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Massenandrang an Universitäten

Es wird voll an Deutschlands Universitäten: Durch die Aussetzung der Wehrpflicht und die Schulreform G8 bewerben sich weitaus mehr Abiturienten um einen Studienplatz als zuvor. Ein guter Abischnitt und Flexibilität bei der Wahl des Studienortes sind Voraussetzung, einen der raren Plätze zu ergattern.

Von Alexandra-Christina Hilmer | 23.09.2011
    Jost wartet auf dem Campus der Universität Bochum. Zum Glück nicht mehr auf einen Studienplatz, sondern nur darauf, dass seine Wartenummer endlich angezeigt wird. An der Universität Bochum immatrikulieren sich so viele Studenten, dass es ein Wartenummernsystem wie auf dem Amt gibt. Der 20-Jährige hat Zeit zu erzählen, wie sich die Situation für Uni-Bewerber allein im letzten Jahr verändert hat.

    "Ich habe von einem Freund gehört, der ist bereits immatrikuliert seit zwei Semestern, der macht sein Bauingenieursstudium und der hat damals angefangen, da war das Studium noch zulassungsfrei, also keine Zulassungsbeschränkung. Er hatte, glaube ich, ein relativ schlechtes Abi, sage ich jetzt mal so und ist trotzdem reingekommen und dieses Jahr liegt die Bewerberzahl um 3000 höher, sprich statt 200 3200 Bewerber und der Numerus Clausus ist somit auf 1,2 geklettert. Also das ist natürlich schon eine heftige Sache."

    Auch Jost hat ein bisschen gezittert, ob er einen Studienplatz in Bochum bekommt. Dort studiert bereits seine Freundin, seine Heimatstadt Recklinghausen liegt in der Nähe, und letztes Jahr im Herbst, als er noch Zivildienst gemacht hat, da hätte er auch problemlos einen Studienplatz bekommen.

    "Ich glaube es war auch gerade im Vergleich zum Vorjahr durchaus nicht einfach, weil ich mit meinem Abischnitt – ich sage es jetzt einfach mal – ich hatte einen Numerus Clausus von 2,1, da hätte ich letztes Jahr problemlos mich mit immatrikulieren können, da der Numerus Clausus bei 2,6 lag für Rechtswissenschaften und dann habe ich aber noch den Zivildienst gemacht, zwei Wartesemester dementsprechend auch angerechnet bekommen und bin jetzt aber dieses Mal nicht problemlos reingekommen, sondern stand erst noch auf der Warteliste."

    Auch Karin Assheuer wartet auf dem Campus darauf, dass ihre Wartenummer angezeigt wird. Noch eine gute Stunde, dann ist sie Studentin auf Lehramt für Spanisch und Geschichte, an der Uni Bochum. Karin Assheuer kommt aus Braunschweig und hat sich an insgesamt fünf Universitäten beworben – nicht in Niedersachsen sondern nur in Nordrhein-Westfalen.

    "Also erst mal gibt es hier ja keine Studiengebühren, die es ja in Niedersachsen noch gibt und dann – meine Oma wohnt hier in Bochum und deswegen dachte ich, ich würde auch gerne hierhin – deswegen bin ich dann hier nach Bochum gekommen."

    Aber es ist nicht nur die Großmutter, die Karin Assheuer nach Bochum zieht. Die zierliche 19-Jährige und ihre Klassenkameraden gehören zu diesem besonderen Abiturjahrgang, den es gleich doppelt gibt.

    "Jetzt auch nach dem Abitur hat man auch irgendwie schon das Gefühl da kommt so der Druck und man muss sich dann schnell bewerben und auch möglichst viel, welche die hatten dann 20 Bewerbungen geschrieben und so. Ja und man hat das gemerkt, dass es mehrere waren, die das Abi dann halt hatten und nicht nur ein Jahrgang, sondern gleich zwei. Ich kenne auch viele, die sich gleich für mehrere Fächer beworben haben, weil sie Angst hatten nichts zu bekommen und was jetzt eher schwieriger ist, ist die Wohnungssuche. Also da habe ich von vielen gehört, dass da jetzt nicht unbedingt leicht was zu finden ist."

    Der künftige Jurastudent Jost hat in diesem Sommer bei der hohen Bewerberzahl lieber nichts dem Zufall überlassen und das ist auch der Grund, warum er seinen Nachnamen lieber nicht im Radio hören möchte. Jost wollte mit seinem guten, aber eben nicht sehr guten, Abitur unbedingt einen Studienplatz.

    "Ich werde mich jetzt schon immatrikulieren, ich hatte mich beworben, bin dann auch nach einer kurzen Wartezeit angenommen worden, mache das jetzt so, weil ich kurzfristig ein Angebot bekommen habe, noch mal ins Ausland zu gehen für ein halbes Jahr, dass ich mich wohl schon einschreiben werde – es ist nicht unbedingt ganz richtig. Allerdings habe ich wirklich die Befürchtung, dass wenn ich aus dem Ausland wiederkomme und mich fürs nächste Sommersemester bewerbe, dass ich dann keinen Platz mehr bekomme. Deswegen werde ich mich jetzt schon immatrikulieren, aber de Facto keine Kurse belegen."

    In den nächsten Jahren wird sich die Situation für Studienbewerber nicht entschärfen: Während 2012 nicht nur diejenigen weiter einen Studienplatz suchen, die in diesem Herbst erfolglos sind, machen zudem gleich in vier Bundesländern zwei Jahrgänge parallel ihr Abitur.