gesprochen. In der Tat sieht man auch, dass es von Region zu Region Unterschiede gibt. Zum Beispiel ist der Süden Deutschlands viel spendenfreudiger als der Norden. Wenn man sieht, wie wichtig die Kunst ist für die Bildung in diesem Lande, auch für die Lebensqualität in den Städten und in den Gemeinden, dann kann man sehr wohl auch dafür sorgen, dass Freunde langfristig für die Häuser gewonnen werden können.

    Schäfer-Noske: Becky Ann Gilbert war das vom Deutschen Fundraising Verband anlässlich einer Tagung über Fundraising für Kunst und Kultur in Bad Boll.