Mediensoziologe zu Musik-Rezeption Wie die Digitalisierung die Popmusik verändert
Die Digitalisierung sei der Grund dafür, dass sich die Aneignung, der Produktionsprozess und damit die Popmusik selbst verändere, sagte der Mediensoziologe Robert Seifert im Dlf. So werde das klassische Band-T-Shirt heute durch den Soundtrack ersetzt, den man mit sich führe.
Robert Seifert im Corsogespräch mit Sigrid Fischer | 25.07.2018
Das Themen-Alphabet reicht von Architektur, Bytes und Comics über Film und Mode bis Zukunftsmusik. Ohne Etiketten wie "U", "E", "Post" oder "Proto" analysiert und diskutiert das tagesaktuelle Magazin Phänomene der Gegenwartskultur. Corso ist alles andere als reine Nacherzählungsberichterstattung oder Terminjournalismus, der nur die Chronistenpflicht erfüllt. Das Popkulturmagazin dreht die Themen weiter, um Mehrwert und Neuigkeitswert zu bieten. Kulturschaffende sind regelmäßig zu Gast im Studio und stehen im Corsogespräch Rede und Antwort. "Corso - Kunst & Pop" spielt musikjournalistisch ausgewählte Songs, die aktuell sind und nationale sowie globale Trends abbilden. Denn Musik ist Information - und Popkultur ist ohne Popmusik nicht denkbar.
Popmusik ist immer und überall verfügbar (Unsplash / Sai Kiran Anagani )
Alles, was im Überfluss vorhanden und zugänglich ist, verliert an Wert, nicht nur an materiellem. Wie sich die Wertigkeit von Popmusik verändert hat, seit man sie nicht nur zu Hause am Plattenspieler und beim Livekonzert hören kann, sondern immer und überall, und seit man sie sich relativ unaufwändig immer und überall besorgen kann.
Und wie sich im Zuge dessen auch ihre Vermarktung und Rezeptionsweisen verändert haben - diesen Fragen ist der Mediensoziologe Robert Seifert nachgegangen, im Transcript Verlag ist soeben seine Dissertation "Popmusik in Zeiten der Digitalisierung" erschienen
Weniger Wertschätzung
Durch die Quantität der verfügbaren Popmusik gehe auch die Wertschätzung und Aufmerksamkeit dafür verloren, da ohne Plattenhüllen und CD-Cover die Informationsbeschaffung nicht mehr automatisch gegeben sein. Gleichzeitig habe man aber über das Internet auch mehr Möglichkeiten, aktiv mit Musik umzugehen, so Robert Seifert.
Ein unvorhersehbarer Nebeneffekt der Digitalisierung sei außerdem die verstärkte Nachfrage nach Vinyl und Live-Konzerten, denn die Menschen wollten zurück zur physischen Erfahrung. Der Wunsch nach mehr Authentizität drücke sich auch in dem Trend zu handgemachter Musik, zu Singer-Songwriter- und Folkmusik aus, wie sie etwa Ed Sheeran spiele.
Außerdem werde Musik mittlerweile so produziert, dass sie auch auf schlechteren Laptop- oder Smartphone-Lautsprechern gut klinge.
Robert Seifert: "Popmusik in Zeiten der Digitalisierung. Veränderte Aneignung – veränderte Wertigkeit" Transcript Verlag Bielefeld, 2018. 368 Seiten, 29,99 Euro.