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Massenweine aus down under

Australien überschwemmt Deutschland mit Massenweinen. Ein Blick in die Statistik zeigt: Seit 1998 kletterte der Weinimport aus down under um fast 65 Prozent - Tendenz steigend. Grund für diese Entwicklung sind einmal aggressive Marketingstrategien, aber auch Anbau- und Keltermethoden, die in Europa entweder unüblich oder sogar verboten sind. Bei einem Besuch im Hunter-Valley nördlich von Sydney, einem der großen Weinanbaugebiete des Landes, hat sich Mirko Smiljanic die Situation angesehen.

von: Mirko Smiljanic |
    Australien überschwemmt Deutschland mit Massenweinen. Ein Blick in die Statistik zeigt: Seit 1998 kletterte der Weinimport aus down under um fast 65 Prozent - Tendenz steigend. Grund für diese Entwicklung sind einmal aggressive Marketingstrategien, aber auch Anbau- und Keltermethoden, die in Europa entweder unüblich oder sogar verboten sind. Bei einem Besuch im Hunter-Valley nördlich von Sydney, einem der großen Weinanbaugebiete des Landes, hat sich Mirko Smiljanic die Situation angesehen.

    Hunter Valley, etwa 100 Kilometer nördlich von Sydney: Weinstöcke, so weit das Auge reicht. Cabernet Sauvignon, Pinar Noire, Merlot. Eine liebliche Landschaft mit viel Sonne und fast idealem Boden. Seit Großbritannien Ende des 18. Jahrhunderts die ersten Sträflinge nach Australien brachte, bauen vor allem schottische Einwanderer hier Weine an. Von Anfang an dabei der McGuigen-Clan, der heute noch die Fäden in Händen hält.

    Die anderen beiden Traubenarten, die wir hier anbauen, erzählt unser Führer Derril Smith, sind Semmillon, die sehen Sie hier links auf dem Hügel, aber auch Chardonnay.

    Mit tropisch-fruchtigem Touch, versteht sich, denn genau den suchen zunehmend deutsche Kunden. Kein Problem für Australiens Önologen, die dabei freilich mitunter Methoden jenseits der reinen Lehre anwenden. Auffallendster Unterschied zu Europa: Es gibt keine geschlossenen Weinanbaugebiete, Australiens Konzerne kaufen Trauben aus dem gesamten Kontinent auf, mischen sie und produzieren daraus den Wein. Im Falle der McGuigen-Brüder sind dies immerhin 14 Mio Liter pro Jahr. Weinanbau ist in down under eine Getränkeindustrie, in die übrigens immer mehr Brauerein einsteigen. Effektivität, sagt die seit 30 Jahren in Australien lebende Deutsche Christiane Gertelmann, ist dabei oberstes Gebot.

    Diese Anlage für die Faschenabfüllung wird nicht nur von diesem Weingut benutzt, es verbreitet sich immer mehr eine Spezialisierung in der Weinproduktion: Es gibt Firmen, die nur abfüllen, andere produzieren nur die Etiketten, die Abfüllfabrik dort unten nutzen natürlich noch andere Weingüter.

    Effektiv gehen Australiens Weinproduzenten auch auf anderen Gebieten vor. Natürliche Hefestämme werden natürlich nicht benutzt, ihre Verhalten beim Gärprozess gilt als unberechenbar. Und um Weine klar zu machen, nutzen Australiens Önologen regelmäßig Bentonit.

    Bentonit ist ein vulkanischer Ton aus Montana in den USA, mit dem sich trübe Anteile aus dem Wein herausfiltern lassen. Der Ton wird dem Wein zugesetzt, er dehnt sich aus, bindet Schwebeteilchen und setzt sich schließlich am Boden des Fasses ab. In Deutschland ist dies ein unübliches Verfahren. Bezogen auf den Verkauf, können sich die Resultat aber sehen lassen: Australische Weine sind beliebt wie nie.

    Im Moment, erzählt Derril Smith, sind die beliebtesten Weine Chardonnays - der ganz besonders - außerdem Merlot und Shiraz.

    Ein 2000er Merlot wird eingeschenkt, leichter Eindruck von Johannesbeere und Pflaume. Anschließend ein 99er Shiraz. Trockener in Eichenfässern ausgebauter Wein, mit einem Anflug von Säure. Was nicht verwundert. Bei Bedarf werden Shiraz-Weine mit Vitamin C und Apfelsäure aufgepäppelt. In gewisser Weise zählen sie also zum functional food. Lagerfähig sind diese Weine übrigens nicht. Untersuchungen haben ergeben, dass in Australien zwischen dem Kauf einer Flasche Wein und dem Trinken durchschnittlich nur 37 Minuten vergehen. Cheers!