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Mega-Rechner zum Spartarif

Linux hat die Entwicklung im Supercomputing unglaublich beschleunigt. In der Top-500-Liste der leistungsstärksten Supercomputer der Welt, die Anfang vergangener Woche in Heidelberg für das Jahr 2004 vorgestellt wurde, mehren sich Systeme, bei denen viele preiswerte Einzelrechner gemeinsam Höchstleistungen erbringen. Möglich macht dies erst Linux, dessen Spezialität die Clustervernetzung ist.

    Direkt von der Heidelberger Konferenz zum Supercomputing, die am 25. Juni zu Ende ging, eilten zahlreiche Teilnehmer gleich weiter zum LinuxTag nach Karlsruhe. Aus gutem Grund, denn immer öfter ist Linux der Dirigent, der viele Rechner koordiniert und ein solches Cluster zu Höchstleistungen anspornt, wie die Rangliste der 500 schnellsten Supercomputer zeigt. So machen Linux-Cluster inzwischen ein gutes Drittel bei den weltweit größten Zahlenfressern aus. Im Mittelfeld, also bei Anwendungen, die auch für die Industrie interessant sind, sind es sogar noch mehr. Die Mega-Rechner verteilen ausgefeilte Algorithmen und hochkomplexe Rechenaufgaben auf viele Tausend Prozessoren und gleichen dabei Teilergebnisse extrem schnell ab. Dabei wird der Markt der Anwendungssoftware für das Supercomputing von Linux beherrscht. Entscheidender Vorteil der Programme ist, dass sie als Open-Source entwickelt werden und als entsprechend ausgereift gelten, denn viele Programmierer tauschen sich gegenseitig aus und verbessern die Produkte ständig weiter. Überdies kostet diese Software wenig bis gar nichts, was ihren Einsatz gerade bei finanziell schwachen Hochschulrechenzentren noch attraktiver macht. In der Industrie wird Linux inzwischen durchgängig in allen Supercomputing-Bereichen eingesetzt, wie Michael Gehrner von Hewlett-Packard erläutert:

    Vorwiegend im Manufacturing-Bereich, bei Crash-Simulationen und unter anderem auch in der Gen-Technologie oder auch in der Medizinforschung, wo es ja darum geht, auf den Menschen ganz genau abgestimmte, angepasste Medikamente zu entwickeln. Auch dort braucht man sehr viele Hochleistungsrechner.

    Viel diskutiert wurde in Karlsruhe etwa die Modellierung von Proteinen mittels Linux-Supercomputern. Pharmaindustrie, Medizinforschung, aber auch Lebensmittelkonzerne investieren hier in entsprechende Linux-Projekte. Auch spekulierten Experten, wann der derzeit schnellste Supercomputer der Welt - der japanische Earth Simulator, mit dem die Klimaforscher in Yokohama Wetterentwicklungen über mehrere hundert Jahre simulieren wollen - möglicherweise von einem Linux-Rechnern entthront wird. Dies sei vielleicht bereits in zwei bis drei Jahren möglich, schätzen IBM-Forscher, während HP-Mitarbeiter da noch etwas skeptischer sind. Ihrer Meinung nach sei dies dennoch in rund vier Jahren machbar. Selbst Experten von NEC, dem Hersteller des Earth-Simulators, prognostizieren für 2006 Linuxsysteme, die noch größere Rechenleistungen erbringen werden. Verantwortlich seien dafür große Fortschritte bei der Effizienz der Verteilalgorithmen von Linux sowie die neue Möglichkeit, die mächtigen Vektor-Prozessoren mittels herkömmlicher PC-Prozessoren zu koordinieren. Dabei wird die parallele Funktionsweise von Cluster-Systemen mit den Vorteilen der Vektorarchitektur kombiniert.

    [Quelle: Peter Welchering]