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Mathematik und Leidenschaft

Der israelische Bassist, der acht Jahre lang Chick Corea begleitete, hat 2004 New York verlassen und ist in seine Heimat zurückgekehrt. Avishai Cohen stammt aus einer Familie mit sephardischen Vorfahren und multikulturellem Hintergrund: Allein seine Eltern vereinen Wurzeln aus der Türkei, Griechenland, Tschechien und Polen. Heute lebt der 37-Jährige in Tel Aviv und fühlt sich verstärkt seinem kulturellen Erbe verpflichtet.

Von Karsten Mützelfeldt |
    So hat er jüngst ein Vokalprojekt in hebräischer Sprache aufgenommen. Seine Musik ist ein Amalgam aus Jazz, Einflüssen aus Klassik und Balkan-Folklore, der Volkmusik des Nahen Osten und Nordafrikas sowie Elementen aus Latin, Blues und Funk. Das vor kurzem gegründete Avishai Cohen Trio dürfte in den nächsten Monaten für Furore sorgen und unterscheidet sich gänzlich von herkömmlichen Klaviertrios. "Structure in Emotion" - so umschreibt ein Kompositionstitel den musikalischen Grundgedanken. Die Stücke erinnern an bis ins letzte Detail durchdachte architektonische Gebilde, in denen jede Note genau platziert ist und die dabei einzig einem Ziel dienen: Emotionen auszulösen. Das Mathematische, so Cohen, stehe im Dienste der Leidenschaft - und die Leidenschaft rechtfertige die mathematischen Konstrukte. Alles ist geschickt miteinander verknüpft und lässt ein dichtes Netz von Texturen entstehen. In den über weite Strecken durchkomponierten Passagen wird kontinuierlich Spannung aufgebaut, die sich anschließend in dynamischen Improvisationen entlädt. Eine subtile, groovende Kammermusik entsteht - zum Teil hochkomplex und dabei verblüffend eingängig.