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Medienkrieg in Venezuela

In der vergangenen Woche kam es in Caracas wiederholt zu Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern von Präsident Hugo Chávez.

Gaby Weber | 12.12.2003
    "Er soll gehen", so die Parole der bürgerlichen Opposition. Am Wochenende zuvor hatte die Opposition in ganz Venezuela zu einer Unterschriftensammlung aufgerufen, um eine Volksabstimmung zu erzwingen, mit der Chávez zum vorzeitigen Rücktritt gezwungen werden soll. Dafür braucht sie zweieinhalb Millionen Unterschriften.

    Und die sind zusammen gekommen, behaupten die Sprecher der Chávez-Gegner. Ob dies wirklich so ist, wird sich herausstellen, wenn die Unterschriften ausgezählt und auf ihre Gültigkeit überprüft worden sind. Und Hugo Chávez hat die Behörden aufgefordert, sorgfältig zu prüfen. Es kann also noch eine Zeitlang dauern, bis feststeht, ob Anfang kommenden Jahres die Venezolaner über den Fortgang seiner Regierung abstimmen werden. Bis dahin werden die Proteste weiter gehen.

    Beide Seiten beschuldigen sich, einen Putsch vorzubereiten. Chávez glaubt, dass es seinen Gegnern nicht um mehr Demokratie geht sondern dass sie einen Bürgerkrieg anzetteln wollen. Die Polizei will Waffenlager und Putschpläne gefunden haben. Die Opposition wiederum befürchtet, dass Chávez einen "Putsch von oben" plant. Er wolle, so heißt es, unter dem Vorwand der anhaltenden Proteste, die demokratischen Institutionen außer Kraft setzen – ganz nach dem Vorbild des früheren peruanischen Staatschefs Fujimori.

    Die Chávez-Gegner setzen alles auf eine Karte. Sie wollen nicht zwei Jahre bis zu den nächsten Wahlen warten. Sie wollen, daß Hugo Chávez JETZT geht. Die Zeit drängt. Im April letzten Jahres war ein Putsch gegen den Präsidenten gescheitert, und die privaten Medien – die heute die Opposition anführen - hatten laut Beifall geklatscht. Das hat ihnen Chávez nicht verziehen. Er sprach damals von einem "medialen Staatsstreich" und kündigte an, den – so wörtlich – "Medienkrieg zu gewinnen". Und das Ergebnis wurde im Mai dieses Jahres vorgelegt: das "Gesetz über die Soziale Verantwortung von Radio und Fernsehen." Es ist bereits im Parlament diskutiert worden und kann jederzeit verabschiedet werden. Es greift tief in die wirtschaftlichen und in die machtpolitischen Interessen der Privatmedien ein. Sie sprechen von einem "kommunistischen Machwerk" und sehen die Menschenrechte in Gefahr.

    Die Meinungen über den Gesetzentwurf sind geteilt. Die Interamerikanische Presse-Gesellschaft SIP hält das Projekt für einen "Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit". Und der Anführer der Anti-Chávez-Koalition, der Bürgermeister von Caracas, spricht von einer Provokation, so sein Sprecher Ramón Muchacho :

    Es ist nicht opportun, dieses Gesetz zum jetzigen Zeitpunkt zu verabschieden. Mitten in der offenen Auseinandersetzung zwischen den Medien und der Regierung.

    Informationsminister Jesse Chacón hingegen verteidigt sein Werk:
    Unser Vorhaben respektiert die Meinungsfreiheit und orientiert sich an den europäischen und amerikanischen Pressegesetzen.

    Der frühere Oberstleutnant ist engster Vertrauter von Präsident Chávez. Die beiden haben vor elf Jahren eine Militärrebellion gegen eine in Korruptionsskandale verwickelte Regierung angeführt. Zwei Jahre verbrachten sie im Gefängnis, was ihrer Popularität aber nicht schadete. 1998 schließlich gewann Hugo Chávez die Wahlen haushoch. Und zunächst unterstützten ihn auch die Medien: die große konservative Tageszeitung "El Nacional" und die privaten Radio- und Fernsehstationen.

    Doch nach seinem Wahlsieg überraschte Chávez seine Verbündeten. Er entpuppte sich als Freund Fidel Castros, prangerte den "Neoliberalismus" an und lehnte die Privatisierung des Erdöls ab. Die Fronten verhärteten sich, und im April 2002 ergriff der Arbeitgeberpräsident die Macht. Einer seiner ersten Amtshandlungen war die Schließung der staatlichen Radio- und Fernsehstation.

    Wir konnten am Tag des Putsches bis 21 Uhr berichten, danach war die Frequenz blockiert. Der Hörfunkdirektor verließ als erster die Redaktion. Erst zwei Tage später konnten wir an unsere Arbeitsplätze zurück...

    ... erinnert sich Hindu Anderi von "Radio Nacional". Die privaten Medien, so die Rundfunkjournalistin, stimmten die Bevölkerung auf den Bürgerkrieg ein. Sie zeigten erschossene Menschen minutenlang in Zeitlupe und Großaufnahme und forderten die Militärs zum Einschreiten auf.

    Die Minister wurden verhaftet und das Parlament und der Oberste Gerichtshof aufgelöst. Gleichzeitig verkündeten die neuen Machthaber über die privaten Kanäle ihre Erfolg versprechenden Pläne.

    Am nächsten Tag wendete sich das Blatt. Die Menschen aus den Armenvierteln verteidigten auf der Strasse die verfassungsmäßige Regierung. Diese Bilder zeigte das Fernsehen nicht. Es strahlte Zeichentrickfilme aus, bis Radio Nacional wieder auf Sendung ging und über den gescheiterten Putsch berichtete. Diese Geschehnisse sollen sich nicht wiederholen, erklärte die Regierung und kündigte ein neues Pressegesetz an. Im Mai dieses Jahres legte sie das "Gesetz über die Soziale Verantwortung von Radio und Fernsehen" vor. Es war längst überfällig, meint Hindu Anderi vom staatlichen Rundfunk, denn es regelt endlich das Recht auf Gegendarstellung und Widerruf. Künftig sollen Betroffene die Zivilgerichte anrufen können, wenn falsche Informationen über sie verbreitet werden.

    Bisher können über Radio und Fernsehen falsche Behauptungen aufgestellt werden, ohne dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. In Zukunft werden Lügen straf- und zivilrechtliche Konsequenzen haben, für den Journalisten, der die falsche Behauptung aufgestellt hat, und für den Kanal.

    Daran stören sich die Betreiber der privaten Fernsehstationen. Nur der Journalist - aber nicht sie - soll für die Behauptung gerade stehen.

    Das Gesetz teilt den Tag vor dem Bildschirm in drei Strecken ein: Da sind zunächst die Sendungen zwischen sieben Uhr morgens und 19 Uhr, Programme für alle, auch für Kinder. In diesem Zeitraum dürfen Gewalt- oder Pornofilme nicht ausgestrahlt werden.

    Zwischen 19 bis 23 Uhr dürfen Sendungen veröffentlicht werden, die Kinder in Gegenwart von Erwachsenen sehen, die harte Szenen wie Gewalt, Terrorismus und Kriege erklären können. Das Nachtprogramm ist freier. Bestimmte Aufnahmen jedoch dürfen zu keiner Uhrzeit gesendet werden: Diskriminierung von Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihrer sozialen Herkunft, ihrer Rasse, ihrer politischen Ideen, ihrer Religion, ihres Geschlechts oder ihres sexuellen Verhaltens. Sowie Aufrufe zur Gewalt oder zum Bürgerkrieg.

    Die Opposition kritisiert, dass diese Vorschrift zum Beispiel Aufnahmen vom 11. September verbieten würde. Informationsminister Chacón widerspricht. Er will, sagt er, nicht Nachrichten unterbinden:

    Aber Sensationsjournalismus wird es erst in den Abendstunden geben: Großaufnahmen sterbender Menschen, Wiederholungen und Zeitlupe von Gewaltszenen etwa. Und wir regeln die Verantwortung für Inhalte. Wer etwas behauptet oder behaupten lässt, muss dafür gerade stehen.

    Das Gesetz bestimmt, für welche Produkte, zu welcher Uhrzeit und in welchem Umfang geworben werden darf. Die Faustregel heißt, daß grundsätzlich nur ein Viertel der Sendezeit mit Werbung gefüllt werden darf.

    Alkoholische Getränke dürfen nur zur späten Stunde angepriesen werden. Unabhängig von der Uhrzeit wird verboten: Propaganda für Zigaretten, Drogen, Glücksspiel, Waffen und Telefonsex.

    Die Betreiber der privaten Fernsehkanäle lehnen diesen Paragraphen als "Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit" ab: aber das Verbot vertreibt zahlende Anzeigenkunden.

    Der Gesetzesvorschlag sieht eine neue Steuer vor, von der lediglich gemeinnützige Radio- und Fernsehstationen ausgenommen sind. Die privaten Betreiber sollen zwei Prozent ihres Jahresumsatzes in den "Fond der sozialen Verantwortung" einzahlen. Und alle Radio- und Fernsehbetreiber müssen künftig pädagogische Programme ausstrahlen, für Kinder und Jugendliche, insgesamt drei Stunden pro Tag.

    Reine Nachrichten- oder Unterhaltungsprogramme rund um die Uhr werden damit unmöglich, beanstandet die Opposition. Auch dies sei ein unzulässiger "Eingriff in die Programmgestaltung".

    Der Rundfunk soll mindestens vierzig Prozent venezolanische Musik ausstrahlen sowie zehn Prozent lateinamerikanische Musik.

    Sechzig Prozent aller Fernsehsendungen müssen künftig im Land hergestellt werden, erklärt die Journalistin Anderi von Radio Nacional. Diese Vorschrift gelte nur für die kommerziellen Sender. Der Gesetzgeber gehe davon aus, daß die alternativen Kanäle, die keinen Gewinn erwirtschaften, ohnehin vor allem über Lokales, aus der Nachbarschaft, berichten.

    Über die Hälfte dieser 60 Prozent muss von unabhängigen Studios, also nicht von den Monopolen, produziert werden. So soll unsere Filmproduktion gefördert werden.

    Diese "unabhängigen Produzenten" müssen sich in ein Register der Aufsichtsbehörde eintragen lassen. Akzeptiert werden nur Personen, die in den letzten zwölf Monaten nicht bei privaten Fernsehstationen gearbeitet haben. So will der Gesetzgeber verhindern, dass die privaten Betreiber mit Strohmännern Firmen gründen, die nach Außen hin unabhängig sind.

    Diese Vorschrift ist sicher gut gemeint. In der Praxis wird sie aber kaum umzusetzen sein. So die Einwände von Leuten, die das neue Gesetz nicht grundsätzlich ablehnen und sich nicht zur Opposition gegen Hugo Chávez zählen. Bisher arbeiten in Venezuela kaum unabhängige Studios, die die vorgeschriebenen sechzig Prozent des Programms herstellen könnten. Ein Institut zur Filmförderung müsste gegründet, Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Aber das ist bislang nicht in Sicht. Und woher sollen die künftigen "unabhängigen Programm-Macher" kommen – wenn nicht, zumindest zum Teil, von den Kommerzmedien? Dort tragen sich viele erfahrene Journalisten schon lange mit dem Gedanken, sich selbständig zu machen. Das Gesetz erkennt sie aber erst als "unabhängig" an, wenn sie ein Jahr lang kein Arbeitsverhältnis mit einem privaten Kanal hatten.

    Geplant ist die Gründung eines "Rates der Sozialen Verantwortung von Radio und Fernsehen". In diesem Beirat sollen Vertreter von Regierung, Universitäten und Nicht-Regierungsorganisationen sitzen sowie die Verbraucherverbände, in denen sich Zuschauer organisieren. Sie sollen ihre - wie es heißt - "Rechte und Interessen in Sachen Kommunikation verteidigen" – was immer das bedeutet. Klar schreibt das Gesetz nur vor, dass sie Zugang zu ausgestrahlten Sendungen haben, also kontrollieren können, was über den Äther gegangen ist. Und die Sender werden verpflichtet, ihr gesamtes Programm aufzuzeichnen, sechs Monate lang aufzubewahren und auf Anfrage der Aufsichtsbehörde herauszugeben.

    Antonieta López, Vizepräsidentin des größten Privatsenders, Venevisión, bemäkelt, dass das Gesetz nicht mehr Demokratie sondern nur mehr Bürokratie einführt. Sie fürchtet, dass der neue Beirat politisch besetzt und missbraucht wird und dass sich die Schlägertrupps von Hugo Chávez in die Programmgestaltung einmischen werden, wenn ihnen ein Kommentar "unausgewogen" erscheint.

    Der Gesetzesvorschlag ist das schlimmste Attentat der Regierung auf die Meinungsfreiheit. Er ist total verfassungswidrig, denn es führt die Vorzensur ein. Die Sender müssen vorher ankündigen, was sie bringen wollen. Und wenn mein Studiogast etwas behauptet, was nicht der Wahrheit entspricht, wird nicht nur er sondern auch der Werbekunde verantwortlich gemacht.

    Die "Vorzensur" wird nicht eingeführt. Aber die Betreiber werden gezwungen, eine Programmvorschau vorzulegen. So etwas ist bislang in Venezuela nicht üblich.

    Eigentlich stören sich die Besitzer der privaten Medien weniger an einzelnen Artikeln des Gesetzes, meint der Moderator des Regierungsfernsehens, Ernesto Villegas. Mit ähnlichen Verboten leben viele andere Privatsender auf der Welt. Die venezolanischen Medienzaren verbitten sich grundsätzlich die Einmischung in ihr business – so als ob die Verbreitung von Meinungen und Lebensformen eine Privatangelegenheit sei:

    Die Medienbesitzer wollen überhaupt kein Pressegesetz, sondern bieten die Selbstzensur an. Sie sagen: das beste Gesetz ist das, das nicht existiert. Sie nehmen sich das Recht heraus, über ihre Medien das zu verbreiten, was sie wollen. Für sie soll das Gesetz des Dschungels gelten, wo der Stärkere siegt. Ich hingegen ziehe klare Regeln für alle vor.

    Der Regierungskanal Acht stellt bisher die Macht der privaten Sender nicht in Frage. Seine technische Ausstattung ist miserabel, in vielen Landesteilen kann er nicht empfangen werden. Der Sender leistet sich nicht einen einzigen Auslandskorrespondenten. Auch im Kanal Acht sind meist nur offizielle Stimmen zu hören.

    Villegas hat in den USA Journalismus studiert, schätzt die Trennung zwischen Meinung und Information. Auch in Oppositionskreisen genießt er Respekt. Er lädt in sein Programm Gäste aus allen politischen Lagern ein und lässt sie ausreden. Das ist im venezolanischen Fernsehen eher unüblich. Was Villegas von dem vorgelegten Gesetz hält? Er glaubt, dass einige Artikel noch umgeschrieben werden. Einige Punkte sind ungenau oder unausgegoren. Experten müssen zu Rate gezogen werden. Leider hatten es im Vorfeld viele abgelehnt, an dem Gesetz mitzuarbeiten.

    Einige Intellektuelle wollten sich nicht – wie sie sagten – vom "Kommunismus" benutzen lassen. Deshalb zogen sie sich aus der Diskussion zurück. In meinen Augen haben sie damit ihre akademische Pflicht verletzt und es zugelassen, dass sich Ungenauigkeiten und Übertreibungen eingeschlichen haben.

    Die venezolanische Fernsehlandschaft besteht bislang nur aus dem Regierungskanal Acht – Pro Chávez - und den privaten Kommerzsendern, allesamt eiserne Chávez-Gegner. Vor drei Jahren wurden die alternativen Radio- und Fernsehstationen legalisiert, die Stadtteilgruppen und unabhängige Journalisten als Piratensender betrieben hatten. Zum Beispiel Catia TV, im Armenviertel Catia. Nachbarschaftsfernsehen, das über drei Millionen Zuschauer erreichte. Catia TV wurde im Juli dieses Jahres geschlossen. Nicht von der Regierung sondern vom Bürgermeister von Caracas, dem Anführer der bürgerlichen Opposition. Weiter senden aber die unabhängigen Radios. Besuch bei Radio Alternativa:

    Wer bei uns regelmäßig Programm machen will, muss zuerst ein Projekt einreichen. Darüber entscheiden wir zusammen. Und er muss einen kleinen Beitrag für die Sendezeit zahlen.

    Dennis arbeitet seit zwei Jahren bei Radio Alternativa. Juristisch sind sie eine Stiftung, Gewinne werden nicht erwirtschaftet. Zwei Techniker und Dennis erhalten einen Lohn, umgerechnet fünfhundert Euro im Monat. Das Radio sendet Musik rund um die Uhr. Erst ab 13 Uhr wird Programm gestaltet. Meist werden Gäste ins Studio eingeladen, das ist billig und spart aufwendige Produktionen. Die Einrichtung wurde mit Spenden finanziert, den Unterhalt garantieren Werbekunden.

    "Wir sind keine Chavistas", versichert Dennis. Er sei Chávez gegenüber kritisch eingestellt. Aber seine Regierung habe auch Positives in Bewegung gesetzt. Seine Medienpolitik erlaubt nicht nur staatliches und privates Eigentum an den Kommunikationsmitteln, sondern auch das "soziale Eigentum". Rundfunk und Fernsehen in der Hand von Basisgruppen. Ohne Einmischung der Mächtigen.

    Während des Interviews mit Dennis ist Radio Alternativa nicht auf Sendung. Wie alle anderen - privaten und gemeinnützigen - Rundfunk- und Fernsehstationen bringt es die Rede des Präsidenten. Und der hat um 16 Uhr mit seiner Ansprache an das Volk begonnen, ohne Pause, über drei Stunden. Wie lange noch? Dennis zuckt die Achseln:

    Laut Gesetz sind sämtliche Sender verpflichtet, Mitteilungen der Regierung zu veröffentlichen, wenn sie dies wünscht. Alle Präsidenten haben in der Vergangenheit davon Gebrauch gemacht, um Bedeutendes zu verkünden: Neuwahlen, Regierungsumbildungen, Wirtschaftsprogramme.

    Alle Kanäle übertrugen diese Reden ohne zu murren. Es waren nur ein paar Minuten. Jetzt aber redet Chávez stundenlang. Über den Hunger in der Welt, den Neoliberalismus, Ungerechtigkeiten aller Art. Kein Radio und kein Fernsehkanal darf ausscheren, alle müssen in voller Länge übertragen. Keine Verkehrsmeldung darf die Rede unterbrechen, würde ein Krieg ausbrechen, würden die Venezolaner erst später davon erfahren. Millionen Werbeeinnahmen gehen verloren. Die privaten Fernsehbetreiber schäumen vor Wut.

    Was er von dem stundenlangen Gerede hält? Dennis schweigt. Es ist in diesem Medienkrieg zwischen Kommerzfernsehen und Regierung schwierig, unparteiisch und zugleich kritisch zu bleiben. Immerhin, wendet er ein, will das neue "Gesetz über die Soziale Verantwortung von Radio und Fernsehen" das Mitteilungsrecht der Regierung auf siebzig Minuten wöchentlich beschränken.

    Noch ist nicht entschieden, wer den "Medienkrieg" in Venezuela gewinnen wird. Es wäre wünschenswert, wenn Hugo Chávez den Gesetzentwurf in Ruhe überarbeiten lässt und ihn nicht im Parlament durchboxt – nur um einen Gesichtsverlust zu vermeiden.

    Die privaten Medien haben an Glaubwürdigkeit verloren. Nicht nur, weil sie vor anderthalb Jahren den Staatsstreich gegen die verfassungsmäßige Regierung unterstützt haben. Ihre Kritik an dem geplanten Mediengesetz greift zu kurz. Sie unterschätzen, dass sich überall auf der Welt die Auffassung durchsetzt, dass das Recht der Medienbetreiber spätestens dort endet, wo die guten Sitten, die Gesundheit und das friedliche Zusammenleben von Menschen gefährdet werden. Und dass das Recht, eine Meinung zu äußern, ALLEN sozialen Akteuren zusteht. Nicht nur den Besitzern der Medien.