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Mehr Expertenwissen in der Suchtbehandlung

München: Suchtmediziner und Allgemeinärzte im Dialog Medizin. - Jährlich sterben in Deutschland 120.000 Menschen an den Folgen von Alkohol, Nikotin und härteren Drogen. Weil die ersten Mediziner, die in Kontakt mit Süchtigen kommen, niedergelassene Allgemeinmediziner und Fachärzte sind, wollen die spezialisierten Suchtmediziner den Austausch mit ihnen verbessern. Der 2. Internationale Kongress für Suchtmedizin bietet seit gestern in München dazu Gelegenheit.

    Einfach ist die Behandlung von Suchtkranken nicht. Von den betreuenden Ärzten wird häufig verlangt, Psychotherapeut, Chirurg, Neurologe und Allgemeinmediziner in einem zu sein. Denn schon die Diagnose von alltäglichen Krankheiten ist schwierig, werden sie doch oft von Suchterscheinungen überlagert, verstärkt oder hervorgerufen. Umgekehrt verdecken beispielsweise Entzugserscheinungen bei Heroinabhängigen häufig eine akute Lungenentzündung. Hausärzte müssen daher mehr über Suchtmedizin lernen. Der Münchener Kongress bot dazu die Gelegenheit, die von 800 Teilnehmern rege genutzt wurden.

    So hat eine Studie am städtischen Krankenhaus München-Schwabing nachgewiesen, dass entgegen der landläufigen Meinung Hepatitis-C-Infektionen bei Heroinsüchtigen doch therapierbar sind. "Wir können beweisen, dass Süchtige genauso erfolgreich behandelt werden können wie Nichtsuchtkranke, wenn sich der Mediziner mit der neuen Behandlung mit Interferon und Rivavirin auskennt", erklärte Markus Backmund. Auch aus der Grundlagenforschung kommen Neuigkeiten für die Allgemeinmediziner. So kann der Suchteffekt medikamentös verringert werden. Das wurde für das Präparat Acamprosat in zahlreichen Doppelblindstudien mit Alkoholikern nachgewiesen. Walter Zieglgänsberger vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie vermutet, dass der Wirkstoff auch bei Heroinabhängigen anschlägt: "Das liegt wahrscheinlich am Glutamat-Rezeptor, der Lernvorgänge vermittelt. Der wird durch die Substanz reduziert, wodurch man nicht mehr so leicht lernt." Eine Verringerung der Drogenabhängigkeit aus der Apotheke lehnen die Suchtmediziner gleichwohl ab.

    [Quelle: Monika Weiner]