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Mehr Platz im Osten

Zum Jahresbeginn geht Campus & Karriere auf Osttour: In einer dreiteiligen Reportageserie besuchen wir Magdeburg, Leipzig und die Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg. Was war 2010, was kommt 2011? Welche Herausforderungen warten? Die Reise beginnt in Magdeburg.

Von Thomas Kramer | 05.01.2011
    Ein frostiger Wintermorgen in Magdeburg. Eis und Schnee bedecken das Pflaster zwischen den Fakultätsgebäuden. Willkommen im Land der Frühaufsteher, willkommen in Sachsen-Anhalt! Auf dem Campus der Otto-von-Guericke-Universität herrscht schon reger Betrieb.

    "Ich hatte gerade eine Vorlesung in Festigkeitslehre und wollte jetzt eigentlich nach Hause. Also ich finde morgens Unterricht eher besser, als wenn man hier nachmittags oder abends noch mal hin muss."

    Patrick studiert Wirtschaftsingenieur/Maschinenbau und kommt aus der Nähe von Bielefeld. In Magdeburg ganz normal: Knapp die Hälfte der aktuellen Erstsemestler, 42 Prozent, kommen aus dem Westen. Ein Schwerpunkt sind Ingenieursstudiengänge. Und die Medizin, angesiedelt auf einem Extra-Campus im Süden. Bibliothek, Wohnheim und Mensa - alles gleich um die Ecke. Rektor Klaus Erich Pollmann erklärt:

    "Das ist der Campus der kurzen Wege, die Betreuung an dieser Uni ist sehr gut und Magdeburg ist zwar nicht der Nabel der Welt, aber es gibt hier Wohnangebote, die aus Sicht eines Westdeutschen geradezu fantastisch sind."

    Seit 13 Jahren ist der gebürtige Duisburger Rektor der Uni Magdeburg. Sein Fazit: eine attraktive Stadt, allerdings: erst auf den zweiten Blick. Ähnlich sehen es die Studierenden. Was sie an ihrer Uni reizt:

    "Also, dass sie doch relativ klein ist, das heißt, es ist ein guter Kontakt zwischen Studierenden und Dozenten, Professoren. Das ist eine ziemliche Nähe, also man kann sich da gut zurechtfinden." - "Also, ich komm ja aus Bremen und ich muss sagen, es gefällt mir hier toll. Die Uni ist superlustig. Viele nette Leute, nettes Umfeld." - "Ist halt eine Unistadt, hier ist ordentlich was los." - "Die Einführungstage waren ein bisschen chaotisch, aber ich denke, wenn man sich da reingefuchst hat erstmal. Jetzt weiß man schon ein paar Tricks und wie man am Besten klarkommt."

    Die fehlenden Studienplätze im Süden und Westen Deutschlands bewirken: Immer mehr Schulabgänger denken nach über ein Studium im Osten. Die Nähe zu Braunschweig, Wolfsburg, Hannover - ein Standortvorteil. Trotzdem: Noch immer gibt es viele Vorbehalte. Doch, so Pollmann:

    "Wenn die dann einmal da sind, sind sie durch die Bank positiv überrascht."

    Magdeburg hat eine der jüngsten Unis in ganz Deutschland, gegründet 1993, hervorgegangen aus Technischer Uni, der medizinischen Akademie und der Pädagogischen Hochschule. Obwohl keine klassische Voll-Uni - es gibt neun Fakultäten, 72 Studiengänge, insgesamt über 13.000 Studierende. Was es aber auch gibt: Geburtenrückgang und schwindende Bevölkerung. 2010 war ein kritisches Jahr: Für gerade mal 40 Prozent der zu besetzenden Studienplätze gab es Bewerber aus Sachsen-Anhalt.
    "Das heißt 60 Prozent mussten wir von außen holen, und das ist uns weitgehend gelungen. Das ist in der Tat ein Durchbruch."

    Ein Durchbruch, der Schule machen soll. Und genau da geht es hin: in die Schulen von Hessen, NRW und Niedersachsen. Gezielt wird geworben an Gymnasien im Westen, gerade jetzt, wo in Bayern und Niedersachsen doppelte Abiturjahrgänge anstehen. Eine Aktion: die Campus Days.

    "Wo wir so etwa 150 potenzielle Studenten aus den westlichen Bundesländern erwarten, die hier einen reisebüroähnlichen Service vorfinden und sich ein Wochenende hier auf dem Campus tummeln können."

    Inklusive Erfahrungsaustausch und Bespaßungsprogramm. Die Lobbyarbeit in den sozialen Netzwerken, ohnehin eine Selbstverständlichkeit. Außerdem in Planung, verrät Pollmann:

    "Eine große Kampagne über Plakate und andere Medien, die wir ganz gezielt in den interessanten Westländern anbieten."

    Betitelt mit dem Slogan: "Fokus DU!" Weiter auf der Agenda: mehr Graduierten-Schulen, mehr Double-Degree-Programme, mehr Partnerschaften ins Ausland. Die Nachwuchsrekrutierung ist international. Daneben spielt das Einwerben von Drittmitteln eine entscheidende Rolle. Der Gesamtetat steigt dadurch zwischen 20 und 30 Prozent, umgerechnet etwa 30 Millionen Euro. Auch der Antrag für das Exzellenz-Cluster Neurowissenschaften und dynamische Systeme gehört dazu.

    Die Studierenden klingen da bescheidener. Zum Beispiel Sarah-Marie. Ihre Heimat -ein kleines Dorf in der Altmark. In Magdeburg studiert sie Psychologie, drittes Semester. Ihr guter Vorsatz für 2011:

    "Ein bisschen mehr tun für die Uni. Vielleicht einfach mal kontinuierlicher und nicht immer auf den letzten Drücker."

    Oder Nils, 21, er kommt aus der Nähe von Hannover. Seit Kurzem studiert er Informatik. Sein Vorsatz:

    "Natürlich erst mal das Semester zu schaffen, und dann die ganzen Freundschaften zu halten, die ich ja jetzt noch habe in Niedersachsen, und in Magdeburg."