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Master-Mime oder Bachelor?

Die Internationalisierung der Studiengänge macht auch vor Musik und Theater nicht halt. Die Diplomstudiengänge sollen in Bachelor- und Masterstudiengänge umgeformt werden. Was bei Geistes- und Naturwissenschaften sinnvoll erscheint, könnte sich in der künstlerischen Ausbildung als praxisfern erweisen.

Von Almuth Knigge |
    Theaterszene:
    "Kunst macht die einen nicht satt und für die anderen ist sie überflüssig."
    "Deshalb vertut ihr eure Zeit."
    "Wir spielen, was ihr wollt."
    "Ach, viel Lärm um nichts, Irrungen und Wirrungen."

    Schultheatertreffen in Rostock - Schüler vermitteln in einem "Best of der Theaterklassiker" ihre ganz persönliche Sicht auf die Schauspielkunst - unter großem Applaus der Zuschauer. Kunst macht - oft - nicht satt, aber - meistens - Freude.

    Viele von den Schülern wollen Schauspieler werden - und stehen dann irgendwann vor der Frage, welchen Abschluss sie wählen - Bachelor oder Master - denn die Studienreform macht auch vor den staatlichen Schauspielschulen nicht halt.

    "Wir haben uns lange nicht darum gekümmert, dass diese Reform kommt, weil wir dachten, das geht uns nichts an, das hat sich doch bewährt."

    Frank Strobel, Schauspielprofessor an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock und seit zwei Monaten Vorsitzender der "Ständigen Konferenz Schauspielausbildung" muss sie nun umsetzen, die Studienreform - heißt, aus Diplomstudiengängen Bachelor- und Masterstudiengänge machen. Zu welchem Zweck? Welche Aussagekraft haben akademische Titel in einer künstlerischen Branche. Was bei Geistes- und Naturwissenschaften eine sinnvolle Differenzierung bieten kann, erscheint gerade bei künstlerischen Berufen als recht skurriles Unterfangen.

    "Was ist ein Bachelor, was kann ein Bachelor machen. Da gibt es die abenteuerlichsten Vorstellungen drüber. Von Tutti-Geigern, die nur im Orchester spielen dürfen und niemals die Chance haben solistisch tätig zu werden"

    und darf der Bachelor-Barde nur im Chor singen - oder als Schauspieler nur in Vorabendserien spielen und nie eine Hauptrolle im Abendprogramm haben?
    "Es gibt keine Assistenten-Schauspieler! Was unterscheidet Bachelor von einem Master-Schauspieler. Der Einsatz wird immer der gleiche sein."

    Und die Schwierigkeit, ein Engagement zu bekommen, auch.

    "Also wir sind aufgefordert, diese Reform durch zuführen. Wir sind gezwungen, sie mit neuen Inhalten zu füllen, da ist auch 'ne Chance, obwohl die Reform in unserem Falle eigentlich so überflüssig ist wie die Rechtschreibrefom. Es gibt dafür keine wirkliche Notwendigkeit."

    Auch die beiden Rostocker Schauspielstudenten Anna-Katharina Filippi und Florian Lüdke stellen sich die Sinnfrage

    "Dieses Bachelor-Master-System ist ja meines Erachtens dafür da, dass man, wenn man in andere Länder geht, keine Probleme hat mit den Diplomen und keine Ahnung wie das da alles gemacht wird. Der Schauspieler ist ja kein theoretischer Beruf - man bewirbt sich nicht mit Unterlagen und wird wegen des Notendurchschnitts genommen. Alles, was entscheidet, ist das, was ich auf der Bühne an Präsenz bringe. Dadurch wird entschieden. Egal, was ich theoretisch geleistet habe oder an Bildung habe."

    "Also hauptsächlich lernen wir ja, die deutsche Sprache zu beherrschen und nicht auf Englisch Shakespeare zu spielen. Also beim Schauspiel macht es wirklich wenig Sinn."

    Und angesichts der Finanznot der öffentlichen Kassen taucht auch ab und zu - ganz leise noch - die Frage auf: Macht eine staatliche Ausbildung zum Schauspieler überhaupt noch Sinn? Für Frank Strobel ist die Antwort eindeutig.

    "Ja wenn wir natürlich zurückfallen wollen ins 18 Jahrhundert, dann können wir natürlich sagen, jeder möge das tun und lassen, was er will. Aber wir wünschen ja, dass sich die Darstellungsfähigkeiten verbessern, aber auch, dass es junge Menschen gibt die denken können"

    und die - vielleicht sogar im Sinne Schillers - als Master-Mime oder als Bachelor-Acteur wieder ein Theater als moralische Anstalt etablieren - schaden tät´s sehr wahrscheinlich nicht.