Die Berliner Autorin Helga Bemmann, deren etwas bescheidener "Porträt" genanntes Buch über Marlene Dietrich ebenfalls gerade erscheint, geht unambitionierter an ihren Gegenstand heran, aber ihr Text ist ertragreicher und sympathischer. Ihr Schlüssel zum Phänomen und zum Leben der Dietrich ist nicht deren erste Karriere als Filmstar, sondern die zweite Karriere als Chansonette und Diseuse. Helga Bemman rollt Marlene Dietrichs Leben am Faden der Musik auf, angefangen von der Ausbildung zur Konzertgeigerin, die durch eine Sehnenscheidennentzündung endete, über die Interpretation der Schlager von Friedrich Hollaender bis zu dem Gesangsrepertoire der 60jährigen Dietrich. So kommt Helga Bemmann erst gar nicht in die fatale, mit Konkurrenz aufgeladene Situation, sich an einer lkonographie abarbeiten zu müssen.
Abgesehen davon ist ihr Buch besser recherchiert und aufregender bebildert. Es enthält eine Fotographie, die Marlene an einem ihrer Lieblingsinstrumente zeigt, der singenden Säge, die sie auch in Hollywood immer dabei hatte, und ein Foto, auf dem die berühmteste Deutsche des Jahrhunderts dem französischen Schauspieler Jean Gabin auf der Geige verspielt. Aber auch Helga Bemmann kann nicht zaubern. Wirklich Neues über Marlene gibt es eben nicht.
Und so ist das Interessanteste an beiden Dietrich-Büchern der unmittelbare "Vergleich" den ihre Gleichzeitigkeit ermöglicht. Eine Studie über die tendenziöse Verwertung von Fakten und Mitteilungen ließe sich anhand der zwei Arbeiten verfassen. So weiß man beispielsweise, daß Marlene Dietrich sehr gut und gern kochte, gern Freunde bewirtete und überhaupt gern im Haushalt herumwirtschaftete. In Heinzlmeier Ermittlung gegen den Mythos wird daraus ein weiteres Beweisstück der Durchschnittlichkeit, ja geheimen Biederkeit der mondänen Dame, bei Helga Bemmann dagegen ein Element im Porträt einer sympathischen Frau, die nicht nur die Beine übereinander schlagen, sondern auch zupacken konnte und gelegentlich die Wohnung von Freunden aufräumte, wenn diese krank im Bett lagen.