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Mehr Plutonium im Castor

In den elf Castorbehältern, die jetzt nach Gorleben kommen, ist nicht zwangsläufig deutscher Atommüll. In La Hague werden auch Brennelemente aus Japan, Italien, Belgien und der Schweiz verarbeitet - und die enthalten mehr Plutonium als deutsche Elemente.

Von Susanne Schrammar | 02.11.2010
    Der zylinderförmige Behälter aus einem speziellen Gusseisen ist sechs Meter lang, hat einen Durchmesser von mehr als zwei Metern und wiegt rund 117 Tonnen. Elf dieser sogenannten Castorbehälter mit der Bezeichnung HAW 28 M machen sich voraussichtlich am kommenden Freitag auf den Weg nach Deutschland. Sie enthalten hoch radioaktiven Atommüll, der aus der Wiederaufbereitungsanlage im französischen La Hague ins atomare Zwischenlager in Gorleben gebracht wird. Florian Emrich, Sprecher des Bundesamtes für Strahlenschutz:

    "Das sind Brennelemente, die in Kernkraftwerken, die in Kernkraftwerken erzeugt wurden und dann in die Wiederaufbereitung gebracht worden sind und dort werden sie zerschnitten, zerteilt, Teile davon werden wieder verwendet und einige Teile werden eingeschmolzen in sogenannte Glaskokillen."

    Bis 2005 wurden rund 60 Prozent des deutschen hoch radioaktiven Atommülls wiederaufbereitet. Dann hat die rot-grüne Bundesregierung die Wiederaufarbeitung verboten. Bereits angelieferter atomarer Abfall darf jedoch noch weiter verarbeitet werden. Der Prozess ist aufwändig und dauert. Die Bundesrepublik Deutschland ist vertraglich dazu verpflichtet, die dabei anfallenden Reststoffe deutscher Abfälle vollständig zurückzunehmen. Doch in den elf Castorbehältern, die jetzt nach Gorleben kommen, muss deshalb nicht zwangsläufig deutscher Atommüll stecken. In La Hague werden auch Brennelemente aus Japan, Italien, Belgien und der Schweiz verarbeitet – nicht immer getrennt voneinander. Das Problem dabei: In diesen Ländern werden häufiger als in Deutschland sogenannte Mox-Brennelemente verwendet, sagt Diplom-Physiker Wolfgang Neumann:

    "Das kann dann bedeuten, dass mehr Plutonium drin ist, als drin wäre, wenn nur die deutschen Brennelemente aufgearbeitet worden wären."

    Nur das atomare Zwischenlager in Gorleben verfügt über eine Genehmigung, Behälter mit den Abfällen aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente im Ausland aufzubewahren. In der 180 Meter langen und 40 Meter breiten Halle außerhalb des Dorfes im Nordosten Niedersachsens stehen bereits 91 Castor-Behälter. Wenn die gusseisernen Zylinder angekommen sind, sind sie im Inneren rund 400 Grad heiß. Eine Neutronenabschirmung und spezielle Dichtungen sollen dafür sorgen, dass die hoch radioaktive Strahlung sicher im Inneren verschlossen bleibt - und die ist enorm: In nur einem Castor-Behälter befindet sich 100 mal mehr Radioaktivität als im gesamten Atommülllager Asse. Da die Endlagerung hoch radioaktiver Stoffe in Deutschland noch immer ungeklärt ist, verbleiben die Castoren auf unbestimmte Zeit in Gorleben. Doch selbst wenn ein Endlager gefunden würde, so schnell könnten die Atommüllbehälter gar nicht unter die Erde. Physiker Wolfgang Neumann:

    "Die Kokillen, die jetzt kommen, die müssen, bevor sie ins Endlager kommen, mit Sicherheit mindestens 30 Jahre im Zwischenlager stehen, damit die radioaktiven Zerfälle halt abnehmen und damit auch die Wärmeentwicklung abnimmt."

    Im nächsten Jahr kommt der letzte vertraglich festgelegte Castor-Transport aus La Hague nach Gorleben, danach folgen noch vier Transporte aus der englischen Wiederaufbereitungsanlage in Sellafield. Zwar sind danach keine weiteren Castor-Transporte ins Zwischenlager Gorleben geplant, doch nach Schätzungen des Bundesamtes für Strahlenschutz könnte es bis zum Jahr 2025 dauern, bis alle 123 vorgesehenen Behälter in Gorleben eingetroffen sind. Sprecher Florian Emrich:

    "Das dauert deshalb so lange, weil das mit einem enormen Aufwand verbunden ist, die können nicht so einfach mir nichts dir nichts zurücktransportiert werden, es bedarf einer atomrechtlichen Genehmigung und Sie dürfen nicht vergessen, insbesondere für das Land Niedersachsen ist das ein enormer Aufwand, die zu sichern. Das ist ein Problem, dass uns über Jahre hinaus beschäftigt."