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Medienexperte hält "Killerspiele" für gefährlich

Wolf-Dieter Ring, Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz, hat sich für ein schärferes Vorgehen gegen Gewalt verherrlichende Computerspiele ausgesprochen. Die Kunstfiguren in den Spielen würden immer menschenähnlicher. "Wenn man sich das mal im Einzelnen ansieht, dann kann man überhaupt nicht der Auffassung sein, dass damit keine Wirkung verbunden ist", sagte Ring.

Moderation: Elke Durak |
    Elke Durak: So genannte Killerspiele, also Gewalt verherrlichende Computerspiele, sollten in Deutschland verboten werden. Dafür braucht es eine länderübergreifende Einigung, und die will Bayern jetzt herbeiführen über den Bundesrat, vielleicht sogar heute noch. Gleichzeitig wird über mangelnden Jugendschutz im Internet geklagt. Hier müsste und könnte sehr viel mehr getan werden als bisher, meinen Experten, und sie verweisen auf einen Staatsvertrag, den es seit 2003 dazu gibt.

    Am Telefon ist Professor Wolf-Dieter Ring. Er ist Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz, zugleich auch Leiter der bayerischen Landeszentrale für neue Medien. Und diese Kommission soll den erwähnten Staatsvertrag beziehungsweise dessen Einhaltung überwachen. Herr Ring, wie ist denn eine solche Überwachung überhaupt möglich?

    Wolf-Dieter Ring: Wir müssen zunächst, wenn wir über Killerspiele und den Staatsvertrag hier diskutieren, Frau Durak, mal klar machen: Was ist überhaupt die Aufgabe dieser Kommission und was findet zurzeit praktisch statt? Die wesentlichen Erscheinungsformen, um die wir uns jetzt hier gerade, zu Recht denke ich, so kritisch auseinandersetzen, das sind Offline-Spiele. Das heißt es sind DVDs, es sind CD-Roms. Auch mit Hilfe des Internets werden Communitys gebildet, aber das läuft sehr stark im Bereich der Individualkommunikation wie zum Beispiel Chat Rooms. Das Runterladen von Spielen über das Internet, also Online, das ist erst am Anfang der Entwicklung. Auch das ist ein wichtiger Punkt. Für diese Entwicklung ist die Kommission Jugendmedienschutz auch zuständig. Das, was uns jetzt so bewegt, diese Killerspiele, die werden in besonderer Weise bewertet - das war ja in dem Beitrag gerade auch angesprochen - von der USK. Das ist eine Einrichtung, die die Altersfreigaben vorsieht, und die hat ja eine Reihe von Spielen freigegeben, die uns heute so in ganz besonderer Weise hier aufregen.

    Durak: Sie würden also bestimmte Computerspiele verbieten?

    Ring: Ich will auch noch mal darauf aufmerksam machen, dass es schon Verbote gibt. Ich bin auch durchaus dafür, dass wir hier mal in besonderer Weise Maßnahmen ergreifen, wo diese Verbreitung dieser Killerspiele eingeschränkt wird. Aber ich will mal darauf aufmerksam machen, dass es ja den Paragrafen 131 des Strafgesetzbuches gibt. Danach sind schon Spiele in Deutschland verboten. Das ist das Verbot von Gewaltverherrlichung und Menschen verachtende Angebote. Das findet ab und zu statt. Da sind schon Spiele verboten wie zum Beispiel "Man hunt", "Mortal Kombat II" und so weiter, die in Deutschland überhaupt nicht, auch nicht für Erwachsene angeboten werden.

    Durak: Noch nicht vielleicht?

    Ring: Das Wichtige ist, dass wir dann auch mal darüber diskutieren, wie man dieses Strafrecht verschärft, möglicherweise mit Beschlagnahmemöglichkeiten, die damit ja verbunden sind, und alles daran setzt, damit überhaupt der Verbreitung dieser Spiele entgegengewirkt wird.

    Durak: Herr Ring, wie kommt man denn den "Tätern", Anführung, Abführung, auf die Spur?

    Ring: Denen kommen sie auf die Spur, so wie die USK es macht. Dort werden ja Spiele vorgelegt. Es müssen ja Spiele vorgelegt werden. Diese Spiele sind zum Teil - zum Beispiel "Counter Strike" – ist ja durch die USK ab 16 freigegeben worden.

    Durak: War das ein Fehler?

    Ring: Das ist ja ein ganz offizieller Bewertungsvorgang, der offensichtlich durch viele kritisch begleitet wird, weil man sagt, das ist nicht scharf genug, was dort an Bewertungen oder an Freigaben stattfindet.

    Durak: Sagen Sie das auch?

    Ring: Wir beschäftigen uns gerade damit, weil das ja in der weiteren Entwicklung die KJM, wenn das Online kommt, hier auch verstärkt fordert und in die Verantwortung nimmt. Es gibt insbesondere den Herrn Pfeiffer, der schon jetzt vielfach zitiert ist, der Kriminologe, der sich mit diesen Fragen intensivst auseinandergesetzt hat. Der hat festgestellt, dass eine Vielzahl dieser Freigaben viel zu großzügig sind. Ich will das noch nicht abschließend sagen, aber die Diskussion muss uns jedenfalls dazu veranlassen, hier Maßnahmen zu ergreifen, damit diese Spiele in der Verbreitung eingeschränkt werden oder überhaupt von der Verbreitung ausgeschlossen werden.

    Durak: Immer wieder wird ja auch vom Nachahmungseffekt gesprochen, der sich aus solchen Spielen ergibt. Der Amokläufer von Emsdetten soll sich mit "Counter Strike" und anderen beschäftigt haben. Jetzt hat er wo möglich einen Nachahmer gefunden. Die Nachrichtenagenturen berichten, dass gestern bereits in Berlin ein 17-jähriger Schüler festgenommen worden ist, weil er seinen Mitschülern mit einem Amoklauf gedroht haben soll. Mal abgesehen davon, ob das vielleicht ein verbaler Trittbrettfahrer nur ist, Herr Ring, für wie groß halten Sie denn den Nachahmungseffekt solcher Spiele, ob sie nun aus der DVD kommen oder aus dem Internet geholt werden?

    Ring: Ich denke wenn man sich mal mit diesen Killerspielen und anderen gewalthaltigen Spielen beschäftigt hat und wenn man mal die Art und Weise der Spielanlage: Das sind ja Ego-Shooter. Der Spieler ist selber derjenige, der Menschen tötet. Durch die neue Technik werden ja diese Kunstfiguren immer menschenähnlicher, immer realistischer. Wenn man sich das mal im Einzelnen ansieht, dann kann man überhaupt nicht der Auffassung sein, dass damit keine Wirkung verbunden ist. Selbst wenn es Streit über die Wirkung gibt, das Gefährdungspotenzial ist so hoch, dass wir halt Risikovorsorge betreiben müssen. Deswegen bin ich auch der Meinung, dass das verstärkt angegangen werden muss.

    Vielleicht noch zum Internet generell: Wir müssen auch in Deutschland sehen - jetzt rede ich auch noch mal deutlich als KJM-Vorsitzender, auch in der Verantwortung der KJM -, wir haben als einzige in Europa in Deutschland einen Jugendmedienschutzstaatsvertrag, wonach die Kommission, die KJM, auch für Inhalte im Internet zuständig ist und die problematischen Inhalte bekämpfen muss, also Pornografie zum Beispiel als freien Zugang, Gewaltverherrlichung - wir sind gerade bei dem Thema -, Nazi-Seiten. Das gibt es in ganz Europa sonst nicht. Wir müssen auch schauen, dass wir in dieser globalen Welt unsere Überzeugungen auch anderen vermitteln. Und ich bin ständig in europäischen Diskussionen und vertrete dieses deutsche Modell. Das will ich nur einmal der Vollständigkeit halber sagen. Wir sind in Deutschland hier schon einen sehr offensiven Weg gegangen, zu Recht, aber er ist nicht international hier bisher beschritten worden.

    Durak: Was uns aber nicht daran hindern sollte, weiter daran zu arbeiten. Besten Dank, Wolf-Dieter Ring. Er ist Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz und Leiter der bayerischen Landeszentrale für neue Medien.