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Medienpartnerschaften
Renommee gegen Geld

Bei vielen Veranstaltungen oder Konzerten sieht man die Logos von Zeitungen, Radio- oder Fernsendern. Grund dafür ist häufig eine so genannte Medienpartnerschaft - eine durchaus umstrittene Form des Medienmarketings.

Von Stefan Römermann | 02.05.2019
So könnte es aussehen: Künstliche Sternschnuppen über einem Popkonzert (Animation)
Popkonzerte - gern genutzt für Medienpartnerschaften (ALE)
Medienpartnerschaften bei Veranstaltungen können ganz unterschiedliche Formen haben. Manchmal steht tatsächlich nur das Logo einer Zeitung oder eines Senders mehr oder weniger gut sichtbar im Programmheft. Die Organisatoren bezahlen dann viel Geld, um ihren Veranstaltungen einen seriösen Anstrich zu verleihen: beispielsweise Kongressen von Lobbyorganisationen oder Pharmafirmen, erklärt Frank Lobigs, der sich an der TU Dortmund vor allem mit den wirtschaftlichen Grundlagen des Journalismus befasst.
"In der Regel nehmen dann auch Redaktionsmitglieder in irgendeiner Form an dem Programm teil. Indem sie moderieren, oder indem sie vielleicht sogar eine Keynote halten. Und das gibt natürlich einen gewissen Glaubwürdigkeitseffekt."
Sprich: Der gute Name der Zeitung oder des Senders färbt auf die Veranstaltung oder die Organisatoren ab. Diesen Effekt nutzen viele Medienhäuser auch selbst. Sie organisieren große Kongresse und Konferenzen, und werben aktiv um Sponsoren. Wenn die Rechnung aufgeht, verdienen die Medienhäuser damit viel Geld, das ähnlich wie der Verkauf von Werbeanzeigen die eigene Finanzierung sichert. Über die Summen, die für solche Medienpartnerschaften gezahlt werden, schweigen sich beide Seiten allerdings in der Regel aus.
"Und wir wissen auch nicht, wieviel das zum Umsatz genau beiträgt. Wir wissen sehr wohl, dass das eine inzwischen sehr, sehr relevante Erlössäule ist, deren Fehlen man kaum verschmerzen könnte."
Eine Form der Publikumswerbung
Bei vielen Medienpartnerschaften fließt allerdings überhaupt kein Geld. Das gilt beispielsweise für die Kooperationen, die das Deutschlandradio und seine drei Programme eingehen. Sie sind eher eine Art Tauschgeschäft: Der Veranstalter freut sich über den prominenten Namen des Medienpartners – und der Sender bekommt dafür vor Ort direkten Kontakt zu potenziellen Hörern, erklärt Deutschlandradio-Sprecher Jörg Schumacher.
"Und deswegen sind wir bei Medienpartnerschaften auf der Suche nach Einrichtungen oder nach Veranstaltern, die bundesweit an Themen arbeiten und Veranstaltungen organisieren, die zu unseren drei Programmen passen."
Ein Beispiel ist die netzpolitische Konferenz re:publica, von der @mediasres nächste Woche live sendet. Auch unser Schwesterprogramm Deutschlandfunk Nova ist mit einem gläsernen Studio als Partner in Berlin dabei.
"Da werden Programmflyer ausgeteilt, da gibt es verschiedene Mitmach-Aktionen. Und man kann aber auch live sehen, wie eine Sendung vor Ort produziert wird, wie Gäste ins Studio kommen. Da ist eine große Glas-Scheibe. Dahinter geht dann ne rote Lampe an."
Ob es zu einer Medienpartnerschaft kommt, wird beim Deutschlandfunk und vielen anderen Medien zusammen mit der jeweiligen Redaktion entschieden. Trotzdem gebe es keinen Druck, dass über die jeweilige Veranstaltung wegen der Partnerschaft besonders freundlich – oder dass überhaupt berichtet wird, sagt Schumacher.
"Das ist tatsächlich eine absolute Grenze oder ein No-Go solcher Partnerschaften. Die Unabhängigkeit der Berichterstattung ist das höchste Gut, das wir haben. Und das steht auch bei Medienpartnerschaften und Kooperationen nie zur Verhandlung.
Verdacht der Befangenheit muss vermieden werden
Bei der Wochenzeitung "Die Zeit" fühlt man sich schon mit dem Begriff "Medienpartner" unwohl. Schließlich sollte nicht das Medium oder die Redaktion der Partner sein, sondern das Unternehmen, findet der stellvertretende "Zeit"-Chefredakteur Moritz Müller-Wirth.
"Wenn wir Partner sind bei Veranstaltungen, bei Dingen, die für solche Kooperationen und Partnerschaften in Frage kommen, bestehen wir darauf, dass wir Kooperationspartner sind und nicht Medienpartner."
Damit nicht einmal der Anschein einer Befangenheit bei der Berichterstattung entsteht, hat man sich bei der "Zeit" außerdem für eine vergleichsweise radikale Lösung entschieden.
"Es gibt eine eiserne Regel: Wo wir Partner sind, das findet in der Zeitung nicht statt. Ende der Durchsage!"
Wie ein Medium mit Kooperationen umgeht, müsse aber letztlich jede Redaktion für sich entscheiden, findet Müller-Wirth. Tatsächlich können sich gerade kleinere Medien wie Regional- oder Lokalzeitungen den vermeintlichen Luxus einer klaren Trennung offenbar finanziell kaum leisten. Die stark eingebrochenen Erlöse aus dem klassischen Anzeigengeschäft müssen schließlich irgendwie kompensiert werden. Lukrative Medienpartnerschaften werden deshalb immer wichtiger – oft organisiert von Tochterfirmen der Zeitungsverlage, erklärt Medienwissenschaftler Frank Lobigs.
"Sie werden quasi zu einer Werbeagentur. Also sie machen Werbung im Grunde genommen - die nennen das auch "360-Grad-Vermarktung" – für regionale Wirtschaftsunternehmen. Und da stellt sich dann die Frage, ist die Unabhängigkeit der Redaktion immer gewahrt."