Eine Demonstration gegen die Schließung einer Omnibusfabrik in Skopje. Langsam bewegt sich der Zug auf das graue Parlamentsgebäude zu. Spruchbänder, einzelne Schilder, Fahnen, nationale Symbole. Ein Mann am Rand verkauft Sesamringe.
Vor 11 Monaten fand der Krieg im Norden des Landes mit dem Abkommen von Ohrid ein vorläufiges Ende. Ein halbes Jahr lang hatten albanische Rebellen der UCK und die mazedonische Armee die Bergdörfer in Schutt und Asche gelegt. Große Teile der Bevölkerung waren geflohen. Immer sind noch nicht alle an ihren Wohnort zurückgekehrt.
Der Frieden ist brüchig. Er wird von gut 700 Natosoldaten der Mission "Amber Fox" gesichert. Erst kürzlich hat die Regierung die Nato um eine Verlängerung des Mandats gebeten. Offiziell dient die Militärische Präsenz dem Schutz der etwa 250 Beobachter der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Eine der Hauptaufgaben war, die Rückkehr der Polizei in das Kampfgebiet zu ermöglichen, denn dort war durch den Konflikt ein rechtsfreier Raum entstanden.
Mazedonien ist ein souveräner Staat unter massivem internationalen Einfluss. Die Frage ist, wie lange das so weitergehen soll. Harald Schenker von der OSZE Mission in Skopje:
In absehbarer Zeit sehe ich keinen bewaffneten Konflikt. Ich gehe davon aus, dass es den einen oder anderen Terroranschlag in nächster Zeit geben wird. Aber ein Konflikt der Dimension des letzten Jahres ist zumindest in absehbarer Zeit nicht in Sicht. Dafür gibt es ganz gute Gründe: Die Führung der UCK hat den Weg der politischen Integration eingeschlagen.
Das Abkommen von Ohrid im August letzten Jahres war die Grundlage zur Entwaffnung der radikalen Albaner. Darauf folgte die auf 30 Tage befristete Mission "Essential Harvest". Bei der "bedeutenden Ernte" sammelten 3.500 Nato-Soldaten die Waffen der UCK-Kämpfer ein.
Die Diplomaten reden von einem Erfolg, tatsächlich aber ist im Kampfgebiet fast jeder noch bewaffnet. Zwar wurden mehr Waffen abgegeben, als erwartet, aber vor allem altes Zeug. Seitdem wurde das Nato-Mandat mehrfach verlängert. Zunächst waren die Deutschen die militärisch führende Nato-Nation in Mazedonien, jetzt haben die Holländer das Kommando.
In Mazedonien ist eine Mammutaufgabe zu bewältigen. Das Abkommen von Ohrid verpflichtet die Verantwortlichen, die albanische Minderheit in die Gesellschaft zu integrieren. Das ist schwierig, denn das Zusammenleben war schon vor dem Krieg eher ein Nebeneinander. Ohrid legt fest, dass jede Sprache, die von mindestens 20 Prozent der Bevölkerung gesprochen wird, Amtssprache ist - also auch albanisch. Weiter heißt es, dass alle Minderheiten proportional im Parlament vertreten sein müssen. Außerdem sollen die kommunalen Verwaltungen gestärkt werden, und die Albaner bekommen eine eigene Hochschule. Islam und Katholizismus sind nach dem Abkommen von Ohrid gleichberechtigt mit der vormals orthodoxen Staatsreligion.
Um all diese Dinge auch in die Tat umzusetzen, ist vor allem wirtschaftliches Wachstum nötig. Gerade die vorwiegend von albanischen Mazedoniern bewohnten Bergregionen waren schon vor dem Krieg arm. Viele Familien leben seit Jahren ausschließlich von der Unterstützung durch Verwandte im Ausland. Gerade unter den Jugendlichen haben die Scharfmacher der radikalen Albaner deshalb leichtes Spiel. Harald Schenker von der OSZE:
Kurzfristig geht es erst mal darum, dass ein Grossteil der Bevölkerung frustriert ist mit der politischen Entwicklung, mit diesem Konflikt des letzten Jahres, der das Land politisch und wirtschaftlich sicherlich ein Stück weit zurückgeworfen hat. Es ist sicherlich auch richtig, dass die UCK einen Teil ihrer Rekruten aus der jungen Bevölkerung in den ländlichen Gebieten geholt hat, die natürlich keinerlei wirtschaftliche Perspektive hatten. Selbiges gilt für andere Regionen des Landes auch. Es gibt relativ wenig Arbeit. Insofern denke ich, dass der einzige wirkliche Stabilisierungsfaktor der wirtschaftliche ist.
Höhepunkt des internationalen Engagements für Mazedonien war eine Geberkonferenz im März dieses Jahres. Dem Balkanland wurden dort insgesamt 308 Millionen Euro Hilfe zugesagt, unter anderem für den Wiederaufbau und wirtschaftliche Entwicklung. Harald Schenker:
Was die Hilfe betrifft, rollt ja eigentlich die ganze Maschinerie jetzt erst an. Eben nach der Geberkonferenz, die erfolgreich war, erfolgreicher als man es eigentlich erwartet hätte. Es wird auf jeden Fall mit einer Umsetzungsperiode dieses Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens von mindestens 10-15 Jahren gerechnet, das ist ungefähr der Zeitraum, in dem wir längerfristig denken müssen.
Die Internationalen müssten sich auf eine dementsprechende Präsenz in Mazedonien einrichten. Noch ist das Investitionsklima allerdings auf dem Nullpunkt.
Es sind Betriebe entweder geschlossen worden, wie kürzlich Jugochrom, nördlich von Tetowo, das war der größte Arbeitgeber in der Region für Mazedonier, aber eben auch für Albaner. Andere Betriebe sind im Zuge des Konflikts zerstört worden, hauptsächlich Textilbetriebe (...) Eine der Prioritäten müsste es sein, diese zerstörten kleineren Betriebe wieder aufzubauen. Die großen Kolosse, die mussten eben geschlossen werden, weil das Teil der Abmachung zwischen Regierung und Weltbank, bzw. Weltwährungsfonds war.
Auch die Flüchtlinge würden erst in die zerstörten Gebiete zurückkommen, wenn sie die Chance haben, ihren Lebensunterhalt dort zu bestreiten, meint Schenker. Und sie müssen sich sicher fühlen vor Verfolgung und Schikanen.
Tatsächlich ist Mazedonien eine Zweiklassengesellschaft. Das Bildungsniveau der Slavomazedonier ist höher. Viele Albaner hatten bisher nicht die Möglichkeit, in höhere Positionen zu kommen. Zentrum der albanischen Bevölkerung ist Tetovo, eine Kleinstadt im Nordwesten Mazedoniens, am Fusse der Berge an der Grenze zum Kosovo. In dieser Gegend fand auch der bewaffnete Konflikt im letzten Jahr statt. Kurz vor dem Konflikt wurde in Tetovo die erste albanischsprachige Privatuniversität gegründet. Die Studierenden sind vor allem Albaner, denn die Slavomazedonier können zum großen Teil kein albanisch. Sie müssten ihr Denken ändern, meint die Hochschulprofessorin Teuta Arifi:
Die mazedonische Seite, gerade in den Medien, braucht mehr Informationen über die Realität in den albanisch bevölkerten Gebieten. In den mazedonischen Schulen sollte Albanisch als Wahlsprache angeboten werden, besonders in Westmazedonien. Außerdem müssen die Geschichtsbücher überarbeitet werden. Die gemeinsame Geschichte muss aufgeschrieben werden. Das sind vertrauensbildende Maßnahmen, und sie müssen durchgeführt werden.
In allen Teilen des Landes, gerade zwischen Slavomazedoniern und albanischen Mazedoniern, herrscht nahezu paranoide Angst vor dem Anderen. Slavomazedonier fürchten dabei vor allem um ihre Identität. Immer wieder wird der albanischstämmigen Bevölkerung angedichtet, zu viele Kinder zu zeugen und das Land so stückweise zu übernehmen. Harald Schenker:
Es gibt dieses Stereotyp dieser ach so fruchtbaren Albaner. Wenn man sich die Zahlen versucht anzusehen, dann ist auch da zu sehen, dass die Modernisierung langsam greift und die Geburtenraten sinken. Aber das große Vertrauen zwischen den beiden Gruppen hat nie funktioniert.
Arben Xhaferi ist der parlamentarische Führer der Albaner im Parlament von Mazedonien und Vorsitzender der demokratischen Partei der Albaner. Die Konflikte sitzen so tief, dass sie ohne Moderation von außen nicht zu lösen sind, meint Xhaferi.
Ich glaube, dass wir eine nicht nur formale politische Anwesenheit und Unterstützung brauchen. Wir brauchen die direkte Einbindung der Internationalen Organisationen in den ganzen Prozess, in die Veränderung der politischen Mentalität und der Gesellschaft, der Wirtschaft, und so weiter. Denn wir sind geprägt von der Vergangenheit, einer Mentalität, die typisch fremdenfeindlich ist. Und es dauert lange, um solche Dinge in der Gesellschaft zu verändern.
Es ist aber auch Aufgabe der mazedonischen Intellektuellen, eine gemeinsame mazedonische Identität zu entwickeln. Dazu bedarf es der Offenheit, auch der albanischen Mazedonier der Mehrheitskultur gegenüber. Für Teuta Arifi ist jedoch klar, wer sich bewegen muss.
Das gilt vor allem für die Mazedonier. Es ist schlimm, wenn eine Mehrheitsgruppe nicht fair mit den Privilegien umgeht, die sie hat, politisch und ökonomisch, und all den anderen Vorteilen. Manchmal ist es sehr hart, diese Privilegien im Namen von Demokratie und Gleichheit aufzugeben, aber so funktioniert die Welt nun mal. Man kann nicht immer privilegiert sein. Das ist hart, aber wahr.
Slavomazedonische Politiker reden nicht mit der Presse. Trotz diverser Nachfragen war kein Regierungsvertreter zu einem Interview bereit. Kenner der Szene erklären das mit mangelnder Intelligenz und der Angst, in einem wirklich demokratischen System nicht mehr gewählt zu werden.
Die Internationalen Organisationen übernehmen in solchen Situationen Aufgaben, die sonst die Exekutivorgane haben. Die OSZE-Teams fahren durchs Land, treffen Lokalgrößen und Kommandanten der Mazedonischen Armee, reden, treiben Geheimdiplomatie und versuchen ihrerseits, die Presse zu kontrollieren. Die Rückkehr der Polizei in das ehemalige Kampfgebiet wurde letzte Woche abgeschlossen. Harald Schenker von der OSZE:
Es geht darum, eine Atmosphäre herzustellen, in der die Polizei, aber auch die anderen Behörden, ihre Arbeit wieder aufnehmen können in diesen Gebieten. Kann man erreichen, indem man einen Plan erarbeiten lässt, wie die Zusammenarbeit der Behörden in der nächsten Zeit aussehen soll. Man kann das erreichen, indem man Beispiele von außen reinbringt. wir haben das in der Vergangenheit während der Krise eigentlich gemacht. Da ging es nicht um politische Zusammenhänge, sondern ganz konkret um Reaktion von verschiedenen lokalen Institutionen in einer Krisensituation.
Die internationalen Organisationen müssen neutral bleiben. Doch beide Seiten in den Dörfern versuchen, die Nato auf ihre Seite zu ziehen. Immer wieder werden Falschinformationen gestreut. Der Tenor ist immer der gleiche: Die andere Seite provoziere und habe geschossen. Überprüfungen ergeben, dass das nicht stimmt.
In diesem Frühjahr redeten viele Menschen über eine bevorstehende Offensive der UCK pünktlich zum Jahrestag des Konfliktes, ausgelöst und hereingetragen durch die UCK-Kämpfer aus den Bergen an der Grenze zum radikalalbanischen UNO-Protektorat Kosovo. Andere behaupten, die weitgehend als korrupt verschrieene Regierung Mazedoniens könnte den Konflikt vor den für den 15. September angesetzten Parlamentswahlen anheizen, um die Wahlen aussetzen zu können oder aber um nationalistische Wähler zu gewinnen. Derartige Gerüchte werden dadurch noch verbreitet, dass mazedonische Journalisten sie ungeprüft übernehmen.
Eine Ausnahme in der mazedonischen Medienlandschaft ist das slavomazedonische Nachrichtenmagazin "Forum" aus Skopje. Chefredakteur Saco Ordanovski meint, es gäbe genug Leute, die ein Interesse an einer unsicheren Situation in Mazedonien hätten, auch außerhalb des Balkanstaates. Und die würden Mazedonien als Operationsgebiet brauchen. Die Probleme in Mazedonien könnten deshalb nur im Kontext mit der ganzen Region gelöst werden. Ordanovski:
Es müssen Sicherheitsstandards festgelegt werden, auch wirtschaftlich. Die Probleme müssen strategisch in allen Teilen der Gesellschaft angegangen werden. Was wir brauchen, ist Toleranz, nicht nur Vertrauen. Und ich denke, wir arbeiten auf beiden Seiten daran. Alle politischen Änderungen, die in Mazedonien gemacht wurden, sind strukturell gewesen, nun muss die Realität folgen. Das heißt, eine größere Sicherheit in den Gegenden, die von der mazedonischen Polizei nicht kontrolliert werden, mehr Albaner in der Staatsadministration und so weiter. Und das braucht Zeit. Und wir müssen die Zeit so konstruktiv wie möglich nutzen.
Die mazedonische Regierung scheint dieser Aufgabe allerdings kaum gewachsen. Sie hat den internationalen Organisationen einen großen Teil ihrer Souveränität abgetreten. Und dort gibt es Konzepte. Harald Schenker von der OSZE:
Es wird sicherlich ein langer, und auf jeden Fall ein Lernprozess sein in den Dörfern, für die OSZE, für die Polizei, für die Regierung u.s.w. u.s.w. Nun ist das Ziel nicht nur dieser Polizeirückkehr, sondern auch der Polizeiausbildung, die wir durchführen, eben neue, moderne, zeitgenössische Polizeikonzepte einzuführen. Wovon auch wieder die Bürger, egal welcher Ethnie, profitieren können. Aber, wie gesagt, es ist sicherlich ein Prozess, der noch längere Zeit brauchen wird.
Arben Xhaferi, der greise Albanerführer, betont, nach seinen Visionen für Mazedonien gefragt, stereotyp die Eckpunkte des Abkommens von Ohrid. Dann führt er aus:
Die Slavomazedonier haben eine paranoide Sichtweise auf die Albaner, die nicht begründet ist. Die Mazedonier haben den Staat, die Institutionen, die Armee, die Polizeikräfte. Sie haben jede Art von institutioneller Unterstützung für ihre Ideen. Da frage ich mich, wer hier Angst vor wem haben muss. Die Slavomazedonier haben keinen Grund, denn die Albaner bedrohen die mazedonischen Interessen nicht.
Jüngst ging der Streit darum, ob in mazedonischen Pässen nun auch die albanische Sprache berücksichtigt werden soll. Xhaferi drohte sogar damit, die Parlamentswahlen platzen zu lassen und warnte vor dem erneuten Ausbruch von Kämpfen. Auf albanischer Seite drängen nach dem Ende des bewaffneten Konflikts und der Amnestie für UCK-Kämpfer viele ehemalige UCK-Kommandanten in den parlamentarischen Prozess.
Sie wollen für die Parlamentswahlen im September kandidieren. Auch Ali Ahmeti, ehemaliger UCK-Kommadant. Ahmeti mit seiner Partei Demokratische Union für Integration hat das Zeug, der wichtigste politische Führer der Albaner zu werden. Er betont derzeit, dass eine Spaltung des Landes in einen albanischen und einen slavischen Teil nicht mehr das Ziel sein könne. Allerdings haben die UCK-Kämpfer kaum politische Erfahrung. Es kann daher durchaus sein, dass die etablierten Parteien nach den Wahlen erneut dominieren und die Pfründe untereinander auskungeln.
Schon im Vorfeld gab es Streit zwischen Xhaferi und anderen albanischen Führern. So verließ Xaferie mit seiner Partei den extra eingerichteten Koordinierungsrat der Albaner. Ihm war vorgeworfen worden, zur politischen Elite Mazedoniens zu gehören und sich entsprechend korrupt zu verhalten. In politisch informierten Kreisen heißt es, Xaferie kamen diese Vorwürfe gerade recht. Er wolle sich nicht von dem UCK-Kommandanten Ahmeti führen lassen.
Beobachter befürchten, dass die nahe Zukunft und Stabilität Mazedoniens durch politische Ränkespiele und Besitzstandswahrung verspielt wird. Dafür spricht auch, dass die mazedonischen Regierenden definitiv kein Interesse an einer einigermaßen seriösen Information der Öffentlichkeit haben. Sie profitieren alle von den gegenseitigen Vorurteilen. Die albanische Professorin Teuta Arifi:
Die Hauptvision, die entwickelt werden muss, ist, wie die Gesellschaft wieder aufgebaut werden kann und wie das Ohrid-Abkommen implementiert werden kann. Ich fürchte, dass wir davon in den kommenden Monaten wenig sehen werden. Wir erwarten mehr Visionen nach den Parlamentswahlen.
Harald Schenker meint, es gäbe keine Perspektive jenseits der europäischen Integration. Das aber macht ein dauerhaftes Engagement nötig.
Es ist auch ganz klar, dass eine isolierte Integration Mazedoniens kein Thema ist. Also, es muss in ein regionales Konzept eingebettet werden. Auf jeden Fall ist es klar, dass wirtschaftlich die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ländern hier gestärkt werden muss. Und das sind Sachen, die zum Teil durch den Stabilitätspakt, zum Teil durch andere Initiativen forciert werden. Ich denke mal, in groben Zügen gesehen, in eine richtige Richtung.
Der Chefredakteur der Zeitschrift Forum, Saco Ordanovski, ist hingegen skeptisch. Der Kosovo und Mazedonien seien ein Experiment der internationalen Organisationen am lebenden Objekt.
Alle Möglichkeiten sind offen. Aber wenn das Experiment nicht erfolgreich ist, dann heißt das, dass es in der ganzen Region nicht erfolgreich war. Das wird in der Region danebengehen, das heißt, dass extreme politische Widersprüche wieder dominieren, das heißt, dass sie nicht in der Lage sein werden, die Kriminalität zu stoppen, das heißt, dass wir immer mehr ein bedeutendes Problem für die Innenpolitik im Westen, in der Europäischen Union werden, denn schon jetzt sind die Probleme innenpolitische Probleme, mit den Flüchtlingen, mit den Emigranten. Die werden immer mehr werden, immer mehr Teil der heimischen Agenden ihrer Politiker. Und das heißt, dass jemand schließlich den ganzen Ansatz überarbeiten muss.
10 bis 15 Jahre gesellschaftliche Entwicklung wären dann vergeblich gewesen, meint Ordanovski. Gleichzeitig zeigt er eine positive Alternative zu seinem Negativszenario:
Lassen Sie uns realistischer sein, in 10 bis 15 Jahren kann Mazedonien wie ein ordentlicher Balkanstaat aussehen, mit annehmbaren Löhnen auf dem Balkanniveau, mit einem annehmbar funktionierenden Staat, annehmbarer Wirtschaft, Justiz, und all diese Sachen. Mit wahrscheinlich mehr Industrieentwicklung als Schwerindustrie, was ökologisch wahrscheinlich gut genug ist. Ein Staat mit hoffentlich stabiler Demokratie und jährlichem wirtschaftlichen Wachstum. Das ist durchaus erreichbar. Ich glaube, dass in 10 bis 15 Jahren das das Bild von Mazedonien ist.
Vor 11 Monaten fand der Krieg im Norden des Landes mit dem Abkommen von Ohrid ein vorläufiges Ende. Ein halbes Jahr lang hatten albanische Rebellen der UCK und die mazedonische Armee die Bergdörfer in Schutt und Asche gelegt. Große Teile der Bevölkerung waren geflohen. Immer sind noch nicht alle an ihren Wohnort zurückgekehrt.
Der Frieden ist brüchig. Er wird von gut 700 Natosoldaten der Mission "Amber Fox" gesichert. Erst kürzlich hat die Regierung die Nato um eine Verlängerung des Mandats gebeten. Offiziell dient die Militärische Präsenz dem Schutz der etwa 250 Beobachter der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Eine der Hauptaufgaben war, die Rückkehr der Polizei in das Kampfgebiet zu ermöglichen, denn dort war durch den Konflikt ein rechtsfreier Raum entstanden.
Mazedonien ist ein souveräner Staat unter massivem internationalen Einfluss. Die Frage ist, wie lange das so weitergehen soll. Harald Schenker von der OSZE Mission in Skopje:
In absehbarer Zeit sehe ich keinen bewaffneten Konflikt. Ich gehe davon aus, dass es den einen oder anderen Terroranschlag in nächster Zeit geben wird. Aber ein Konflikt der Dimension des letzten Jahres ist zumindest in absehbarer Zeit nicht in Sicht. Dafür gibt es ganz gute Gründe: Die Führung der UCK hat den Weg der politischen Integration eingeschlagen.
Das Abkommen von Ohrid im August letzten Jahres war die Grundlage zur Entwaffnung der radikalen Albaner. Darauf folgte die auf 30 Tage befristete Mission "Essential Harvest". Bei der "bedeutenden Ernte" sammelten 3.500 Nato-Soldaten die Waffen der UCK-Kämpfer ein.
Die Diplomaten reden von einem Erfolg, tatsächlich aber ist im Kampfgebiet fast jeder noch bewaffnet. Zwar wurden mehr Waffen abgegeben, als erwartet, aber vor allem altes Zeug. Seitdem wurde das Nato-Mandat mehrfach verlängert. Zunächst waren die Deutschen die militärisch führende Nato-Nation in Mazedonien, jetzt haben die Holländer das Kommando.
In Mazedonien ist eine Mammutaufgabe zu bewältigen. Das Abkommen von Ohrid verpflichtet die Verantwortlichen, die albanische Minderheit in die Gesellschaft zu integrieren. Das ist schwierig, denn das Zusammenleben war schon vor dem Krieg eher ein Nebeneinander. Ohrid legt fest, dass jede Sprache, die von mindestens 20 Prozent der Bevölkerung gesprochen wird, Amtssprache ist - also auch albanisch. Weiter heißt es, dass alle Minderheiten proportional im Parlament vertreten sein müssen. Außerdem sollen die kommunalen Verwaltungen gestärkt werden, und die Albaner bekommen eine eigene Hochschule. Islam und Katholizismus sind nach dem Abkommen von Ohrid gleichberechtigt mit der vormals orthodoxen Staatsreligion.
Um all diese Dinge auch in die Tat umzusetzen, ist vor allem wirtschaftliches Wachstum nötig. Gerade die vorwiegend von albanischen Mazedoniern bewohnten Bergregionen waren schon vor dem Krieg arm. Viele Familien leben seit Jahren ausschließlich von der Unterstützung durch Verwandte im Ausland. Gerade unter den Jugendlichen haben die Scharfmacher der radikalen Albaner deshalb leichtes Spiel. Harald Schenker von der OSZE:
Kurzfristig geht es erst mal darum, dass ein Grossteil der Bevölkerung frustriert ist mit der politischen Entwicklung, mit diesem Konflikt des letzten Jahres, der das Land politisch und wirtschaftlich sicherlich ein Stück weit zurückgeworfen hat. Es ist sicherlich auch richtig, dass die UCK einen Teil ihrer Rekruten aus der jungen Bevölkerung in den ländlichen Gebieten geholt hat, die natürlich keinerlei wirtschaftliche Perspektive hatten. Selbiges gilt für andere Regionen des Landes auch. Es gibt relativ wenig Arbeit. Insofern denke ich, dass der einzige wirkliche Stabilisierungsfaktor der wirtschaftliche ist.
Höhepunkt des internationalen Engagements für Mazedonien war eine Geberkonferenz im März dieses Jahres. Dem Balkanland wurden dort insgesamt 308 Millionen Euro Hilfe zugesagt, unter anderem für den Wiederaufbau und wirtschaftliche Entwicklung. Harald Schenker:
Was die Hilfe betrifft, rollt ja eigentlich die ganze Maschinerie jetzt erst an. Eben nach der Geberkonferenz, die erfolgreich war, erfolgreicher als man es eigentlich erwartet hätte. Es wird auf jeden Fall mit einer Umsetzungsperiode dieses Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens von mindestens 10-15 Jahren gerechnet, das ist ungefähr der Zeitraum, in dem wir längerfristig denken müssen.
Die Internationalen müssten sich auf eine dementsprechende Präsenz in Mazedonien einrichten. Noch ist das Investitionsklima allerdings auf dem Nullpunkt.
Es sind Betriebe entweder geschlossen worden, wie kürzlich Jugochrom, nördlich von Tetowo, das war der größte Arbeitgeber in der Region für Mazedonier, aber eben auch für Albaner. Andere Betriebe sind im Zuge des Konflikts zerstört worden, hauptsächlich Textilbetriebe (...) Eine der Prioritäten müsste es sein, diese zerstörten kleineren Betriebe wieder aufzubauen. Die großen Kolosse, die mussten eben geschlossen werden, weil das Teil der Abmachung zwischen Regierung und Weltbank, bzw. Weltwährungsfonds war.
Auch die Flüchtlinge würden erst in die zerstörten Gebiete zurückkommen, wenn sie die Chance haben, ihren Lebensunterhalt dort zu bestreiten, meint Schenker. Und sie müssen sich sicher fühlen vor Verfolgung und Schikanen.
Tatsächlich ist Mazedonien eine Zweiklassengesellschaft. Das Bildungsniveau der Slavomazedonier ist höher. Viele Albaner hatten bisher nicht die Möglichkeit, in höhere Positionen zu kommen. Zentrum der albanischen Bevölkerung ist Tetovo, eine Kleinstadt im Nordwesten Mazedoniens, am Fusse der Berge an der Grenze zum Kosovo. In dieser Gegend fand auch der bewaffnete Konflikt im letzten Jahr statt. Kurz vor dem Konflikt wurde in Tetovo die erste albanischsprachige Privatuniversität gegründet. Die Studierenden sind vor allem Albaner, denn die Slavomazedonier können zum großen Teil kein albanisch. Sie müssten ihr Denken ändern, meint die Hochschulprofessorin Teuta Arifi:
Die mazedonische Seite, gerade in den Medien, braucht mehr Informationen über die Realität in den albanisch bevölkerten Gebieten. In den mazedonischen Schulen sollte Albanisch als Wahlsprache angeboten werden, besonders in Westmazedonien. Außerdem müssen die Geschichtsbücher überarbeitet werden. Die gemeinsame Geschichte muss aufgeschrieben werden. Das sind vertrauensbildende Maßnahmen, und sie müssen durchgeführt werden.
In allen Teilen des Landes, gerade zwischen Slavomazedoniern und albanischen Mazedoniern, herrscht nahezu paranoide Angst vor dem Anderen. Slavomazedonier fürchten dabei vor allem um ihre Identität. Immer wieder wird der albanischstämmigen Bevölkerung angedichtet, zu viele Kinder zu zeugen und das Land so stückweise zu übernehmen. Harald Schenker:
Es gibt dieses Stereotyp dieser ach so fruchtbaren Albaner. Wenn man sich die Zahlen versucht anzusehen, dann ist auch da zu sehen, dass die Modernisierung langsam greift und die Geburtenraten sinken. Aber das große Vertrauen zwischen den beiden Gruppen hat nie funktioniert.
Arben Xhaferi ist der parlamentarische Führer der Albaner im Parlament von Mazedonien und Vorsitzender der demokratischen Partei der Albaner. Die Konflikte sitzen so tief, dass sie ohne Moderation von außen nicht zu lösen sind, meint Xhaferi.
Ich glaube, dass wir eine nicht nur formale politische Anwesenheit und Unterstützung brauchen. Wir brauchen die direkte Einbindung der Internationalen Organisationen in den ganzen Prozess, in die Veränderung der politischen Mentalität und der Gesellschaft, der Wirtschaft, und so weiter. Denn wir sind geprägt von der Vergangenheit, einer Mentalität, die typisch fremdenfeindlich ist. Und es dauert lange, um solche Dinge in der Gesellschaft zu verändern.
Es ist aber auch Aufgabe der mazedonischen Intellektuellen, eine gemeinsame mazedonische Identität zu entwickeln. Dazu bedarf es der Offenheit, auch der albanischen Mazedonier der Mehrheitskultur gegenüber. Für Teuta Arifi ist jedoch klar, wer sich bewegen muss.
Das gilt vor allem für die Mazedonier. Es ist schlimm, wenn eine Mehrheitsgruppe nicht fair mit den Privilegien umgeht, die sie hat, politisch und ökonomisch, und all den anderen Vorteilen. Manchmal ist es sehr hart, diese Privilegien im Namen von Demokratie und Gleichheit aufzugeben, aber so funktioniert die Welt nun mal. Man kann nicht immer privilegiert sein. Das ist hart, aber wahr.
Slavomazedonische Politiker reden nicht mit der Presse. Trotz diverser Nachfragen war kein Regierungsvertreter zu einem Interview bereit. Kenner der Szene erklären das mit mangelnder Intelligenz und der Angst, in einem wirklich demokratischen System nicht mehr gewählt zu werden.
Die Internationalen Organisationen übernehmen in solchen Situationen Aufgaben, die sonst die Exekutivorgane haben. Die OSZE-Teams fahren durchs Land, treffen Lokalgrößen und Kommandanten der Mazedonischen Armee, reden, treiben Geheimdiplomatie und versuchen ihrerseits, die Presse zu kontrollieren. Die Rückkehr der Polizei in das ehemalige Kampfgebiet wurde letzte Woche abgeschlossen. Harald Schenker von der OSZE:
Es geht darum, eine Atmosphäre herzustellen, in der die Polizei, aber auch die anderen Behörden, ihre Arbeit wieder aufnehmen können in diesen Gebieten. Kann man erreichen, indem man einen Plan erarbeiten lässt, wie die Zusammenarbeit der Behörden in der nächsten Zeit aussehen soll. Man kann das erreichen, indem man Beispiele von außen reinbringt. wir haben das in der Vergangenheit während der Krise eigentlich gemacht. Da ging es nicht um politische Zusammenhänge, sondern ganz konkret um Reaktion von verschiedenen lokalen Institutionen in einer Krisensituation.
Die internationalen Organisationen müssen neutral bleiben. Doch beide Seiten in den Dörfern versuchen, die Nato auf ihre Seite zu ziehen. Immer wieder werden Falschinformationen gestreut. Der Tenor ist immer der gleiche: Die andere Seite provoziere und habe geschossen. Überprüfungen ergeben, dass das nicht stimmt.
In diesem Frühjahr redeten viele Menschen über eine bevorstehende Offensive der UCK pünktlich zum Jahrestag des Konfliktes, ausgelöst und hereingetragen durch die UCK-Kämpfer aus den Bergen an der Grenze zum radikalalbanischen UNO-Protektorat Kosovo. Andere behaupten, die weitgehend als korrupt verschrieene Regierung Mazedoniens könnte den Konflikt vor den für den 15. September angesetzten Parlamentswahlen anheizen, um die Wahlen aussetzen zu können oder aber um nationalistische Wähler zu gewinnen. Derartige Gerüchte werden dadurch noch verbreitet, dass mazedonische Journalisten sie ungeprüft übernehmen.
Eine Ausnahme in der mazedonischen Medienlandschaft ist das slavomazedonische Nachrichtenmagazin "Forum" aus Skopje. Chefredakteur Saco Ordanovski meint, es gäbe genug Leute, die ein Interesse an einer unsicheren Situation in Mazedonien hätten, auch außerhalb des Balkanstaates. Und die würden Mazedonien als Operationsgebiet brauchen. Die Probleme in Mazedonien könnten deshalb nur im Kontext mit der ganzen Region gelöst werden. Ordanovski:
Es müssen Sicherheitsstandards festgelegt werden, auch wirtschaftlich. Die Probleme müssen strategisch in allen Teilen der Gesellschaft angegangen werden. Was wir brauchen, ist Toleranz, nicht nur Vertrauen. Und ich denke, wir arbeiten auf beiden Seiten daran. Alle politischen Änderungen, die in Mazedonien gemacht wurden, sind strukturell gewesen, nun muss die Realität folgen. Das heißt, eine größere Sicherheit in den Gegenden, die von der mazedonischen Polizei nicht kontrolliert werden, mehr Albaner in der Staatsadministration und so weiter. Und das braucht Zeit. Und wir müssen die Zeit so konstruktiv wie möglich nutzen.
Die mazedonische Regierung scheint dieser Aufgabe allerdings kaum gewachsen. Sie hat den internationalen Organisationen einen großen Teil ihrer Souveränität abgetreten. Und dort gibt es Konzepte. Harald Schenker von der OSZE:
Es wird sicherlich ein langer, und auf jeden Fall ein Lernprozess sein in den Dörfern, für die OSZE, für die Polizei, für die Regierung u.s.w. u.s.w. Nun ist das Ziel nicht nur dieser Polizeirückkehr, sondern auch der Polizeiausbildung, die wir durchführen, eben neue, moderne, zeitgenössische Polizeikonzepte einzuführen. Wovon auch wieder die Bürger, egal welcher Ethnie, profitieren können. Aber, wie gesagt, es ist sicherlich ein Prozess, der noch längere Zeit brauchen wird.
Arben Xhaferi, der greise Albanerführer, betont, nach seinen Visionen für Mazedonien gefragt, stereotyp die Eckpunkte des Abkommens von Ohrid. Dann führt er aus:
Die Slavomazedonier haben eine paranoide Sichtweise auf die Albaner, die nicht begründet ist. Die Mazedonier haben den Staat, die Institutionen, die Armee, die Polizeikräfte. Sie haben jede Art von institutioneller Unterstützung für ihre Ideen. Da frage ich mich, wer hier Angst vor wem haben muss. Die Slavomazedonier haben keinen Grund, denn die Albaner bedrohen die mazedonischen Interessen nicht.
Jüngst ging der Streit darum, ob in mazedonischen Pässen nun auch die albanische Sprache berücksichtigt werden soll. Xhaferi drohte sogar damit, die Parlamentswahlen platzen zu lassen und warnte vor dem erneuten Ausbruch von Kämpfen. Auf albanischer Seite drängen nach dem Ende des bewaffneten Konflikts und der Amnestie für UCK-Kämpfer viele ehemalige UCK-Kommandanten in den parlamentarischen Prozess.
Sie wollen für die Parlamentswahlen im September kandidieren. Auch Ali Ahmeti, ehemaliger UCK-Kommadant. Ahmeti mit seiner Partei Demokratische Union für Integration hat das Zeug, der wichtigste politische Führer der Albaner zu werden. Er betont derzeit, dass eine Spaltung des Landes in einen albanischen und einen slavischen Teil nicht mehr das Ziel sein könne. Allerdings haben die UCK-Kämpfer kaum politische Erfahrung. Es kann daher durchaus sein, dass die etablierten Parteien nach den Wahlen erneut dominieren und die Pfründe untereinander auskungeln.
Schon im Vorfeld gab es Streit zwischen Xhaferi und anderen albanischen Führern. So verließ Xaferie mit seiner Partei den extra eingerichteten Koordinierungsrat der Albaner. Ihm war vorgeworfen worden, zur politischen Elite Mazedoniens zu gehören und sich entsprechend korrupt zu verhalten. In politisch informierten Kreisen heißt es, Xaferie kamen diese Vorwürfe gerade recht. Er wolle sich nicht von dem UCK-Kommandanten Ahmeti führen lassen.
Beobachter befürchten, dass die nahe Zukunft und Stabilität Mazedoniens durch politische Ränkespiele und Besitzstandswahrung verspielt wird. Dafür spricht auch, dass die mazedonischen Regierenden definitiv kein Interesse an einer einigermaßen seriösen Information der Öffentlichkeit haben. Sie profitieren alle von den gegenseitigen Vorurteilen. Die albanische Professorin Teuta Arifi:
Die Hauptvision, die entwickelt werden muss, ist, wie die Gesellschaft wieder aufgebaut werden kann und wie das Ohrid-Abkommen implementiert werden kann. Ich fürchte, dass wir davon in den kommenden Monaten wenig sehen werden. Wir erwarten mehr Visionen nach den Parlamentswahlen.
Harald Schenker meint, es gäbe keine Perspektive jenseits der europäischen Integration. Das aber macht ein dauerhaftes Engagement nötig.
Es ist auch ganz klar, dass eine isolierte Integration Mazedoniens kein Thema ist. Also, es muss in ein regionales Konzept eingebettet werden. Auf jeden Fall ist es klar, dass wirtschaftlich die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ländern hier gestärkt werden muss. Und das sind Sachen, die zum Teil durch den Stabilitätspakt, zum Teil durch andere Initiativen forciert werden. Ich denke mal, in groben Zügen gesehen, in eine richtige Richtung.
Der Chefredakteur der Zeitschrift Forum, Saco Ordanovski, ist hingegen skeptisch. Der Kosovo und Mazedonien seien ein Experiment der internationalen Organisationen am lebenden Objekt.
Alle Möglichkeiten sind offen. Aber wenn das Experiment nicht erfolgreich ist, dann heißt das, dass es in der ganzen Region nicht erfolgreich war. Das wird in der Region danebengehen, das heißt, dass extreme politische Widersprüche wieder dominieren, das heißt, dass sie nicht in der Lage sein werden, die Kriminalität zu stoppen, das heißt, dass wir immer mehr ein bedeutendes Problem für die Innenpolitik im Westen, in der Europäischen Union werden, denn schon jetzt sind die Probleme innenpolitische Probleme, mit den Flüchtlingen, mit den Emigranten. Die werden immer mehr werden, immer mehr Teil der heimischen Agenden ihrer Politiker. Und das heißt, dass jemand schließlich den ganzen Ansatz überarbeiten muss.
10 bis 15 Jahre gesellschaftliche Entwicklung wären dann vergeblich gewesen, meint Ordanovski. Gleichzeitig zeigt er eine positive Alternative zu seinem Negativszenario:
Lassen Sie uns realistischer sein, in 10 bis 15 Jahren kann Mazedonien wie ein ordentlicher Balkanstaat aussehen, mit annehmbaren Löhnen auf dem Balkanniveau, mit einem annehmbar funktionierenden Staat, annehmbarer Wirtschaft, Justiz, und all diese Sachen. Mit wahrscheinlich mehr Industrieentwicklung als Schwerindustrie, was ökologisch wahrscheinlich gut genug ist. Ein Staat mit hoffentlich stabiler Demokratie und jährlichem wirtschaftlichen Wachstum. Das ist durchaus erreichbar. Ich glaube, dass in 10 bis 15 Jahren das das Bild von Mazedonien ist.