8 Uhr 45. Früh-TV. Das Bayerische Fernsehen schwenkt wie jeden Morgen gemächlich Skigebiete ab. Im Bild das Fungelände von Fieberbrunn im Pillerseetal. Pro Sieben markiert wie jeden Morgen das Spaßniveau des Senders:
"Was macht Mann denn eigentlich, wenn er so richtig heiß ist und Sex haben möchte, aber nicht ran an den Speck darf? - Er nimmt sich sein Faltenbügeleisen und steckt es sich zwischen die Beine. - Ähm. - Auch ne Möglichkeit."
Die Agnostiker des schieren Sinnlichen senden wie gewohnt - alle anderen bereiten sich auf ihre Liturgie vor. Ergriffenheit ist zu erwarten - wie damit umgehen? Auf Phoenix probiert es Claudia Roth mit der linkstraditionellen Modalphrase "ein Stück weit".
"Die Menschen waren ein Stück weit ergriffen, sie waren sicher traurig."
Auf N24 attestiert Dieter Kronzucker der Ergriffenheit ein hohes Maß von Authentizität.
"Ich glaube schon, daß die allermeisten nicht wegen der Sehenswürdigkeit da sind, sondern weil sie das Gefühl haben, daß in dieser zunehmend banalen, nüchternen manchmal auch vulgären Welt zwischen Himmel und Erde doch eine Institution ist, die das Leben mit Sinn füllt."
Auf ntv wird die Ergriffenheitsursachenforschung zunächst verschoben. Ein Werbebblock muß noch gesendet werden.
"Eine Rückkehr zum Mystischen, zum Religiösen Anfang des 21. Jahrhunderts? - Wir sind auf jeden Fall für sie dabei den ganzen Tag, live. - Wir machen jetzt eine? - Kurze Pause. - Verdienen bißchen Geld."
Und während die Privaten letzte Reklame vor der Beisetzung senden, kann BR-Chefredakteur und ARD-Sonderkorrespondent Siegmund Gottlieb konkurrenzlos die Superlative verkünden.
""Es ist die wohl größte Beisetzung in der Geschichte der Menschheit, die Anziehungskraft dieses Jahrtausendpapstes sprengt alle Dimensionen. Dieser Papst macht den Tag seines Abschieds zum größten Medienereignis in der Menschheitsgeschichte."
Das größte Medienereignis der Menschheitsgeschichte. Ermöglicht durch den globalen Einsatz eines nicht neuen - aber offenbar neu zu bewertenden Mediums. Der Großleinwand.
"Hier die Großleinwände" - "Überall gibt es Großleinwände." - "In der ganzen Stadt sind Großbildschirme aufgestellt. Niemand soll ausgegrenzt werden."
Niemanden ausgrenzen. Nie zuvor ist dieser Allgemeinplatz sozial-ethischer Forderungen an eine mediale Sekundär-Übertragungstechnik herangetragen worden. Nie zuvor ist die Großleinwand unmittelbar in den Gottesdienst gestellt worden.
"In diversen Kirchen und Jugendzentren werden Großbildleinwände aufgebaut, weil sich die katholische Kirche gesagt hat, wir wollen nicht, daß die Menschen vereinzelt vor dem Fernsehen sich das anschauen, sondern wir wollen, daß sie das in einer Gemeinschaft wie in einer Gemeinde tun und deshalb diese Großbildleinwände."
Fernsehen in Gemeinschaft. Gemeinschaft als Gemeinde. Die Großleinwand als weltgemeindestiftend.
"Wir sind hier im Dom in Regensburg und können dann live über die Leinwand voll an dem Gottesdienst in Rom teilnehmen. Es ist nicht einfach nur ein Fernsehschauen, sondern eine echte Teilnahme hier in der Gemeinschaft. Mithilfe der modernen Technik."
Technik, die die katholische Kirche heute nicht nur genutzt hat, sondern sich angeeignet und für sich verwandelt. Das Fernsehen als Massenmedium vereinzelter Zuschauer ist zur kollektiven Emanationsmaschine geworden, die eine mystische Direktausstrahlung hervorbringt. Und in der Konsequenz das Medium Fernsehen entmedialisiert. Auf der öffentlichen Großleinwand ist das Medium keines mehr. Es vermittelt nicht mehr, überträgt nicht mehr, verbindet nicht mehr, sondern geht völlig auf in der absoluten Identität - des Zuschauers mit dem Geschauten. Sofern er in Gemeinschaft mit anderen vor einer Großleinwand stand, erlebte er heute ein absolut entgrenztes Reality-TV. Fernsehen einer unmittelbaren Ergriffenheit, gegen die jede Kommentierung hilflos ist.
"Insgesamt ist hier eine sehr friedliche, man kann sagen, gläubige Stimmung."
Weshalb um 12 Uhr 40 die Kommentatoren der Beisetzung ihre Fernsehliturgie einstellen.
"Begleiten wir jetzt den Papst auf seinem letzten Weg. Schauen Sie einfach zu."
"Was macht Mann denn eigentlich, wenn er so richtig heiß ist und Sex haben möchte, aber nicht ran an den Speck darf? - Er nimmt sich sein Faltenbügeleisen und steckt es sich zwischen die Beine. - Ähm. - Auch ne Möglichkeit."
Die Agnostiker des schieren Sinnlichen senden wie gewohnt - alle anderen bereiten sich auf ihre Liturgie vor. Ergriffenheit ist zu erwarten - wie damit umgehen? Auf Phoenix probiert es Claudia Roth mit der linkstraditionellen Modalphrase "ein Stück weit".
"Die Menschen waren ein Stück weit ergriffen, sie waren sicher traurig."
Auf N24 attestiert Dieter Kronzucker der Ergriffenheit ein hohes Maß von Authentizität.
"Ich glaube schon, daß die allermeisten nicht wegen der Sehenswürdigkeit da sind, sondern weil sie das Gefühl haben, daß in dieser zunehmend banalen, nüchternen manchmal auch vulgären Welt zwischen Himmel und Erde doch eine Institution ist, die das Leben mit Sinn füllt."
Auf ntv wird die Ergriffenheitsursachenforschung zunächst verschoben. Ein Werbebblock muß noch gesendet werden.
"Eine Rückkehr zum Mystischen, zum Religiösen Anfang des 21. Jahrhunderts? - Wir sind auf jeden Fall für sie dabei den ganzen Tag, live. - Wir machen jetzt eine? - Kurze Pause. - Verdienen bißchen Geld."
Und während die Privaten letzte Reklame vor der Beisetzung senden, kann BR-Chefredakteur und ARD-Sonderkorrespondent Siegmund Gottlieb konkurrenzlos die Superlative verkünden.
""Es ist die wohl größte Beisetzung in der Geschichte der Menschheit, die Anziehungskraft dieses Jahrtausendpapstes sprengt alle Dimensionen. Dieser Papst macht den Tag seines Abschieds zum größten Medienereignis in der Menschheitsgeschichte."
Das größte Medienereignis der Menschheitsgeschichte. Ermöglicht durch den globalen Einsatz eines nicht neuen - aber offenbar neu zu bewertenden Mediums. Der Großleinwand.
"Hier die Großleinwände" - "Überall gibt es Großleinwände." - "In der ganzen Stadt sind Großbildschirme aufgestellt. Niemand soll ausgegrenzt werden."
Niemanden ausgrenzen. Nie zuvor ist dieser Allgemeinplatz sozial-ethischer Forderungen an eine mediale Sekundär-Übertragungstechnik herangetragen worden. Nie zuvor ist die Großleinwand unmittelbar in den Gottesdienst gestellt worden.
"In diversen Kirchen und Jugendzentren werden Großbildleinwände aufgebaut, weil sich die katholische Kirche gesagt hat, wir wollen nicht, daß die Menschen vereinzelt vor dem Fernsehen sich das anschauen, sondern wir wollen, daß sie das in einer Gemeinschaft wie in einer Gemeinde tun und deshalb diese Großbildleinwände."
Fernsehen in Gemeinschaft. Gemeinschaft als Gemeinde. Die Großleinwand als weltgemeindestiftend.
"Wir sind hier im Dom in Regensburg und können dann live über die Leinwand voll an dem Gottesdienst in Rom teilnehmen. Es ist nicht einfach nur ein Fernsehschauen, sondern eine echte Teilnahme hier in der Gemeinschaft. Mithilfe der modernen Technik."
Technik, die die katholische Kirche heute nicht nur genutzt hat, sondern sich angeeignet und für sich verwandelt. Das Fernsehen als Massenmedium vereinzelter Zuschauer ist zur kollektiven Emanationsmaschine geworden, die eine mystische Direktausstrahlung hervorbringt. Und in der Konsequenz das Medium Fernsehen entmedialisiert. Auf der öffentlichen Großleinwand ist das Medium keines mehr. Es vermittelt nicht mehr, überträgt nicht mehr, verbindet nicht mehr, sondern geht völlig auf in der absoluten Identität - des Zuschauers mit dem Geschauten. Sofern er in Gemeinschaft mit anderen vor einer Großleinwand stand, erlebte er heute ein absolut entgrenztes Reality-TV. Fernsehen einer unmittelbaren Ergriffenheit, gegen die jede Kommentierung hilflos ist.
"Insgesamt ist hier eine sehr friedliche, man kann sagen, gläubige Stimmung."
Weshalb um 12 Uhr 40 die Kommentatoren der Beisetzung ihre Fernsehliturgie einstellen.
"Begleiten wir jetzt den Papst auf seinem letzten Weg. Schauen Sie einfach zu."