Max Reger: Vier Sonaten für Violine allein, op. 42
Renate Eggebrecht hat bei dem kleinen Münchner Label Troubadisc die vier Sonaten für Violine solo op. 42 von Max Reger eingespielt. Regers Werke für Solovioline zählen nicht gerade zum Standard-Repertoire. Selbst wenn man hoffen darf, daß das Oeuvre dieses Komponisten in Zukunft wieder stärkere Beachtung findet, muß man doch zugestehen, daß die Kompositionen für Solovioline nicht gerade die glücklichsten sind, die diesem herausragenden Pianisten und Organisten aus der Feder flossen. Ein Geniestreich wie die Sonaten von Ysaye sind sie nun einmal nicht, anderseits auch nicht so genial verrückt wie die gigantische Solosonate, die der junge Artur Schnabel 1919 schrieb. Immer wieder sind sie auch unnötig unbequem, und das alles mag dazu beitragen, daß die Großen der Violine meist die Finger von den Stücken lassen. Somit ist es wirklich verdienstvoll, daß sich Renate Eggebrecht mit dieser Literatur auseinandersetzt. Sie plagt sich denn auch vehement und leider plagt sie gelegentlich nicht nur sich selbst. Die Doppel- und Mehrfachgriffe gehen ihr noch mit Verve von der Hand. Aber die teuflischen kleinen Noten, die scheinbar eher unwichtigen Übergangstöne, die Läufe sind häufig eher aus dem Ungefähr gegriffen. Wahrscheinlich gibt es überhaupt kein Rezept, diese Sonaten zu spielen. Wahrscheinlich stellt es aber auf keinen Fall den richtigen Weg dar, Reger so zu spielen, als habe man einen verspäteten Bach vor sich. Eher sollte man sich ihnen von der virtuosen Literatur des 19. Jahrhunderts her annähern, also von Sarasate, Saint-Saens, Vieuxtemps oder Wieniawski aus. Renate Eggebrechts geigerische Performance legt aber nicht unbedingt den Schluß nahe, daß ihr diese Literatur geläufig ist. Daß Carl Flesch die Sonaten gespielt hat, ist belegt. Anfreunden mochte er sich damit wohl weniger. Und ob die Sonaten durch diese Neueinspielung viele Freunde gewinnen werden, scheint fraglich. Dafür müßte denn doch die Schmerzgrenze noch deutlich gesenkt werden. Der dritte und vierte Satz aus der Sonate d-moll op. 42,1. * Musikbeispiel: Max Reger - aus: Sonate für Violine allein d-moll op. 42,1 Das war die neue Platte. Heute hörten Sie Ausschnitte aus zwei Kammermusikproduktionen: Die Goldberg-Variationen von J.S. Bach, gespielt von Evgeni Koroliov, erschienen bei Hänssler. Und "Vier Sonaten für Violine solo op. 42" von Max Reger, gespielt von Renate Eggebrecht, erschienen bei Troubadisc. Am Mikrofon bedankt sich Norbert Ely für Ihre Aufmerksamkeit.