Archiv


Mediziner beginnen Drei-Jahres-EKG

Medizin. - An der Klinik St. Georg in Hamburg wurde jetzt zwei Patienten ein EKG-Rekorder eingepflanzt, der drei Jahre lang die Herzsignale aufzeichnet und damit präzisere Diagnosen bei Vorhofflimmern erlaubt. Nach Angaben der Klinik ist das weltweit das erste Mal. Der Kölner Herzspezialist Professor Erland Erdmann erläuterte das Gerät im Gespräch mit Ralf Krauter.

    Krauter: Herr Professor Erdmann, was ist von der Methode zu halten?

    Erdmann: Dieser Rekorder kann den Herzrhythmus permanent aufzeichnen. Und man kann ihn dann später abrufen, indem man ein kleines Gerät vorhält, und dann weiß man, was der Patient für einen Rhythmus hatte, ob er einem regelmäßigen Rhythmus hatte, oder ob er einen unregelmäßigen Rhythmus hatte, und man kann feststellen, ob er eine Arhythmie, also ein Durcheinander seines Herzrhythmus hat.

    Krauter: Das Ding ist so groß wie ein USB-Stick, war in den Agenturmeldungen zu lesen. Wie riskant ist es denn, das implantieren, ist das kompliziert?

    Erdmann: Das ist ganz harmlos. Das wird oben unter dem Schlüsselbein eingesetzt, unter die Haut und unter das subkutane Fettgewebe, ganz harmlos, ist klein und bleibt dort jahrelang drin. Also in diesem Fall für drei Jahre.

    Krauter: Worin genau besteht denn jetzt der Durchbruch, den ihre Kollegen aus Hamburg da jetzt vermelden? offenbar gibt es das Gerät ja schon länger, nur nicht in ganz so leistungsfähige Ausgabe.

    Erdmann: Genau das ist der Punkt. Bislang gab es die Geräte, die halten so etwa sechs Monate, dann muss man sie austauschen, also wieder eine kleine Operation machen, und nun ist es gelungen, aufgrund der besseren Technologie so ein Gerät zu implantieren, dass drei Jahre hält. Und Sie müssen sich vorstellen, es gibt Menschen, die kriegen in unregelmäßigen Abständen Herzrhythmusstörungen, sagen wir einmal alle drei Monate oder alle fünf Monate oder so etwas, und jetzt haben sie dieses Gerät drin, und dann kann man hinterher gucken, was sie für eine Rhythmusstörungen gehabt haben. Und die Behandlung ist natürlich für jede Art der Herzrhythmusstörungen unterschiedlich. Das heißt, man kann jetzt Patienten auch besser behandeln.

    Krauter: Das heißt, bisher hätte man bei solchen Patienten bei der Untersuchung in der Klinik gar nicht genau sagen können, wenn sie einen Tag oder selbst eine Woche da gewesen wären, was er denn eigentlich hat?

    Erdmann: Ja, das ist wirklich manchmal frustrierend. Da kommen Patienten zu einem und sagen, ich habe gestern Nacht Herzrhythmusstörungen gehabt, und mir wurde dabei ganz unwohl und schwindlig, und ich bin gar nicht so richtig zurande gekommen. Und dann sagt man, na wunderbar, und dann legt man ihnen ein 24-Stunden-EKG an, oder ein 48-Stunden-EKG, und in dieser Zeit passiert gar nicht. Und dann denkt man, ach Gott, der arme Mensch. Und dann kommt der plötzlich nach einem halben Jahr wieder und sagt, gestern hatte ich es schon wieder. Das ist heute nicht mehr so ein großes Problem.

    Krauter: Für wie viele Patienten könnte so etwas denn überhaupt interessant sein? Über welche Größenordnung reden wir da?

    Erdmann: Ja, das hängt davon ab, wofür man es benutzt. In Hamburg, die Kollegen, die benutzen dieses Gerät bei Patienten, die einmal Vorhofflimmern hatten und bei denen immer die Gefahr besteht, dass sie wieder Vorhofflimmern bekommen. Und jetzt überprüft man an diese Patienten kontinuierlich über drei Jahre, ob sie ihren schönen regelmäßigen Sinus-Rhythmus, nennen wir das, ob sie den behalten, oder ob sie zwischendurch wieder Vorhofflimmern bekommen. Und dann behandelt man sie mit anderen Medikamenten, so dass Sie Ihren Sinus-Rhythmus behalten. Für diese Indikation gibt es relativ viele Patienten. Für die andere Indikation, die ich ihn vorher genannt habe, unklare Rhythmusstörungen, eventuell mit Bewusstseinsverlust einhergehend, da gibt es nicht viele, möglicherweise nicht viele Patienten. Da sehe ich im Jahr vielleicht zehn davon.

    Krauter: Zusammenfassend gefragt: Die Kollegen in Hamburg haben allerhand medialen Wirbel veranstaltet. Ein bisschen viel, wenn man jetzt, wie Sie sagen, einfach nur feststellt, dass der Akku ein bisschen länger hält?

    Erdmann: Na ja, ich will das einmal so ausdrücken: es ist technologisch auf jeden Fall ein großer Fortschritt. Und für die Patienten einen Vorteil, für die Krankenkassen natürlich nicht, denn das Gerät wird sicherlich teuer sein. Ich weiß die Preise jetzt nicht, aber es wird sicher mehr als 1000 Euro kosten, und, naja, sagen wir's mal so, ein bisschen klappern gehört auch zum Handwerk.