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Mehr Klarheit?

Auf der Anuga wurde es vorgestellt: Das neue Qualitätssiegel der CMA für die konventionelle Fleischerzeugung - kurz QS. Der Verbraucher soll Einblick in die Fleischproduktion vom Stall über die Futtermittel und sogar die Wurstrezepte der Hersteller bis zur Ladentheke erhalten. Dem Beispiel des Ökosiegels, das einige Wochen zuvor von Bundesernährungsministerin Renate Künast vorgestellt wurde, soll auch ein konventionelles Siegel für mehr Transparenz sorgen. Die konventionelle Landwirtschaft hält dies für den richtigen Weg. Aber kann das neue Gütesiegel die Verbraucher wirklich erreichen?

von: Annette Eversberg |
    Auf der Anuga wurde es vorgestellt: Das neue Qualitätssiegel der CMA für die konventionelle Fleischerzeugung - kurz QS. Der Verbraucher soll Einblick in die Fleischproduktion vom Stall über die Futtermittel und sogar die Wurstrezepte der Hersteller bis zur Ladentheke erhalten. Dem Beispiel des Ökosiegels, das einige Wochen zuvor von Bundesernährungsministerin Renate Künast vorgestellt wurde, soll auch ein konventionelles Siegel für mehr Transparenz sorgen. Die konventionelle Landwirtschaft hält dies für den richtigen Weg. Aber kann das neue Gütesiegel die Verbraucher wirklich erreichen?

    Die Handschrift ist unverkennbar. Beim Gütesiegel für die konventionelle Fleischerzeugung der CMA hat das dänische Beispiel Schule gemacht. In Dänemark läßt sich jedes Schnitzel bis zu dem Schwein zurückverfolgen, von dem es kommt. Was bei uns gläserne Produktion genannt wird, heißt in Dänemark integriertes Produktionssystem. Mit festen Verträgen sind die Landwirte an die Schlachtunternehmen gebunden, erläutert Per Soerensen, Chef von Danske Slagterier, einem der großen Schlachtunternehmen in Dänemark mit Sitz in Kopenhagen.

    Wir haben ein paar Parameter für die Erzeuger, die sie erfüllen müssen, und zwar über Gewicht und über Magerfleischanteil. Das ist ein Wunsch von unseren Kunden. Und das heißt, die Erzeuger erzielen dann auch ihr Geld und ihre Abrechnung nach den Kriterien. Es hängt davon ab, wie gut sie diese Kriterien erfüllen.

    Doch inzwischen ist dies deutlich erweitert worden. Zum dänischen Qualitätssiegel gehört auch eine artgerechte Tierhaltung. Gesetzesänderungen sorgten für mehr Platz und Auslauf im Stall. An erster Stelle steht aber die sogenannte Lebensmittelsicherheit. Seit 1998 sind Antibiotika als Wachstumsförderer ganz verboten. Wer sie dennoch einsetzt, zahlt eine Strafe. Per Soerensen.

    Man muß es kontrollieren. Über Rückstände nehmen wir Stichproben. 20.000 Stichproben pro Jahr. Dadurch erwischen wir, die, die etwas Falsches getan haben. Auch die Polizei wird involviert. D.h. diese Rückstandskontrolle funktioniert ganz gut.

    Aber nicht nur das Schlachtunternehmen kontrolliert, sondern auch die Behörden. Jede Handlung eines Tierarztes ist dokumentiert. Fast jeder Schweinehalter ist - so Per Soerensen - in Dänemark davon erfaßt:

    Alle sind schon dabei. D.h. diese drei Genossenschaften, die wir haben, die drei Schlachtunternehmen, die wir haben, die haben schon 97 Prozent von den Schweinehaltern hinter sich und in ihrer Produktion. Die Landwirte haben dann den Vorteil, die können ihre Schweine liefern. Die Unternehmen müssen sie kaufen und verkaufen. Da kümmern sich die Erzeuger nicht darum.

    In Deutschland bleibt beim neuen Qualitätssiegel für die konventionelle Fleischerzeugung dagegen die Teilnahme von Landwirten und Vermarktern freiwillig. Das Ziel, das jetzt angestrebt wird, heißt: Mindestens 50 Prozent der konventionellen Fleischproduzenten sollen sich dem neuen Qualitätssiegel der CMA unterwerfen. Und auch das ist in Deutschland noch anders, während die von den Schlachtunternehmen festgelegten Qualitätskriterien für alle Produzenten gelten, findet der Verbraucher in Deutschland vorerst noch rund 90 verschiedene vor. Zart und Saftig, Weidehof, Natur, von hier -die Namen sind vielfältig. Wie die Kriterien. Während das Qualitätssiegel der CMA alle Tiere eines Landwirts erfaßt, müssen bei der Edeka im Rahmen ihres Gütesiegels Gutfleisch die Rinder unbedingt aus Deutschland kommen. Und der Verbraucher hat alle Mühe, sich dadurch zu finden.

    Darum hat diese Gütesiegelinflation bereits ihre Spuren hinterlassen. Denn Marketingexperten der Universität Kiel haben festgestellt, daß der Verbraucher trotz aller Lebensmittelskandale nicht mehr, sondern weniger weiß als vorher. Die Informationsflut schreckt ab. Kaum jemand ist bereit, alle Angaben auf den Plakaten über der Fleischtheke, an den Eingangstüren der Metzger oder den Fleischständen auf dem Markt zu lesen. Und was da angepriesen wird, unterscheidet sich aus der Sicht des Marktforschungsinstituts der Universität Arhus in Dänemark kaum von der Werbestrategie anderer Produktionsbereiche, wie etwa der Modebranche.

    Auch bei der Fleischvermarktung gehe es im wesentlichen darum, einen Markenartikel anzupreisen. Diese Begriffe bleiben dem Verbraucher, der nun einmal nicht vom Fach ist, fremd und überfordern ihn. Zumal es nicht in erster Linie um die Information des Verbrauchers geht, sondern darum, den Absatz von Fleisch im Interesse der Produzenten so schnell wie möglich wieder anzukurbeln. Die Erfolgschancen schätzen die dänischen Marketingexperten eher gering ein. Dabei können sich die Fleischvermarkter bei der Modebranche durchaus ein Beispiel nehmen. Was dem Verbraucher weiterhilft, so die dänischen Wissenschaftler, das ist ein Etikett von einem unabhängigen Institut, dem er vertrauen kann. Wie dem Wollsiegel, das ohne lange Erklärungen auskommt, auf das aber selbst die beste und bekannteste Marke weltweit nicht verzichten kann.