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Meerseite bedeutet nicht unbedingt Meerblick

Urlaub ist die schönste Zeit des Jahres - so soll es zumindest sein. Wer schon bei der Buchung einer Ferienreise nichts dem Zufall überlassen möchte, tut gut daran, die Sprache der Urlaubskataloge richtig zu deuten. Da finden sich nämlich Fallstricke, die denen bei Arbeitszeugnissen in nichts nachstehen.

Von Britta Demmer |
    Die meisten seiner Kunden sind Stammkunden und sehr zufrieden mit seinem Angebot. Aber hin und wieder kehrt auch einer von ihnen unzufrieden von seiner Urlaubsreise zurück. Dreiviertel der Beschwerden und Probleme, die er dann zu hören bekommt, ließen sich vermeiden, wenn die Urlauber bereits bei ihrer Planung genau wüssten, was sie wollten, erklärt Kampschulte:

    "Wenn man sich ein Hotel in ruhiger Lage sucht und dann vermisst, dass da abends nix los ist, dann hätte man das vorher wissen können oder wenn man ein Hotel in verkehrsgünstiger Lage sucht, kann man sich nicht wundern, dass die ganze Nacht Straßenlärm ist."

    Wichtig ist, das Angebot des Veranstalters genau zu beachten. Viele Kunden lassen sich von der schönen Aufnahme des Hotels im Katalog beeinflussen. Auf die Beschreibung wird weniger geachtet, obwohl sie wichtige Details zur Lage und zum Komfort beinhaltet. Allerdings sei es nicht ganz einfach die Katalogsprache richtig zu deuten. Dazu bedarf es Übung:

    "Kleines Beispiel: 'Verkehrsgünstige Lage' liegt an einer großen Autobahn oder an einer Kreuzung. Kurze Transferzeiten heißt: mit Fluglärm ist zu rechnen. Wenn man ein Zimmer zur Meerseite hat, hat man noch lange keinen Meerblick, sondern dann stünde da 'Meerblick,' und das Zimmer ist zur Meerseite heißt, davor können noch drei andere Hotels stehen. Ein Hotel direkt am Meer ist noch lange nicht am Strand, sonst stünde da Strand, es könnte auch auf der Klippe stehen."

    Jörg Kampschulte empfiehlt deshalb jedem Reisewilligen eine professionelle Beratung. Auch wenn es um so genannte "Schnäppchen" geht. Vor kurzem traf er eine Kundin auf der Straße, die ihm sagte, dass sie diesmal nicht bei ihm, sondern im Internet gebucht habe, weil die Reise dort nur die Hälfte von dem koste, was er im Katalog anbiete.

    "Das kann nicht sein, sagte ich. Dann haben wir uns das zusammen angeschaut. Die Kundin dachte, sie hätte ein Mobilehome in Südfrankreich gebucht, also so einen feststehenden Wohnwagen, wo sie mit ihrer Familie Urlaub machen konnte. Hatte sie aber nicht. Sie hatte im Internet nur einen Stellplatz für ein Mobilehome gebucht. Das heißt da kann man hinterher nichts reklamieren, wenn man Urlaub auf der Betonplattte macht. Lieber vorher genau nachschauen und sich beraten lassen, was man bucht."

    Die meisten Beschwerden, mit denen die Kunden zu Kampschulte kommen, sind beim Veranstalter nicht zu reklamieren, da sie auf subjektiven Empfinden basieren und nicht den Katalogbeschreibungen widersprechen.

    "Eine schöne Situation: Kunden, die aus Griechenland zurückkamen, die sagten, also man konnte die ganze Nacht kein Auge zumachen - so ein Lärm. Ich kannte das Hotel zufälligerweise selber und wir hatten extra Zimmer mit Meerblick gebucht und ich wusste keine Diskothek ist auf der anderen Straßenseite, auch keine Straße. Also, da konnte kein Lärm sein. Ich sagte zu den Kunden, wir haben doch extra die Zimmer zur Meerseite gebucht. Da sagten die: Das ist es ja gerade, dieses Meeresrauschen, wer soll denn da die Augen zumachen."

    Was der eine als wohltuende Natur wahrnimmt, ist für den anderen störender Lärm. Beschwerden wie diese, die auf einer individuelle Wahrnehmung basieren, berücksichtigen die Reiseveranstalter nicht. Allein das kann reklamiert werden, was objektiv der Katalogbeschreibung widerspricht, so Kampschulte.

    "Ich hatte jetzt Kunden, die aus dem Osterurlaub wiedergekommen sind, wo die ganze Poollandschaft, die groß beschrieben war, eine große Baustelle war."

    Diese Kunden hatten ein Recht auf Kompensation und haben ein Teil ihrer Reisekosten vom Veranstalter zurückerstattet bekommen. Dies seien seltene Fälle und machen höchsten zwei bis drei Prozent seiner Kunden aus. Die überwiegende Mehrheit kehrt erholt und glücklich aus dem Urlaub heim.