Ihre Stiftung verändere die Forschung genauso wie Twitter die Kommunikation, sagt Susan Solomon. Sie hat 2005 die New York Stem Cell Foundation gegründet. Ihr Sohn hat Typ-1-Diabetes und Solomon hofft, mit Stammzellforschung eine Heilmethode für diese Krankheit zu finden. Die bisherige Forschung ging ihr zu langsam voran, niemand in der klassischen, öffentlichen Forschungsförderung wollte das Risiko übernehmen, in Methoden zu investieren, die ihren Nutzen noch nicht bewiesen hatten:
"Wir konnten nicht zehn oder zwanzig Jahre warten, bis die öffentliche Meinungsbildung abgeschlossen sein würde und die Wirtschaft gut läuft und alle Umstände passen. Wir wollten stattdessen an verschiedenen Fronten kämpfen, um sicherzustellen, dass diese Arbeit so schnell voranschreiten kann, wie die Wissenschaft bereit ist voranzuschreiten."
Susan Solomon wollte nicht auf Bedenkenträger warten. Inzwischen betreibt ihre Stiftung ein eigenes Forschungslabor. 22 Millionen Dollar wirbt sie jedes Jahr für ihre Arbeit ein - hauptsächlich von Familienstiftungen und wohlhabenden Einzelpersonen. Dass diese bereit sind, medizinische Forschung zu fördern, ist offenbar keine Seltenheit, sagt Martin Friedlander, Molekularbiologe in Kalifornien:
"Ich bekomme ungefähr einmal im Monat einen Anruf - und das gilt sicher für forschende Mediziner in Deutschland auch - von einer reichen Familie, in der ein Kind oder ein Onkel oder eine Tante an Sehverlust leidet. Und die einem Geld dafür geben wollen, dass man in diesem Gebiet forscht. Das funktioniert nie, es ist für alle Seiten unbefriedigend."
Friedlander spielt auf die überzogenen Erwartungen an, die viele an die Wissenschaft richten. Die Geschwindigkeit, mit der Forschung voranschreitet, kann Betroffene schnell frustrieren. Friedlanders Forschung am Scripps Institute wird zum Großteil durch staatliche Förderung finanziert. Doch er leitet auch ein Forschungsinstitut, das im Auftrag einer wohlhabenden Familie an der Heilung einer Augenkrankheit arbeitet. Dass das funktioniert, sei eine Ausnahme. Denn, so Friedlander:
"Die mischen sich nicht in die Wissenschaft ein. Sie haben zwar viel Input durch Zuhören und Feedback gegeben, aber sie lassen die Forscher und Ärzte das Projekt führen. Dabei hilft sicher auch, dass wir bedeutende Fortschritte gemacht haben. Hätten wir keinen Erfolg, sähe es vielleicht anders aus."
Die privat finanzierte Forschung motiviert nicht nur zu schnellen Erfolgen, sondern führt auch dazu, dass Ergebnisse laut Martin Friedlander und Susan Solomon schneller als sonst in die klinische Praxis überführt werden. Bei der klassischen Forschungsförderung würden Projekte an dieser Schnittstelle enden, was oft einen Wechsel des Geldgebers mit sich bringe. Stiftungsfinanzierte Forschung könnte hingegen einen kontinuierlichen Übergang vom Labor in die Klinik gewährleisten - wenn die Stifter die Funktionsweise der Wissenschaft verstehen. Genau darin sieht aber auch Jerome Kassirer, ehemaliger Chefredakteur des "New England Journal of Medicine" eines der Hauptprobleme:
"Ich frage mich, ob die Stifter immer wissen, wer die besten Berater sind, wenn es um die Entscheidung geht, welche Studien man finanzieren sollte. Es gibt viele Leute, die sich über Finanzierung freuen würden, aber die Frage ist, wie qualifiziert sie sind."
Er befürchtet, dass in vielen Fällen das Geld in die falschen Kanäle gelangt, weil Stiftungen und private Geldgeber die Qualität von Forschungsvorhaben nicht so gut beurteilen können, wie die etablierte Forschungsförderung mit ihrem Peer-Review-Prozess.