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Mehr Artenvielfalt durch Hecken und Sträucher

Um Rückzugsgebiete für Tiere zu schaffen, werden bei der umweltverträglichen Landwirtschaft Teile der Landfläche aus der Produktion herausgenommen. Wie stark Hecken und ökologischer Landbau die Artenvielfalt fördern, haben Wissenschaftler an der Universität Göttingen untersucht.

Von Carolin Hoffrogge | 24.01.2011
    "Je artenvielfältiger das Heu desto besser ist das für die Ziegen, die brauchen Abwechselung, die sind sonst nicht zufrieden. Rotklee mit Vergnügen, wenn wir Luzerne in der Wiesenzusammensetzung haben, dann auch gerne Luzerne."

    Zufrieden kauen die braunen Ziegen und schwarzen Schafe von Biobauer Eberhard Prunzel-Ulrich das Heu. Um die 150 Tiere satt zu bekommen, mäht der Landdolfshäuser Biobauer 20 Hektar Wiesen. Auf einer dieser Wiesen steht Eberhard Prunzel-Ulrich mit dem Göttinger Agrarökologen Peter Batary. Der Ungar Batary untersucht die Vielfalt von Pflanzen und Tierarten in verschiedene Landschaftstypen.

    "Wir stehen auf einer Ökofläche, die ist knapp 1,8 Hektar groß. Ich habe die Fläche in zwei geteilt und habe in der Mitte gestanden, um die Vögel zu kartieren. Dann habe ich nicht nur in der Mitte kartiert, sondern auch an den Randstreifen und Hecken."

    Im Frühjahr 2010 hat Peter Batary zehn verschiedene Landschaften rund um Göttingen ausgewählt. Von sehr abwechselungsreichen Flächen, die durch Hecken, Bäume und Sträucher unterteilt waren bis hin zu großen Äckern, auf denen kein Baum oder Strauch wuchs. Die Hälfte seiner ausgesuchten Flächen wurde konventionell bewirtschaftet, die andere Hälfte ökologisch. Da Vögel schnell auf Veränderungen der Natur reagieren und sie außerdem sehr gut zählbar sind, hat Peter Batary als Beleg für die Artenvielfalt drei Vogelarten ausgewählt: die Dorngrasmücke, die Klappergrasmücke und die Goldammer:

    "Die Goldammer hat einen ganz berühmten Ruf."

    Mit seiner Vogelzählung wollte Peter Batary herausfinden, ob sowohl die Hecken als auch der Ökolandbau einen positiven Einfluss auf die Artenvielfalt haben. Und wenn ja, welche der beiden Maßnahmen die effektivere ist?

    "Dann habe ich die Länge der Hecke gemessen und wir haben gefunden, dass desto länger Hecken wir haben, desto mehr Arten haben wir. Wenn wir längere Hecken haben, gibt es viel mehr Platz für ein Vogelterritorien. Weil all diese Singvögel Territorien haben ist das limitiert wie viele Tiere in eine Hecke rein passen können."

    Wie vielfältig, bunt, naturnah und vogelreich die 100 Meter lange Hecke neben Eberhard Prunzel Ulrichs Ökoweizenfläche ist, zeigen die Wildkräuterarten, die die Göttinger Agrarökologen bei ihrer Untersuchung gezählt haben.

    "Auf dem Acker haben wir 120 verschiedene Wildkräuterarten gefunden, davon 80 rote Liste. Die Botaniker waren so begeistert und sagten tastet das am besten gar nicht an, das nur noch diese Wildkräuter wachsen. Wo ich gesagt habe, nein, es ist wichtig, dass ich Getreide anbaue. Die Wildkräuter erhalten sich von einem Jahr zum anderen weiter. Wenn ich hier nichts mache, dann würde hier Wald wachsen."

    Knöterich, Wiesenschaumkraut, Pfefferminze, Rotklee: die Liste der Kräuter auf den eingeheckten Ökoflächen ist lang, sagt Peter Batary. Allerdings konnte Batary bei seiner Untersuchung nachweisen, das Hecken einen wirklich positiven Effekt nur in ausgeräumten Landschaften haben, das heißt auf Wiesen und Feldern, wo weniger als 17 Prozent des Bodens naturbelassen sind.

    Um mehr Vögel, Wildkräuter, Insekten und Käfer auch auf den konventionell bewirtschafteten Feldern zu etablieren, hat sich Biobauer Eberhard Prunzel Ulrich mit allen Landwirten in seinem Dorf Landolfshausen im Landkreis Göttingen zusammengeschlossen.

    "Wir haben jetzt gerade Obstbäume angepflanzt, Obstbäume deshalb, weil eine Hecke oft als sinnlos angesehen wird. Obstbäume haben einen Nutzen. Das ist für die anderen Landwirte tolerierbarer. Wenn sie die Bäume lange genug angeschaut haben, werden sie als nächstes vielleicht eine Hecke tolerieren, die als nächstes dann kommt. So müssen wir langsam das Bewusstsein wecken, wie reich die Feldflur eigentlich ist."