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Mastermind

Marian Kogler ist einer der jüngsten Wissenschaftler in Deutschland: Sein Informatikstudium begann er parallel zur Schule mit 13, derzeit promiviert der 18-Jährige an der Uni Halle.

Von Ulf Walther | 14.05.2010
    Mittwochvormittag um elf am Institut für Informatik der Uni Halle: Marian Kogler beginnt seinen Arbeitstag. Zunächst beantwortet er Mails und schaut nach neusten Veröffentlichungen in der Forschung. Im April trat der Österreicher seine Promotionsstelle in Halle an. Er ist 18 Jahre alt und damit der wohl jüngste Wissenschaftler in Deutschland. Im Alter von fünf Jahren wurde der Wiener eingeschult, mit 13 nahm er parallel zur Schule sein Informatikstudium an der Uni Wien auf, mit 15 legte er die Matura, also das Abitur ab, nachdem er einige Schulklassen übersprungen hatte. Ein Jahr nach dem Abi bestand Marian Kogler die Bachelor-Prüfung. Und wieder ein Jahr später, mit 17, war er Diplom-Informatiker. Auf seinem Weg stieß Kogler durchaus auf einige Schwierigkeiten:

    "Es gab Lehrer, die dem sehr positiv gegenüberstanden, die mich auch gefördert haben nach Kräften. Und es gab auf der anderen Seite auch Lehrer, die absolut dagegen waren. Es wird vermutlich eine Mischung sein: einerseits: Der ist anders, das wollen wir nicht. Andererseits immer noch das starre Denken: Es gibt diese zwölf beziehungsweise 13 Jahre Schule und die hat jeder zu durchlaufen. Und gerade bei Lehrern mit gleichaltrigen Kindern kam dann wohl oft auch ein gewisser Neidfaktor dazu."

    Neid gab es auch unter einigen seiner stetig wechselnden Klassenkameraden. Viel Zeit, sich darum zu kümmern, hatte Marian Kogler indes nicht, wenn er neben der Schule auch noch Vorlesungen und Seminare besuchte. Doch mit einigen seiner um einiges älteren Kommilitonen freundete er sich an und traf sich mit ihnen auch in seiner knapp bemessenen Freizeit. Freizeit und mal Abschalten ist ihm wichtig. Meist bei einem Plausch.

    Mittlerweile ist es Mittag um zwölf. Auf dem Plan steht eine Übung zur Informatikvorlesung "Automaten und Berechenbarkeit".

    Seine Promotionsstelle an der Uni Halle sieht insgesamt vier Wochenstunden für Lehrveranstaltungen vor. Auf die ausgeschriebene Stelle hat sich der 18-Jährige beworben wie jeder andere auch, sagt sein Vorgesetzter, Professor Ludwig Staiger:

    "Wir hatten zwei gute Bewerber, also zwei, wo ich sagen würde: sehr gute. Und die eine sehr gute haben wir dann genommen. Das war Herr Kogler. Die waren also alle einstimmig der Meinung: Herr Kogler hat sich am besten präsentiert, hat die klarsten Vorstellungen von der Arbeit an einer Uni gehabt, auch in Bezug auf Lehre. Ich muss auch sagen: Den zweiten Bewerber hätte ich auch genommen."

    Inzwischen sind 90 Minuten vergangen, die Übung ist zu Ende. Die Teilnehmer im zweiten Semester sind mit dem Teenager als Dozent durchaus zufrieden:

    "Sie ist nicht schlecht. Also er erklärt schön und man kommt auch hinterher. Und wenn man was falsches sagt, kann er immer ein schönes Beispiel nennen."

    "Ja, er kann gut erklären. Aber auch sehr anspruchsvoll, also auch die Übung zu erklären."

    "Das ist alles sehr, sehr gut erklärt muss ich sagen und er macht das wirklich gut. Kann man wohl so sagen."

    Ähnlich zufrieden ist auch Professor Ludwig Staiger mit seinem Untergebenen, der nachweislich einen IQ jenseits der 150 hat:

    "Ich glaube, Herr Kogler wirkt gar nicht wie ein 18-Jähriger. Die fachliche Kompetenz und die Kompetenz in Lehrangelegenheiten - die hat er."

    Vor vier Wochen erschien Koglers Autobiografie. In dieser erzählt er von seinen Erfahrungen mit dem österreichischen Bildungssystem und berichtet auch über seine Erfahrungen mit einzelnen Lehrern:

    "Früher war noch Chemie mein Hauptfach. Dann, einerseits, weil Informatik immer wichtiger wurde und immer mehr Facetten dazu kamen und ich in Chemie eine Lehrerin hatte, die es wirklich schaffte, mir den Spaß an dem Fach zu verderben, kam ich schließlich zur Informatik und mit meinem Studienbeginn habe ich mich dann darauf festgelegt."

    14 Uhr: Marian Kogler bespricht sich mit seinen Kollegen, gleicht den Stand der Übung mit dem Stand der dazugehörigen Vorlesung ab.

    Danach eine kurze Mittagspause. Gegen 15 Uhr beginnt für den jungen Wissenschaftler die eigentliche Arbeit: Er schreibt an einem wissenschaftlichen Beitrag für eine Tagung am Wochenende in Jena. Wann sein Arbeitstag zu Ende sein wird? Kogler zuckt die Schulter. Irgendwann in der Nacht. Und in der Freizeit? In der trifft er sich mit seinen Freunden auf ein Bier. Wie jeder andere auch. Dabei sind seine Freunde meist älter als er.