Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv


Master der Verbrechensbekämpfung

Ab dem kommenden Wintersemester können Studierende an der Ruhr-Universität Bochum den einjährigen Masterstudiengang "Kriminologie und Polizeiwissenschaft" belegen. Der Studiengang richtet sich ausdrücklich auch an Polizisten. Die jedoch werden für den höheren Dienst an der Polizei-Führungsakademie in Münster-Hiltrup ausgebildet, einer Akademie, die bald selbst zu einer kleinen Hochschule mit Masterabschluss werden will.

Von Kai Toss | 08.07.2005
    Ab dem kommenden Wintersemester haben 20 Studierende die Möglichkeit, an der Ruhr-Universität Bochum den einjährigen Masterstudiengang "Kriminologie und Polizeiwissenschaft" zu belegen, sagt Frank Fischelmanns, Mitarbeiter an der Juristischen Fakultät.

    " Es wird eine Lücke geschlossen, weil wir in Deutschland als erste einen weiterbildenden Studiengang in "Kriminologie und Polizeiwissenschaft anbieten, mit konkretem Praxisbezug, wo in zwei Semestern ein internationaler Abschluss erworben werden kann."

    Berufserfahrung wird von den Bewerbern auf einen Studienplatz erwartet.

    " Die Zielgruppe für unseren Studiengang, das sind sowohl Juristen mit einem abgeschlossenen Studium, als auch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, aber auch Sozialarbeiter, Psychologen, Pädagogen. Im Prinzip alle, die über ein abgeschlossenes Hochschulstudium verfügen und die mindestens eine einjährige Berufserfahrung haben. Und die eine entsprechende Nähe zur Polizeiwissenschaft vorweisen können."

    Es geht dabei um eine effektive Kriminalitätsbekämpfung im Verbund von Polizei und sozialen Berufen.

    " Da haben wir ein konkretes Beispiel, auch aus den Lehrveranstaltungen, die wir für das kommende Wintersemester planen. Und zwar wird es da ein Praxisprojekt geben zum Thema Gewalt im Stadion im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft 2006. Da werden einfach kriminaltaktische Maßnahmen kennen gelernt, die zur Bewältigung eines zu großen Publikumereignisses erforderlich sind."

    Der Studiengang richtet sich ausdrücklich auch an Polizisten. Die werden jedoch für den höheren Dienst an der Polizei-Führungsakademie in Münster-Hiltrup ausgebildet, stellt deren Präsident Klaus Neidhardt klar. Deshalb steht die Akademie dem Bochumer Masterstudiengang zurückhaltend gegenüber. Die polizeiinterne Ausbildung beinhalte all das, was Führungskräfte in der Polizei wissen und können sollen, so Neidhardt:

    " Das sind polizeispezifische Fächer wie Einsatzlehre, also das Führen größerer Einsätze mit bis zu Tausenden von Beamten, natürlich auch das Führen von Dienststellen, auch Fächer wie Kriminalistik, Kriminologie. Kontrolle der Kriminalität ist ja eine der Hauptaufgaben der Polizei, Verkehrssicherheitslehre, solche polizeinahen Fächer, aber auch Psychologie, Rechtswissenschaft, Polizeigeschichte, Politikwissenschaft und ähnliche Inhalte."

    Die Polizei bildet ihre Führungskräfte selber aus. Die Beamten müssen überdurchschnittliche Leistungen im Beruf zeigen, nachdem sie an einer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung ein Diplom erworben haben. Erst dann können sie die Akademie besuchen. Aus ihr soll schon Anfang kommenden Jahres eine Hochschule werden. Deren Absolventen können sich dann sogar mit einem Master schmücken.

    " Dann sind wir eine kleine Spezialhochschule, für eine spezielle Berufsgruppe, mit einem bestimmten Thema: Innere Sicherheit, Polizeiwissenschaft, das nach den qualitativen Maßstäben alles das einlösen will, was mit einer Hochschule und einem Hochschulstudium verbunden ist, was aber andererseits polizeispezifische Inhalte, Methoden und Kompetenzen vermittelt."

    Aus dem NRW-Innenministerium erfuhr Campus und Karriere, dass noch keine abschließende Meinung vorliegt, wie das zuständige Ministerium mit Absolventen aus den Reihen der Polizei an der der Ruhr-Uni in Bochum umgehen will. Ein leitender Beamter, der namentlich nicht genannt werden will, deutete sogar ein mögliches Einstellungsverbot an. Auch der Leiter der Polizei-Führungsakademie in Münster Hiltrup gibt sich zurückhaltend bei der Bewertung des Studienganges an der Ruhr-Uni Bochum:

    " Unter anderem richtet sich das ja auch an Polizeibeamte selbst, die dort eine weitere berufliche Qualifizierung erfahren können. Es berechtigt sie nach unserem System noch nicht, in den höheren Dienst übernommen zu werden. Es ist eine weitere Qualifikation, die sicherlich beruflich nützlich sein kann, die vielleicht auch hilft, andere Funktionen zu übernehmen. Das kann ich noch schwer beurteilen. Eine echte Konkurrenz zu uns sehen wir insofern nicht, weil wir - man mag das begrüßen oder nicht - eine gewisse Monopolstellung haben für den höheren Dienst."

    Vor dem Hintergrund der geplanten Polizeihochschule mit Masterabschluss ist derzeit nicht zu erkennen, warum Polizisten an der Ruhr-Universität Bochum studieren sollen, zumal sie mit ihrem dann erworbenen Abschluss nicht in den höheren Dienst übernommen werden können. Deshalb wird der Studiengang vor allem für andere Akteure wie Staatsanwälte, Pädagogen oder Sozialarbeiter von Interesse sein. Sie können die Kenntnisse im Bereich Kriminologie und Polizeiwissenschaft in ihrem Berufalltag nutzen - nicht zuletzt bei einer Kooperation mit der Polizei auf Augenhöhe.