Manfred Kloiber: Was verbirgt sich dahinter, Peter Welchering?
Peter Welchering: Die Geburtsstunde von Matrix II liegt eigentlich schon ein gutes halbes Jahr zurück. Im Oktober 2007 hat sich nämlich bei einer Anhörung des Senatsausschusses für Innere Sicherheit in Washington herausgestellt, dass die vom US-amerikanischen Terrorist Screening Center angefertigte Liste der Terrorverdächtigen 860.000 Namen aufweist. Das waren dem Vorsitzenden des Ausschusses, dem demokratischen Senator Joe Liebermann, zu viele Namen. Er forderte, die genauen Kriterien offenzulegen, nach denen diese Liste geführt wird. Und im Laufe dieser Diskussion musste das amerikanische Justizministerium zugeben, dass es keine Überprüfungsstandards für diese Liste gibt. Das Government Accountability Office, so eine Art Rechnungshof der USA, hat daraufhin eine Prüfung eingeleitet. Tja, und da stellte sich heraus, auf der Liste der Terrorverdächtigen landen Menschen, von denen Mitarbeiter der Transportbehörde, Mitarbeiter des Außenministeriums, FBI-Agenten oder die CIA meinen, diese Menschen hätten etwas mit Terrorismus zu tun. Das war Heimatschutzminister Michael Chertoff peinlich. Man erinnerte sich im Heimatschutzministerium, dass im Jahr 2002 ein Expertensystem beschlossen worden war, das Terrorismusverdächtige aufspüren sollte. Und da müsse es doch Kriterien geben. Dieses Programm nannte sich Multistate Anti Terrorism Exchange Program, kurz Matrix, und wurde im Jahr 2003 als riesiges Datenbanksystem zur Identifizierung von Terrorismusverdächtigen von der Seisint Incorporated im Auftrag der amerikanischen Regierung entwickelt. Das Problem dabei: Matrix wurde den meisten US-Bundesstaaten zu teuer. Nur noch fünf Bundesstaaten haben das System dann ab 2004 betrieben.
Kloiber: Und jetzt soll Matrix wieder flott gemacht werden. Was hat das Heimatschutzministerium denn da genau vor?
Welchering: Das Heimatschutzministerium möchte die Flugpassagierdatenbank in ein Nachfolgesystem für Matrix integrieren. Matrix II lautete der geheime Arbeitstitel für dieses Programm. Und das erregt gegenwärtig auch im Vorwahlkampf ein wenig Aufsehen, weil darüber gestritten wird, wer denn auf die Rechercheergebnisse dieses neuen Matrix-Datenbanksystems Zugriff haben soll. Nur die Polizei, auch die Einwanderungsbehörde, andere Regierungsbehörden oder sogar Privatunternehmen zur Überprüfung der eigenen Mitarbeiter. Da das Heimatschutzministerium zudem beharrlich zu den Revitalisierungsplänen von Matrix schweigt, öffnet das natürlich Raum für unglaubliche Spekulationen.
Kloiber: Aus welchen Quellen speist sich denn Matrix?
Welchering: Ursprünglich war Matrix so angelegt, dass es Daten aus Polizeiquellen verarbeitet und mit den Einträgen anderer privater und staatlicher Datenbanken abgleicht, also zum Beispiel Kreditkarteninformationen, Führerschein oder Pilotenschein, Reisetätigkeit, Einkaufsverhalten und so weiter. Inzwischen sieht es rein technisch so aus, dass Matrix nicht nur abgleicht, sondern über ein ganzes Schnittstellensystem auf so gut wie jede Datenbank weltweit zugreifen kann. Dabei gibt es zwei Arten es Zugriffs. Zum einen jede Datenbank, die irgendwie mit Internet-Rechnern vernetzt ist. Das sind über 90 Prozent der weltweit aufliegenden Datenbanken. Zum zweiten Datenbanken befreundeter Regierungen. Beispielsweise die Regierungen der europäischen Staaten haben ja mannigfache Anti-Terror-Datenbanken aufgelegt.
Kloiber: Wie soll den mit Matrix eine Liste von Terrorverdächtigen erstellt werden?
Welchering: Matrix berechnet einen sogenannten "Terrorquotienten" wie Jean Claude Paye bei seinen Recherchen herausgefunden hat. Dahinter steckt ein ganzer Katalog von typischen Verhaltensweisen von Terroristen. Je mehr dieser Verhaltensweisen auf einen Menschen zutreffen, dessen Datensätze Matrix auswertet, um so höher ist sein Terrorquotient. Wer beispielsweise zwei, vier oder mehr Kreditkarten besitzt, weist ein Merkmal auf, das auch Terroristen aufweisen. Die besitzen auch viele Kreditkarten und zahlen mit unterschiedlichen Kreditkarten. Wer häufig in arabische Länder reist oder sich an verdächtigen Orten aufhält, bestimmte Gebetshäuser in London, der sammelt auch Punkte für seinen Terrorquotienten. Wer verdächtige Bücher liest, oder sogar in öffentlichen Bibliotheken ausleiht oder diese per Internet bestellt, der erhöht seinen Terrorquotienten bei Matrix.
Kloiber: Wer legt die Punktzahl fest, ab der der Terrorquotient dann für den Betreffenden Konsequenzen hat?
Welchering: Niemand. Das wird jeweils im Einzelfall entschieden. Matrix soll nur den Quotienten liefern. Wie der dann bewertet wird, das soll die Angelegenheit der Regierung bleiben. Und damit, so kritisiert die amerikanische Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union ist natürlich der Willkür Tür und Tor geöffnet.
Peter Welchering: Die Geburtsstunde von Matrix II liegt eigentlich schon ein gutes halbes Jahr zurück. Im Oktober 2007 hat sich nämlich bei einer Anhörung des Senatsausschusses für Innere Sicherheit in Washington herausgestellt, dass die vom US-amerikanischen Terrorist Screening Center angefertigte Liste der Terrorverdächtigen 860.000 Namen aufweist. Das waren dem Vorsitzenden des Ausschusses, dem demokratischen Senator Joe Liebermann, zu viele Namen. Er forderte, die genauen Kriterien offenzulegen, nach denen diese Liste geführt wird. Und im Laufe dieser Diskussion musste das amerikanische Justizministerium zugeben, dass es keine Überprüfungsstandards für diese Liste gibt. Das Government Accountability Office, so eine Art Rechnungshof der USA, hat daraufhin eine Prüfung eingeleitet. Tja, und da stellte sich heraus, auf der Liste der Terrorverdächtigen landen Menschen, von denen Mitarbeiter der Transportbehörde, Mitarbeiter des Außenministeriums, FBI-Agenten oder die CIA meinen, diese Menschen hätten etwas mit Terrorismus zu tun. Das war Heimatschutzminister Michael Chertoff peinlich. Man erinnerte sich im Heimatschutzministerium, dass im Jahr 2002 ein Expertensystem beschlossen worden war, das Terrorismusverdächtige aufspüren sollte. Und da müsse es doch Kriterien geben. Dieses Programm nannte sich Multistate Anti Terrorism Exchange Program, kurz Matrix, und wurde im Jahr 2003 als riesiges Datenbanksystem zur Identifizierung von Terrorismusverdächtigen von der Seisint Incorporated im Auftrag der amerikanischen Regierung entwickelt. Das Problem dabei: Matrix wurde den meisten US-Bundesstaaten zu teuer. Nur noch fünf Bundesstaaten haben das System dann ab 2004 betrieben.
Kloiber: Und jetzt soll Matrix wieder flott gemacht werden. Was hat das Heimatschutzministerium denn da genau vor?
Welchering: Das Heimatschutzministerium möchte die Flugpassagierdatenbank in ein Nachfolgesystem für Matrix integrieren. Matrix II lautete der geheime Arbeitstitel für dieses Programm. Und das erregt gegenwärtig auch im Vorwahlkampf ein wenig Aufsehen, weil darüber gestritten wird, wer denn auf die Rechercheergebnisse dieses neuen Matrix-Datenbanksystems Zugriff haben soll. Nur die Polizei, auch die Einwanderungsbehörde, andere Regierungsbehörden oder sogar Privatunternehmen zur Überprüfung der eigenen Mitarbeiter. Da das Heimatschutzministerium zudem beharrlich zu den Revitalisierungsplänen von Matrix schweigt, öffnet das natürlich Raum für unglaubliche Spekulationen.
Kloiber: Aus welchen Quellen speist sich denn Matrix?
Welchering: Ursprünglich war Matrix so angelegt, dass es Daten aus Polizeiquellen verarbeitet und mit den Einträgen anderer privater und staatlicher Datenbanken abgleicht, also zum Beispiel Kreditkarteninformationen, Führerschein oder Pilotenschein, Reisetätigkeit, Einkaufsverhalten und so weiter. Inzwischen sieht es rein technisch so aus, dass Matrix nicht nur abgleicht, sondern über ein ganzes Schnittstellensystem auf so gut wie jede Datenbank weltweit zugreifen kann. Dabei gibt es zwei Arten es Zugriffs. Zum einen jede Datenbank, die irgendwie mit Internet-Rechnern vernetzt ist. Das sind über 90 Prozent der weltweit aufliegenden Datenbanken. Zum zweiten Datenbanken befreundeter Regierungen. Beispielsweise die Regierungen der europäischen Staaten haben ja mannigfache Anti-Terror-Datenbanken aufgelegt.
Kloiber: Wie soll den mit Matrix eine Liste von Terrorverdächtigen erstellt werden?
Welchering: Matrix berechnet einen sogenannten "Terrorquotienten" wie Jean Claude Paye bei seinen Recherchen herausgefunden hat. Dahinter steckt ein ganzer Katalog von typischen Verhaltensweisen von Terroristen. Je mehr dieser Verhaltensweisen auf einen Menschen zutreffen, dessen Datensätze Matrix auswertet, um so höher ist sein Terrorquotient. Wer beispielsweise zwei, vier oder mehr Kreditkarten besitzt, weist ein Merkmal auf, das auch Terroristen aufweisen. Die besitzen auch viele Kreditkarten und zahlen mit unterschiedlichen Kreditkarten. Wer häufig in arabische Länder reist oder sich an verdächtigen Orten aufhält, bestimmte Gebetshäuser in London, der sammelt auch Punkte für seinen Terrorquotienten. Wer verdächtige Bücher liest, oder sogar in öffentlichen Bibliotheken ausleiht oder diese per Internet bestellt, der erhöht seinen Terrorquotienten bei Matrix.
Kloiber: Wer legt die Punktzahl fest, ab der der Terrorquotient dann für den Betreffenden Konsequenzen hat?
Welchering: Niemand. Das wird jeweils im Einzelfall entschieden. Matrix soll nur den Quotienten liefern. Wie der dann bewertet wird, das soll die Angelegenheit der Regierung bleiben. Und damit, so kritisiert die amerikanische Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union ist natürlich der Willkür Tür und Tor geöffnet.