Im Jahr 1941 musste sich Henri Matisse einer schweren Krebs-Operation unterziehen. Die Ärzte hatten ihn im Grunde bereits aufgegeben. Doch Matisse erholte sich – und war, obwohl größten Teils an das Bett gebunden, noch dreizehn Jahre schaffend tätig. Als seconde vie, als zweites oder auch neues Leben, bezeichnete Matisse selbst diesen Lebensabschnitt. Und in den Augen der dänischen Kuratorin Hanne Finnsen, die die gleichnamige Matisse-Schau für das Kopenhagener Lousiana-Museum konzipierte, gehört diese Periode zu den interessantesten im Werke des französischen Malers:
"Wenn ein Künstler sehr alt wird, geschehen mitunter wunderbare Dinge. Erstens: sie können alles, ihr Werk wirkt spielend leicht. Zweitens pfeifen sie auf Konventionen – sie sind etabliert und müssen keine Rücksichten mehr nehmen, und das Resultat ist oftmals eine unglaubliche Entfaltung. Tizian, Monet und eben auch Matisse sind solche Beispiele. In ihrem Spätwerk kulminiert, wofür sie in all den Jahren zuvor die Grundlagen geschaffen haben. "
Die von Hanne Finnsen gestaltete Ausstellung beruht auf einem intensiven Briefwechsel zwischen Matisse und seinem heute nahezu unbekannten Jugendfreund André Rouveyre. Etwa zwölfhundert Briefe schrieben sich die beiden in den Jahren 41 bis 54 – manchmal waren es mehrere Briefe am Tag, in denen Matisse grundsätzliche Betrachtungen zu seiner Arbeit und seinem Werk formulierte. Neben den Briefen, die allein schon kleine Kunstwerke darstellen, werden die darin angesprochenen Werke und viele der mit ihnen verbundenen Skizzen gezeigt. Einen zentralen Platz nehmen hierbei die vielen farbigen Scherenschnitte ein, die Matisse in späten Jahren perfektionierte. Und für Louisiana-Direktor Poul Erik Tøjner macht just die Kombination von Formen und Farben Matisse zu einem der modernsten Maler des 20. Jahrhunderts:
"In Matisses Spätwerk sehen wir etwas, das das Werk späterer Maler vorwegnimmt. Sowohl Andy Warhol wie Ellsworth Kelly, der eine Pop-Künstler, die andere Minimalistin, sind explizit von Matisse inspiriert. Jeder, der durch diese Ausstellung geht, wird von dem Zusammenprall an Farben in Matisses Spätwerk überrascht sein, selbst wenn man die Motive aus Kunstbüchern bereits kennt. Es hat etwas neon-, ja reklameartiges. Mit anderen Worten: Matisse ist eine ganz zentrale Bruchfläche in der Kunst des 20. Jahrhunderts, die Vergangenes und Zukünftiges ineinander vereint. "
Einen anderen Matisse zeigt das Staatliche Museum für Kunst im Herzen Kopenhagens. Einhundert Jahre nach dem Durchbruch des Fauvismus zeigt es Gemälde aus der Frühzeit des Malers und kombiniert diese mit Werken dreier zeitgenössischer Künstler – der dänischen Malerin Malene Landgreen, ihrem Landsmann, dem Videokünstler Jesper Just sowie der finnischen Photographin Aino Kannisto. Der Titel der Ausstellung "Matisse &", so Museumssprecher Jakob Fibinger, ist somit Programm:
"Unser Grundgedanke war es, Matisse mit neuen Augen zu betrachten und ihn für unsere Zeit zu öffnen. Wir haben ihn mit drei zeitgenössischen Künstlern kombiniert, die jeder mit einem anderen Medium arbeiten und die – wie Matisse vor einhundert Jahren – heute kurz vor ihrem Durchbruch stehen. Und unserer Meinung nach haben sich hier ganz neue Perspektiven und Zusammenhänge ergeben. "
In den Werken der jungen Künstler geht es unter anderem um Begriffe wie Identität und Selbstinszenierung. Und schaut man genauer auf die frühen Werke von Matisse, wird man auch hier den ein oder anderen versteckten Hinweis auf das Leben des Künstlers finden – etwa, wenn dieser als Goldfisch camoufliert, einer jüngst verlorenen Geliebten nachtrauert. Zu entdecken also gibt es genug – und so will Jakob Fibinger die Kritik an der parallelen Matisse-Ausstellung seines Hauses auch nicht verstehen:
"Matisse ist ein ganz eigenes Kapitel in der Kunstgeschichte – und er kann zwei Ausstellungen in einem Land jederzeit tragen. Das Publikum jedenfalls erhält so einen breiten Einblick in sein Werk. "
"Wenn ein Künstler sehr alt wird, geschehen mitunter wunderbare Dinge. Erstens: sie können alles, ihr Werk wirkt spielend leicht. Zweitens pfeifen sie auf Konventionen – sie sind etabliert und müssen keine Rücksichten mehr nehmen, und das Resultat ist oftmals eine unglaubliche Entfaltung. Tizian, Monet und eben auch Matisse sind solche Beispiele. In ihrem Spätwerk kulminiert, wofür sie in all den Jahren zuvor die Grundlagen geschaffen haben. "
Die von Hanne Finnsen gestaltete Ausstellung beruht auf einem intensiven Briefwechsel zwischen Matisse und seinem heute nahezu unbekannten Jugendfreund André Rouveyre. Etwa zwölfhundert Briefe schrieben sich die beiden in den Jahren 41 bis 54 – manchmal waren es mehrere Briefe am Tag, in denen Matisse grundsätzliche Betrachtungen zu seiner Arbeit und seinem Werk formulierte. Neben den Briefen, die allein schon kleine Kunstwerke darstellen, werden die darin angesprochenen Werke und viele der mit ihnen verbundenen Skizzen gezeigt. Einen zentralen Platz nehmen hierbei die vielen farbigen Scherenschnitte ein, die Matisse in späten Jahren perfektionierte. Und für Louisiana-Direktor Poul Erik Tøjner macht just die Kombination von Formen und Farben Matisse zu einem der modernsten Maler des 20. Jahrhunderts:
"In Matisses Spätwerk sehen wir etwas, das das Werk späterer Maler vorwegnimmt. Sowohl Andy Warhol wie Ellsworth Kelly, der eine Pop-Künstler, die andere Minimalistin, sind explizit von Matisse inspiriert. Jeder, der durch diese Ausstellung geht, wird von dem Zusammenprall an Farben in Matisses Spätwerk überrascht sein, selbst wenn man die Motive aus Kunstbüchern bereits kennt. Es hat etwas neon-, ja reklameartiges. Mit anderen Worten: Matisse ist eine ganz zentrale Bruchfläche in der Kunst des 20. Jahrhunderts, die Vergangenes und Zukünftiges ineinander vereint. "
Einen anderen Matisse zeigt das Staatliche Museum für Kunst im Herzen Kopenhagens. Einhundert Jahre nach dem Durchbruch des Fauvismus zeigt es Gemälde aus der Frühzeit des Malers und kombiniert diese mit Werken dreier zeitgenössischer Künstler – der dänischen Malerin Malene Landgreen, ihrem Landsmann, dem Videokünstler Jesper Just sowie der finnischen Photographin Aino Kannisto. Der Titel der Ausstellung "Matisse &", so Museumssprecher Jakob Fibinger, ist somit Programm:
"Unser Grundgedanke war es, Matisse mit neuen Augen zu betrachten und ihn für unsere Zeit zu öffnen. Wir haben ihn mit drei zeitgenössischen Künstlern kombiniert, die jeder mit einem anderen Medium arbeiten und die – wie Matisse vor einhundert Jahren – heute kurz vor ihrem Durchbruch stehen. Und unserer Meinung nach haben sich hier ganz neue Perspektiven und Zusammenhänge ergeben. "
In den Werken der jungen Künstler geht es unter anderem um Begriffe wie Identität und Selbstinszenierung. Und schaut man genauer auf die frühen Werke von Matisse, wird man auch hier den ein oder anderen versteckten Hinweis auf das Leben des Künstlers finden – etwa, wenn dieser als Goldfisch camoufliert, einer jüngst verlorenen Geliebten nachtrauert. Zu entdecken also gibt es genug – und so will Jakob Fibinger die Kritik an der parallelen Matisse-Ausstellung seines Hauses auch nicht verstehen:
"Matisse ist ein ganz eigenes Kapitel in der Kunstgeschichte – und er kann zwei Ausstellungen in einem Land jederzeit tragen. Das Publikum jedenfalls erhält so einen breiten Einblick in sein Werk. "