Jonas Johannink ist Medizinstudent an der Uni Essen-Duisburg im vierten Semester. Vor zwei Jahren hat er seinen Studienplatz über das Auswahlgespräch bekommen.
Natürlich ist man aufgeregt. Man weiß ja gar nicht, was einen dort erwartet, was man zu erwarten hat. Im Endeffekt war die Aufregung aber nicht nötig. Dieses Gespräch fand in einer sehr entspannten Atmosphäre statt, man kriegte erst mal einen Kaffee angeboten. Es ist alles sehr gut organisiert eigentlich und eigentlich muss man sich davor nicht fürchten oder so was. Jonas Johannink hatte sich wie alle anderen Medizin-Aspiranten auch, bei der ZVS beworben. Da er den erforderlichen Abi-Durchschnitt aber knapp verpasst hatte, wurde er dort abgelehnt. Er hatte allerdings Essen als seine Wunschuni angegeben. Eine Hochschule, die Auswahlgespräche anbietet, anstatt ihre noch freien Plätze einfach mit dem entsprechenden Prozentsatz der Kandidaten auf der Warteliste der ZVS zu bestücken. Und so erhielt er seine Chance.
Dieter Nast-Kolb ist Leiter der Klinik für Unfallchirurgie der Uni Essen-Duisburg und gleichzeitig Dekan der Medizinischen Fakultät. Er erklärt, worin der Inhalt der Auswahlgespräche besteht:
In diesen Auswahlgesprächen geht es im Prinzip darum, dass die Kommission beurteilt, ob der Kandidat aufgrund seiner Vorbildung, seiner schulischen Ausbildung, eventuell aufgrund weiterer Kurse, zum Beispiel ein freies soziales Jahr oder durch entsprechende Tätigkeiten in entsprechenden Krankheitsberufen und auch durch Herausfindung seiner Motivation tatsächlich geeignet ist für den Beruf als Arzt.
Sechs Fragen stellt die zweiköpfige Auswahlkommission, um die Eignung des angehenden Studenten zu prüfen: Warum wollen Sie Medizin studieren, welche Leistungsfächer hatten Sie in der Schule, haben Sie auch außerhalb der Schule Interessen verfolgt, die fachlich mit einer Medizinerausbildung zu tun haben, waren Sie bereits in einem Gesundheitsberuf tätig, was für Vorstellungen haben Sie von einer Tätigkeit als Arzt und welche Themen werden aktuell im Gesundheitswesen diskutiert. Zu seiner Motivation hat Jonas Johannink vor zwei Jahren in Essen folgendes geantwortet:
Ich hab im Rettungsdienst, den ich während des Zivildienstes gemacht habe sehr viele Erfahrungen in diesem Bereich gemacht, hab mir da auch das ganze Tätigkeitsfeld von Ärzten näher angucken können und hab da eigentlich erst festgestellt, dass mich der Bereich sehr interessiert.
Ein Gespräch dauert etwa dreißig Minuten, in denen die Kommission außer den Antworten des Kandidaten auch noch dessen Ausdrucksfähigkeit, seine Einstellung gegenüber der Gesprächssituation und sein Überzeugungsvermögen beurteilen muss. Jede dieser nun insgesamt sieben Auswahlkriterien wird von beiden Prüfern auf einer Skala von eins - ganz mies - bis zehn - ganz hervorragend - bewertet. Der Mittelwert aus beiden Bewertungen bildet die letztendliche Benotung des Kandidaten. Ein gutes, sinnvolles Verfahren, findet auch Student Jonas Johannink. Solange die Chemie zwischen allen Beteiligten stimmt.
Das ist sicher das große Problem, wie es eigentlich bei jeder mündlichen Prüfung später auch ist, dass in einem Gespräch mit Menschen immer subjektive Einflüsse gibt und es nie so objektiv sein wird, wie eine schriftliche Prüfung. Das da dann es sicherlich auch so sein kann, dass man zum Beispiel durch ein ungeschicktes Auftreten sich was kaputt machen kann, die Gefahr sehe ich auf jeden Fall.
Johannink weiß von Bewerbern, deren Auswahlgespräch alles andere als entspannt abgelaufen ist. Schließlich wird auch nur etwa ein Drittel der Kandidaten am Ende zum Studium zugelassen. Sobald allerdings der Verdacht einer Befangenheit von dem Aspiranten geäußert wird, muss das Gespräch vor einer anderen Kommission wiederholt werden. Dass die beiden Prüfer bei der Einschätzung eines Kandidaten zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen gekommen wären, daran kann Dekan Dieter Nast-Kolb sich nicht erinnern:
Insgesamt ist es schon so, dass natürlich graduelle Unterschiede immer wieder rauskommen. Aber die Tendenz ist sicherlich ... also es ist nicht so, dass der eine auf eine Gesamtpunktzahl von zehn und der andere von siebzig kommt, sondern man ist da schon immer in einer ziemlichen Nähe aneinander.
Entwickelt worden ist das Auswahlverfahren in Essen von einer Studienkommission in den 80er Jahren. Nachdem es die notwendigen Gremien passiert hatte ist es in der so genannten Ordnung für die Durchführung der Auswahlgespräche im Fach Medizin festgelegt worden. Am Inhalt dieser Ordnung hat sich seither nichts verändert und Nast-Kolb sieht dafür auch keinen Bedarf. Trotz der starren Form sind für ihn die Gespräche ein unerschöpflicher Quell von Aha-Erlebnissen:
Also wenn man zum Beispiel den Punkt nimmt: Vorstellung von der Arzt-Tätigkeit. Da kommen wirklich die diffusesten Vorstellungen an und man sieht wirklich sehr schnell, ob sich jemand überhaupt mit diesem Beruf beschäftigt hat, oder ob er wirklich nur darin sieht, und das wird tatsächlich auch geantwortet, dass das doch ein gesellschaftlich sehr angesehener Beruf mit guter finanzieller Zukunft ist.
Dieter Nast-Kolb befürwortet ein Auswahlverfahren durch die Hochschulen ausdrücklich. Seiner Ansicht nach sollte es durch weitere Eignungstests verfeinert werden, um die letztendliche Auswahl unabhängig von Abiturnoten zu machen. Das allerdings scheitert an einem Faktor, der gerade bei Klinikärzten Mangelware ist: Zeit.
Die Kehrseite ist jetzt eben: selbst für diese dreißig Studenten bedeutet das eine Vielzahl von Auswahlgespräche für jede Kommission. Und da sind dann auch irgendwo die Grenzen unserer Kapazitäten. Also man wird wahrscheinlich bei einem Verfahren bleiben, wo auf der einen Seite die Gespräche, auf der anderen Seite weiter die klassische Zuteilung sein wird.
[Autorin: Andrea Groß]
Natürlich ist man aufgeregt. Man weiß ja gar nicht, was einen dort erwartet, was man zu erwarten hat. Im Endeffekt war die Aufregung aber nicht nötig. Dieses Gespräch fand in einer sehr entspannten Atmosphäre statt, man kriegte erst mal einen Kaffee angeboten. Es ist alles sehr gut organisiert eigentlich und eigentlich muss man sich davor nicht fürchten oder so was. Jonas Johannink hatte sich wie alle anderen Medizin-Aspiranten auch, bei der ZVS beworben. Da er den erforderlichen Abi-Durchschnitt aber knapp verpasst hatte, wurde er dort abgelehnt. Er hatte allerdings Essen als seine Wunschuni angegeben. Eine Hochschule, die Auswahlgespräche anbietet, anstatt ihre noch freien Plätze einfach mit dem entsprechenden Prozentsatz der Kandidaten auf der Warteliste der ZVS zu bestücken. Und so erhielt er seine Chance.
Dieter Nast-Kolb ist Leiter der Klinik für Unfallchirurgie der Uni Essen-Duisburg und gleichzeitig Dekan der Medizinischen Fakultät. Er erklärt, worin der Inhalt der Auswahlgespräche besteht:
In diesen Auswahlgesprächen geht es im Prinzip darum, dass die Kommission beurteilt, ob der Kandidat aufgrund seiner Vorbildung, seiner schulischen Ausbildung, eventuell aufgrund weiterer Kurse, zum Beispiel ein freies soziales Jahr oder durch entsprechende Tätigkeiten in entsprechenden Krankheitsberufen und auch durch Herausfindung seiner Motivation tatsächlich geeignet ist für den Beruf als Arzt.
Sechs Fragen stellt die zweiköpfige Auswahlkommission, um die Eignung des angehenden Studenten zu prüfen: Warum wollen Sie Medizin studieren, welche Leistungsfächer hatten Sie in der Schule, haben Sie auch außerhalb der Schule Interessen verfolgt, die fachlich mit einer Medizinerausbildung zu tun haben, waren Sie bereits in einem Gesundheitsberuf tätig, was für Vorstellungen haben Sie von einer Tätigkeit als Arzt und welche Themen werden aktuell im Gesundheitswesen diskutiert. Zu seiner Motivation hat Jonas Johannink vor zwei Jahren in Essen folgendes geantwortet:
Ich hab im Rettungsdienst, den ich während des Zivildienstes gemacht habe sehr viele Erfahrungen in diesem Bereich gemacht, hab mir da auch das ganze Tätigkeitsfeld von Ärzten näher angucken können und hab da eigentlich erst festgestellt, dass mich der Bereich sehr interessiert.
Ein Gespräch dauert etwa dreißig Minuten, in denen die Kommission außer den Antworten des Kandidaten auch noch dessen Ausdrucksfähigkeit, seine Einstellung gegenüber der Gesprächssituation und sein Überzeugungsvermögen beurteilen muss. Jede dieser nun insgesamt sieben Auswahlkriterien wird von beiden Prüfern auf einer Skala von eins - ganz mies - bis zehn - ganz hervorragend - bewertet. Der Mittelwert aus beiden Bewertungen bildet die letztendliche Benotung des Kandidaten. Ein gutes, sinnvolles Verfahren, findet auch Student Jonas Johannink. Solange die Chemie zwischen allen Beteiligten stimmt.
Das ist sicher das große Problem, wie es eigentlich bei jeder mündlichen Prüfung später auch ist, dass in einem Gespräch mit Menschen immer subjektive Einflüsse gibt und es nie so objektiv sein wird, wie eine schriftliche Prüfung. Das da dann es sicherlich auch so sein kann, dass man zum Beispiel durch ein ungeschicktes Auftreten sich was kaputt machen kann, die Gefahr sehe ich auf jeden Fall.
Johannink weiß von Bewerbern, deren Auswahlgespräch alles andere als entspannt abgelaufen ist. Schließlich wird auch nur etwa ein Drittel der Kandidaten am Ende zum Studium zugelassen. Sobald allerdings der Verdacht einer Befangenheit von dem Aspiranten geäußert wird, muss das Gespräch vor einer anderen Kommission wiederholt werden. Dass die beiden Prüfer bei der Einschätzung eines Kandidaten zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen gekommen wären, daran kann Dekan Dieter Nast-Kolb sich nicht erinnern:
Insgesamt ist es schon so, dass natürlich graduelle Unterschiede immer wieder rauskommen. Aber die Tendenz ist sicherlich ... also es ist nicht so, dass der eine auf eine Gesamtpunktzahl von zehn und der andere von siebzig kommt, sondern man ist da schon immer in einer ziemlichen Nähe aneinander.
Entwickelt worden ist das Auswahlverfahren in Essen von einer Studienkommission in den 80er Jahren. Nachdem es die notwendigen Gremien passiert hatte ist es in der so genannten Ordnung für die Durchführung der Auswahlgespräche im Fach Medizin festgelegt worden. Am Inhalt dieser Ordnung hat sich seither nichts verändert und Nast-Kolb sieht dafür auch keinen Bedarf. Trotz der starren Form sind für ihn die Gespräche ein unerschöpflicher Quell von Aha-Erlebnissen:
Also wenn man zum Beispiel den Punkt nimmt: Vorstellung von der Arzt-Tätigkeit. Da kommen wirklich die diffusesten Vorstellungen an und man sieht wirklich sehr schnell, ob sich jemand überhaupt mit diesem Beruf beschäftigt hat, oder ob er wirklich nur darin sieht, und das wird tatsächlich auch geantwortet, dass das doch ein gesellschaftlich sehr angesehener Beruf mit guter finanzieller Zukunft ist.
Dieter Nast-Kolb befürwortet ein Auswahlverfahren durch die Hochschulen ausdrücklich. Seiner Ansicht nach sollte es durch weitere Eignungstests verfeinert werden, um die letztendliche Auswahl unabhängig von Abiturnoten zu machen. Das allerdings scheitert an einem Faktor, der gerade bei Klinikärzten Mangelware ist: Zeit.
Die Kehrseite ist jetzt eben: selbst für diese dreißig Studenten bedeutet das eine Vielzahl von Auswahlgespräche für jede Kommission. Und da sind dann auch irgendwo die Grenzen unserer Kapazitäten. Also man wird wahrscheinlich bei einem Verfahren bleiben, wo auf der einen Seite die Gespräche, auf der anderen Seite weiter die klassische Zuteilung sein wird.
[Autorin: Andrea Groß]