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Mehr Forschung an Fachhochschulen

Dieses Geräusch kennen Sie. Zumindest aus dem Fernsehen. Doch das ist kein echter Operations-Saal, sondern ein Übungsraum der Fachhochschule Münster am Standort Steinfurt. Hier arbeiten Wissenschaftler im Auftrag der Industrie. Sie entwickeln Produkte für den OP-Saal. Wie sie das machen, erklärten Forscher und Firmenvertreter jetzt der Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft.

Von Christiane Krüger |
    Ergebnis der Zusammenarbeit sind verbesserte Produkte, wie zum Beispiel ein Fußsteuergerät, das per Funk funktioniert. Der Vorteil: Das Kabel entfällt. Eine Stolperfalle weniger für den Arzt. Per Fußsteuergerät wird der OP-Tisch verstellt oder die Röntgenanlage ausgelöst. An der FH Münster wurde das Gerät entwickelt. Vertrieben wird es von der Firma ‚steute Schaltgeräte’ in Löhne. Die FH übernimmt die Forschung, die sich kleine und mittlere Unternehmen selbst nicht leisten können oder wollen. Das Land fördert die Kooperation seit 2003 mit 500 000 Euro – verteilt über fünf Jahre. Bei viel Lob gab es auch Kritik.

    Umständlich ist auf jeden Fall immer wieder Antragsverfahren, die Anträge, die gestellt werden müssen. Das ist ein Thema, was man leisten muss, bevor man überhaupt eine Entwicklung begonnen hat. Wenn sie die begonnen haben, fallen sie in der Regel schon aus der Förderung heraus.

    Und Stefan Schmersal, Geschäftsführender Gesellschafter der Firma ‚steute’, fügt hinzu: In manchen Projekten, sei das Antragsverfahren so umständlich, dass man erst gar nicht an das Projekt herangeht. Dabei ist das Land guten Willens, Unternehmen mit den Fachhochschulen zusammenzubringen. Seit 2001 sind in Nordrhein-Westfalen schon 16,4 Millionen Euro in drei Förderprogramme für die Forschung an Fachhochschulen geflossen. Von der Kooperation mit den Firmen hat auch Professorin Barbara Becker von der FH Lippe und Höxter profitiert. Zum einen bereichert die anwendungsorientierte Forschung die Lehre und zum anderen sieht Becker

    ... einen finanziellen Vorteil von dieser Zusammenarbeit, der nicht unerheblich ist, weil durch Landesmittel, durch Förderung, kann man lediglich Anschubfinanzierung sichern, aber man kann langfristig nicht planen in Bezug auf Arbeitskräfte, auf Mitarbeiter, die man braucht für alle diese Projekte und da springt dann die Industrie ein und unterstützt uns in unserer Arbeit.

    Beckers Mitarbeiter im Bereich der Mikrobiologie forschen zum Beispiel daran, wie weniger Säure in Feinkostsalaten eingesetzt werden kann – ohne, dass der Salat schneller schlecht wird. Die Ergebnisse fließen in die Produktentwicklung der Firma
    ‚Homann Feinkost’ in Dissen. Die FH gewinnt auch: ‚Homann’ stellte bereits einige Diplomanden ein. Klaus Schmidt, Leiter der Forschungsabteilung bei ‚Homann’, sagt, dass die Zusammenarbeit dazu geführt hat,

    ...dass wir in der zurückliegenden Zeit, allein im Bereich Forschung, Entwicklung und Qualitätssicherung zwölf Mitarbeiter haben, die aus der Fachhochschule hier gekommen sind und weitere Mitarbeiter[, wo ich aber die Zahlen nicht genau kenne, wie viele es sind,] arbeiten im Bereich der Betriebe - und zwar in Positionen wie Betriebsleiter, stellvertretender Betriebsleiter oder auch Projektingenieure.

    Um noch mehr solcher Projekte umsetzen zu können, würden die Fachhochschulen gern noch mehr Mittel vom Land erhalten. Deshalb legten sie der Ministerin Zahlen vor: Nach eigenen Angaben bilden die Fachhochschulen 23 Prozent der Studenten und 36 Prozent der Absolventen aus. Sie erhalten aber nur 12 Prozent der Hochschulmittel. Für Ministerin Hannelore Kraft sind diese Zahlen nur eine Seite der Medaille:

    Es geht nicht nur um die Ausbildung von Studierenden. Da ist in der Tat so: Das ist zum größten Teil Aufgabe der Fachhochschulen. Sie vergessen dabei, dass die Forschung an den Universitäten ganz andere Größenordnungen umfasst, auch von der finanziellen Seite her. Wenn sie Grundlagenforschung machen, große Forschungsapparaturen aufbauen müssen, große Laboreinrichtungen vorhalten müssen, das sind ganz andere Kosten und da müssen Unis auch ganz anders ausgestattet sein.

    Wenn das Land mehr Geld hätte, würde die Ministerin gern den Fachhochschulen mehr Geld geben, es wäre gut angelegt, ...

    .. aber es wird keine Umverteilung geben, weil dieses Geld auch dringend in der Grundlagenforschung an den Universitäten gebraucht wird.

    So müssen sich die Fachhochschulen mit der Anschubfinanzierung durch das Land zufrieden geben und versuchen, mehr Geld von Unternehmen einzuwerben. Vorbildlich ist dabei die FH Münster. Sie erhielt im Jahr 2003 von der Wirtschaft knapp 1,8 Millionen Euro.