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Mars-Tagebuch: Das bisschen Haushalt

Mars-Tagebuch. - In seinem heutigen Tagebucheintrag beschreibt Guido Meyer das, was man "Housekeeping" nennt. Denn abseits aller Experimente muss ein autark existierendes Weltraumhabitat erst einmal schlicht am Leben erhalten werden, bevor es daran gehen kann, die fremde Welt vor der Wohnungstür zu erkunden.

Von Guido Meyer |
    Der Tag von Steven Winikoff beginnt gegen sieben Uhr dreißig. Dann strahlt bereits seit mehr als einer halben Stunde die Sonne über dem wolkenlosen Mars. Das Habitat wacht auf - Zeit, die Systeme anzuschmeißen. In der unteren Etage der Mars Desert Research Station befindet sich eine Maschine namens "Inverter". Sie überwacht Energiezufuhr und Energieverbrauch während des Tages und während der Nacht. Das Habitat selbst wird durch Batterien mit Strom versorgt, die in der Erde unter der Station vergraben sind. Wie bislang jeden Morgen ist auch heute wieder alles in Ordnung - kein Totalausfall aller Systeme über Nacht.

    Durch den Hinterausgang geht es hinaus auf den Mars. Zwar gibt es auch hier eine Luftschleuse. Ihr Einsatz wird jedoch großzügig gehandhabt. Die Station selbst und der Stromgenerator draußen, hinter dem nächsten Hügel, sollen durch einen gedachten Tunnel miteinander verbunden sein, so dass für derartige Routineaufgaben keine Raumanzüge erforderlich sind. Bei diesem Krach wird es jetzt für die kommenden drei bis vier Stunden bleiben. Solange braucht der Generator, der mit Diesel gespeist wird, um die Batterien der Station aufzuladen. An Bord des Habitats ist davon jedoch nichts zu hören.

    Nun kann Steven vorerst nichts weiter tun. Zeit für Besinnung: Er sei im Wesentlichen bei der Mission Artemis dabei, weil er an Reisen durchs All glaube, an die Erforschung des Universums und an die Nutzbarmachung des Weltraums. Seit der Kanadier mit sechs Jahren die erste Mondlandung verfolgt habe, habe ihn diese Faszination nicht mehr verlassen.

    Mittag auf dem Mars. Der Bordingenieur macht seine nächste Runde. Wieder bleibt der sperrige Raumanzug in der Station zurück. Sonnenhut und Sonnenbrille müssen reichen: Unter diesem Gullideckel befände sich der Abwassertank, in den alles in der Station verbrauchte Wasser hineinfließe. Bevor es im Gewächshaus recycelt werden kann, muss es aufbereitet werden. Da er nun aber den Generator abstellen wolle, werde er auch diese Pumpe vorübergehend ausschalten, um nicht zu viel Strom zu verbrauchen, so der Mann aus Montreal.

    Die marsübliche Stille kehrt zurück. Gedanken: Auf der Erde gebe es nicht genügend Zukunft, findet Steven. Es gebe zu viele Probleme, die man ganz leicht lösen könne, wenn man den Planeten verließe. Das ginge natürlich nicht für die gesamte Menschheit, aber wenn man nur die ganze Schwerindustrie auf den Mond oder auf einen Asteroiden verlegen könnte, wäre für die Lebensqualität hier unten schon viel gewonnen.

    Dass es nach einer Woche Mars-Simulation keine größeren Pannen und Ausfälle gegeben hat, ist zum einen eine Ausnahme und zum anderen Stevens Verdienst. Wenngleich die Arbeit eines Bordingenieurs meist im Hintergrund geschieht und die Experimente der übrigen Crew unterstützen soll. Genau das jedoch gefällt Steven Winikoff.
    Bordingenieur Winikoff inspiziert den so genannten Inverter.
    Bordingenieur Winikoff inspiziert den so genannten Inverter. (Guido Meyer)
    Wieder haben die Generatoren der Station eine Nacht durchgehalten.
    Wieder haben die Generatoren der Station eine Nacht durchgehalten. (Guido Meyer)
    Wasser ist lebenswichtig auf dem Mars - auch in Utah.
    Wasser ist lebenswichtig auf dem Mars - auch in Utah. (Guido Meyer)