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Medien-ABC
Verdachtsberichterstattung

Journalisten dürfen zwar über Gerüchte und Vermutungen berichten, müssen dabei aber besonders strenge Sorgfaltspflichten beachten. So soll etwa die gesellschaftliche Vorverurteilung von Personen verhindert werden.

Von Sören Brinkmann | 03.04.2017
    Ein Angeklagter vor dem Landgericht Frankfurt versucht, den Blicken der Öffentlichkeit zu entgehen. /Symbolbild
    Ein Angeklagter vor dem Landgericht Frankfurt versucht, den Blicken der Öffentlichkeit zu entgehen. /Symbolbild (dpa / picture-alliance / Stephan Scheuer)
    In ihrer Berichterstattung haben Journalisten besondere Sorgfaltspflichten zu beachten. Daher ist die Recherche eine der wesentlichen und zentralen Aufgaben.
    Im Pressekodex heißt es: "Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen."
    Insbesondere aus dem letzten Satz geht hervor, dass zwar über Gerüchte und Vermutungen berichtet werden darf, allerdings gelten für diese Verdachtsberichterstattung besondere Anforderungen. Dadurch soll beispielsweise die gesellschaftliche Vorverurteilung von Personen verhindert werden.
    Häufig stehen sich die Freiheit der Presse auf Berichterstattung und die persönlichen Rechte von Verdächtigen entgegen.
    Bei einem begründeten Verdacht, der sich aus zugetragenen Beweistatsachen ergibt, soll nur dann berichtet werden, wenn es ein Informationsinteresse der Allgemeinheit gibt. Außerdem gilt bei der Recherche, dass Informationen geprüft und Stellungnahmen der Betroffenen angefragt werden. Jedem muss also die Gelegenheit gegeben werden, zu der geplanten Verdachtsberichterstattung Stellung zu nehmen.
    Wichtig ist, dass auch entlastende Umstände berichtet werden, damit keine einseitige Sicht widergegeben wird. Sollten sich nachträglich entlastende Umstände ergeben, müssen diese in Artikeln, die in Online-Archiven abrufbar sind, hinzugefügt werden.
    Es gab bereits mehrere Gerichtsurteile zur Verdachtsberichterstattung. Zuletzt hat der Bundesgerichtshof im Dezember 2013 die aktuelle Rechtsprechung erläutert (Az.:VI ZR 211/12).