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Maschinen aus dem Netz

Bislang werden Programme überwiegend lokal installiert und klassisch von CD aufgespielt. Doch Analysten erwarten, dass in Zukunft immer öfter Software und gar ganze virtuelle Computer mit der gewünschten Ausstattung aus dem Internet bereit gestellt werden.

Von Achim Killer | 16.08.2008
    In den Rechenzentren der Unternehmen ist Virtualisierung bereits gang und gäbe. Die Administratoren packen mehrere so genannte virtuelle Maschinen auf einen Server und sparen so Strom. So eine virtuelle Maschine stellt man sich am besten wie eine richtige vor – nur eben ohne Hardware. Ein Betriebssystem ist installiert und einige Anwendungsprogramme. Damit die virtuellen Maschinen laufen können, muss der physische Rechner nur über einen Hypervisor verfügen. So nennt man das Stück Software, das den virtuellen Maschinen eine standardisierte Hardware-Konfiguration vorgaukelt und ihnen Rechenleistung zuteilt. Diese Technik werde den Software-Vertrieb revolutionieren, ist man beim Beratungshaus Gartner überzeugt. Programme würden künftig zusammen mit den dafür benötigten Betriebssystem-Funktionen auf virtuellen Maschinen installiert und so ausgeliefert. Von Software-Appliances, Software-Geräten; spricht der Analyst David Cearley:

    "Software-Geräte, wie wir sie nennen, werden sehr populär werden. Sie stellen einen neuen Vertriebsweg für Programme dar. Anstatt ein Stück Software auszuliefern, das man mit anderen Programmen auf seinem Rechner installiert, kommt es in einem Container, einer Art Software-Blase zusammen mit einem bekanntem Betriebssystem und anderen bekannten Systemprogrammen, und es ist sofort lauffähig. So kann die Umgebung hinsichtlich der Sicherheit besser kontrolliert werden. Und das gleiche gilt für die Konfiguration und die Interaktion mit anderen Programmen."

    Und sein Kollege Andrew Butler erwartet, dass die Software, die nötig ist, um virtuelle Maschinen und Geräte zum Laufen zu bringen, bald so selbstverständlich auf allen Computern vorhanden sein wird wie heute ein Betriebsystem.

    "Wir glauben, dass sehr schnell alle neuen Rechner, seien es Server oder PCs, mit Hypervisors ausgerüstet werden. Die Hersteller können sie beispielsweise schon vorinstallieren. Hypervisors werden allgegenwärtig."

    Sehr viele Software-Appliances stehen auf der Site von VMWare. Bei den schönsten handelt es sich um komplette Linux-Installationen, Ubuntu beispielsweise, manchmal mit zusätzlichen Anwendungsprogrammen. Sie sind gratis und laufen auf dem ebenfalls kostenlosen Player des Unternehmens als Hypervisor. Rein wirtschaftlich interessanter sind allerdings die, für die ihre Entwickler Geld sehen wollen. Richard Garsthagen von VMWare:

    "Auf unserer Site werden 40 Appliances zum Verkauf angeboten. Dabei geht es meist um Anwendungsprogramme für Unternehmen. IBM hat da beispielsweise ein Software-Gerät für die Netz- und E-Mail-Sicherheit. Die Appliances sind alle von kommerziellen Organisationen erstellt."

    Allerdings mischt nicht nur VMWare mit im Virtualisierungsgeschäft, sondern auch Microsoft, Citrix und Sun. Und Software-Appliances, die für den Hypervisor von Microsoft gebaut worden sind, laufen in der Regel – wie könnte es anders sein - nicht auf dem von Sun. Die Inkompatibilität reicht halt selbst bis in die Virtualität.

    "Aber es gibt mittlerweile einen offenen Standard, wie Software auf virtuelle Maschinen gepackt, also in Form von einigen Dateien gespeichert werden kann. Der ist Plattform-unabhängig, der offene virtuelle Maschinen-Standard. Damit können Appliances gebaut werden, die sowohl in einer VMware-, als auch einer Citrix- oder einer Microsoft-Umgebung ablaufen. Denn all diese Unternehmen unterstützen diesen Standard."

    Und das könnte den Software-Vertrieb tatsächlich revolutionieren. Microsoft allerdings dürfte Probleme bekommen. Denn auf den meisten Appliances ist Linux installiert und das aus gutem Grund: Windows kostet Geld. Linux hingegen kann gratis zusammen mit einer kostenlosen oder kommerziellen Anwendung auf eine virtuelle Maschine gepackt werden.