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Mehr Druck auf die Tinten-Lobby

Beim Druckerkauf versteht man oft die Welt nicht mehr. Da kostet ein neuer Drucker, Tintenstrahler in Farbe, kaum noch 40 Euro. Doch nach dem Kauf solcher Schnäppchen stellt sich schnell Ernüchterung ein, denn die Preise für einen neuen Satz Druckkartuschen übersteigt dann mitunter den des Druckers selbst. Dem von den Herstellern erzwungenen ''Ratenkauf'' soll aber ein Riegel vorgeschoben werden: Eine neue Industrienorm sowie die Elektronikschrottverordnung der Europäischen Union erleichtert Drittanbietern von Druckertinten das Geschäft.

    Daniel Rasch

    Mit einem Tintenstrahldrucker geht jede gedruckte Seite ganz schön ins Geld. Jeder neue Satz Original-Tinte des Druckerherstellers - Schwarz und Farbe - kann schon mal fast genauso teuer sein wie der Drucker selbst. Bei Kampfpreisen ab 40 Euro ist an den Druckern nichts mehr zu verdienen. Richtig Geld verdienen die Hersteller an den Verbrauchsmaterialen. Vor allem an den Tintenpatronen. Möglichst wenige sollen aber vom Kuchen ein Stück abschneiden. Also machen die Druckerhersteller auch den so genannten Fremdanbietern das Leben schwer. Simone Bahrs, Marketing Managerin bei Pelikan Hardcopy in Hannover, hat einschlägige Erfahrungen:

    Es gibt so verschiedene Sachen, das sind hauptsächlich Patente, mit denen Patronen belegt sind, das zum Beispiel auf einer Epson-Patrone über 150 Patente sind, die wir halt so nicht einfach nachbauen dürfen, sondern die Patrone natürlich anders bauen müssen. Oder dass halt Sachen eingebaut werden, wie zum Beispiel auch bei den Epsonpatronen ein Chip, was nicht so einfach nachzubauen ist.

    Trotz der hohen Barrieren wächst der Markt der Fremdanbieter. Sie recyceln gebrauchte Tintentanks oder entwickeln selbst passende Produkte samt der Tinte. Unter dem eigenem Markennamen stehen die Patronen dann im Laden – zu sehr viel günstigeren Preisen. Der Markt ist riesig: Für dieses Jahr rechnen Marktforscher alleine in Westeuropa mit einem Verbrauch von rund 270 Millionen Tintentanks und Tintendruckköpfe. Und 2001 lag der Marktanteil der Fremdanbieter erst bei vierzehn Prozent. Bisher ist für den Verbraucher die Qualität der Billig-Patronen aber vor dem Kauf nicht nachprüfbar. Eine neue DIN-Norm soll das jetzt ändern: Die DIN 33871-1. Sie betrifft erst einmal nur recycelte Tintentanks, nicht die Nachgebauten, und wird voraussichtlich im Oktober gültig. 18 Prüfungen muss eine Fremdanbieter-Patrone erfolgreich absolvieren, damit sie unter dem Label "Wiederaufbereitet nach DIN 33871-1" verkauft werden darf. Prüfpunkte sind etwa die Materialverträglichkeit der Tinte, Farbwiedergabe, Lichtechtheit und Wischfestigkeit. Peter Hortig, vom Normenausschuss Informationstechnik im Berliner Deutschen Institut für Normung (DIN):

    Sinn und Zweck ist eigentlich, diese Sparte der Wiederaufbereitung, die arg ins Zwielicht gekommen ist in den letzten Jahren, etwas in ihrer Stellung zu heben. Das heißt also eine Qualitätsnorm dem Endverbraucher in die Hand zu geben, dass er ein Produkt bekommt, was bestimmten Qualitätsansprüchen entspricht.

    Den DIN-Test kann dabei jede Firma im eigenen Labor machen oder an eine externe Prüfanstalt vergeben. Prüfen die Unternehmen im eigenen Haus, vergeben sie sich das DIN-Logo sozusagen selbst. Erst wenn ein Verbraucher oder ein Mitbewerber klagt, müssen die Prüfverfahren und alle archivierten Protokolle offen gelegt werden. Fast alle Prüfungen der Norm basieren dabei auf visuellen, subjektiven Beurteilungen der Prüfer. Messtechnik, wie etwa ein Spektrophotometer für Farbmessungen, sind nicht vorgeschrieben, konkrete Toleranzwerte gibt es selten. Die Qualität der Ausdrucke – und damit der refillten Patrone – misst sich immer nur an den Ausdrucken der Originalpatrone. Peter Hortig erklärt:

    Also der Satz "unterscheidet sich nicht wesentlich von", der hier bei der Bewertung der Tests verwendet wird, war ein sehr strittiger Punkt. Weil wenn er nicht so gewählt worden wäre, wäre der Testaufwand gestiegen, wir hätten exakte Tests durchführen müssen, um exakte Aussagen zu treffen. Die Firmen, die wiederbefüllte oder wiederaufbereitete Materialen herstellen, scheuten zum Teil auch den Testaufwand, der damit verbunden ist.

    Normen müssen im Konsens-Verfahren entwickelt werden. Und im Normenausschuss saßen neben den Refillern auch die Originalhersteller. Simone Bahrs von Pelikan Hardcopy sieht in den vagen Prüfformulierungen trotzdem keine Probleme für den Druckerbesitzer:

    Ich will nicht sagen, das ist eine Irreführung. Solche Testkriterien basieren sehr, sehr oft auf subjektiven Kriterien. Also wir schauen jetzt einfach mal, was dabei rauskommt, ob sich das durchsetzt, aber insgesamt sind wir positiv gestimmt.

    Bald soll es auch eine entsprechende DIN-Norm für neue, kompatible Tintentanks der Fremdanbieter geben. Den Originalherstellern droht derweil weiteres Ungemach von der Europäischen Union: Im Rahmen der Elektronikschrottverordnung dürfen Hersteller keine elektronischen Vorrichtungen in ihre Produkte einbauen, die das Recycling verhindern. Also das "Aus" Tintenpatronen mit eingebautem Chip? Vielleicht. Darüber wird in den europäischen Staaten noch diskutiert.