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Mehr Rechte für die Kunden

Blick zurück ins Jahr 2001. Die Bundesregierung kam damals in arge Bedrängnis, denn bis zum Jahresende mussten EU-Richtlinien für den Verbrauchsgüterkauf in nationales Recht umgesetzt werden. Den Termin kannten die deutschen Politiker seit langem. Entsprechende Gesetzesentwürfe lagen auch vor. Doch die Ausarbeitungen verschwanden in den Schreibtischschubladen der Minister und Staatssekretäre. Und dort blieben sie liegen. Erst im letzten Moment nahm sich Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin der Sache an.

Claudia Wehrle und Knud Zilian | 04.06.2002
    Und sie machte ihre Arbeit gründlich. Denn sie setzte nicht nur die Vorgaben aus Brüssel um, sondern nahm sie zum Anlass, das gesamte bürgerliche Gesetzbuch zu reformieren. Das Schuldrecht ist eines der großen Kernbereiche in diesem Gesetz. Was herauskam ist eine Jahrhundertreform geworden!

    Das Ziel der Bundesregierung: Das Bürgerliche Gesetzbuch soll moderner, einfacher, einheitlicher und verständlicher werden. Fehler und Defizite, die man in den letzen hundert Jahren entdeckt hat, gilt es auszubessern. Außerdem sind im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Sondergesetzen und Ergänzungen zum BGB entstanden. Und die will man wieder in einem zentrale Gesetzbuch zusammenfassen. Zu guter Letzt gilt es, eine Vereinheitlichung des Rechtes auf europäischer Ebene sicherzustellen.

    Die Zeit drängte. Deshalb sind die Vorschläge zur Neugestaltung des Schuldrechtes im Hau-Ruck-Verfahren durch die Instanzen gegangen: Der Bundesrat hat die Gesetzesänderungen am 9. November 2001 gebilligt. Seit 1.Januar 2002 sind sie geltendes Recht. Martin W. Huff, Sprecher des Deutschen Juristentages, Lutz Tauchert von der Rechtsanwaltskammer Frankfurt und Ruth Anna Büttner von der Verbraucherzentrale Hessen erinnern sich an die Zeit des Gesetzgebungsverfahrens:

    Also im Grundsatz muss man der Bundesjustizministerin zugestehen, dass es durch Expertenkommission einige sehr dickleibige Bände gab, die eine sehr gute Vorbereitung lieferten. Allerdings ist das eigentliche Gesetzgebungsverfahren, in dem solche Vorschläge von Kommissionen ja nicht wortwörtlich übernommen werden unter großem Zeitdruck durchgeführt worden, so dass viele Experten nicht rechtzeitig angehört werden konnten. Man versucht, alle denkbaren Fälle zu erfassen. Und hier ist es eben wie immer in der Gesetzesmaterie nicht so leicht zu erkennen, welche Abhängigkeiten voneinander sind. Also die Fragen, die sich zu dem nicht veränderten Teil des BGB ergeben im Werkvertragsrecht, im Baurecht ergeben sich schon Abgrenzungsschwierigkeiten vom neuen zum alten Recht. Und hier hätte man vielleicht etwas länger darüber nachdenken müssen oder etwas Zeithaben müssen . Hier wird auch der Bereich liegen, diese Grenzbereiche zu nivellieren oder anzugleichen. Dann hat man kurzfristig sehr individuelle Problemlösungen gefunden, aber tatsächlich nicht bedacht, was das vielleicht für den Verbraucher oder insgesamt auch für die Vertragsgestaltung bedeutet. Grobe Schnitzer sind damals ausgemerzt worden, kleine Schnitzer bemerken wir jetzt.

    Für die Verbraucher ändert sich durch die Schuldrechtsreform eine ganze Menge. Ganz allgemein kann man sagen: Die Kunden haben heute mehr Rechte als früher. Alles, was mit Garantie- und Haftungsfragen zu tun hat, ist neu geregelt worden. Verjährungsfristen hat man vereinfacht. Außerdem gibt es neue Bestimmungen bei Haustürgeschäften und beim Kauf von Waren über elektronische Medien.

    Schauen wir uns die Neuregelungen im Detail noch ein bisschen genauer an: Wenn sich beispielsweise herausstellt, dass gekaufte Waren einen Fehler haben oder wenn Geräte nicht so in Betrieb genommen werden können, wie es in der Bedienungsanleitung steht oder wenn ein Händler weniger Produkte liefert als ursprünglich im Vertrag vereinbart worden ist, dann sind dies alles Mängel. Der Kunde kann in solchen Fällen Nachbesserung verlangen. Und zwar zwei Jahre lang -statt wie bisher- nur sechs Monate. Für den Verkäufer bedeutet dies: Er muss die gekaufte Ware umtauschen oder aber die Mängel auf eigene Kosten beseitigen. Dazu Rechtsanwalt Martin W. Huff:

    Bisher musste ich als Kunde nachweisen, dass die Sache schon einen Fehler hatte, als ich sie übernommen habe. Dies hat sich umgedreht. Jetzt kann ich sagen: Innerhalb der ersten sechs Monate ich gehe davon aus, das Ding hatte einen Fehler, als ich es bekommen habe. Und der Verkäufer muss sagen: Nein, den Fehler haben Sie verursacht. Das heißt, hier wird vieles für den Verbraucher sehr viel einfacher werden.

    Lutz Tauchert von der Rechtsanwaltskammer Frankfurt nennt ein praktisches Beispiel:

    Früher musste ich erst einmal beweisen, dass ein Mangel da war, weil meine Kaffeemaschine morgens nicht ansprang oder was auch immer. Aber wenn sie nicht anspringt, dann ist es eben ein Mangel, weil eine Kaffeemaschine eben zu gehen hat insbesondere morgens um sieben.

    Erst ab dem siebten Monat nach dem Kauf gilt wieder die Umkehr der Beweislast: Dann ist der Kunde verpflichtet, dem Händler nachzuweisen, dass das Produkt schon beim Kauf Fehler hatte. Dies alles sind Vorteile für den Verbraucher, meint Martin W. Huff:

    Er kann auch sehr viel schneller als früher vom Vertrag zurücktreten und zum Beispiels seine unnützen Aufwendungen wie Fahrtkosten, Besichtigungskosten und Ähnliches vom Verkäufer erstattet verlangen.

    Solche Möglichkeiten gab es nach der alten Regelung nicht. Auch hier wird also noch einmal ganz deutlich: Die Rechte des Kunden sind im neuen Gesetz gestärkt worden.

    Soweit die neuen Garantieregelungen. Zu den weiteren, gravierenden Änderungen gehört die Produkthaftung. Sie ist zugunsten des Kunden ausgeweitet worden. Beispiel Werbung: Was in flotten Werbeslogans vollmundig versprochen wird - dafür muss der Hersteller jetzt auch einstehen. Und zwar unabhängig davon, ob er selbst die Werbeanzeigen geschaltet hat oder nicht. Außerdem sind Verjährungsfristen vereinheitlicht worden. Und: Es gibt jetzt Vorschriften, über die die Kunden informiert werden müssen, wenn sie Waren per Internet bestellen.

    Eine dieser Richtlinien war ja gerade die Richtlinie über den elektronischen Rechtsverkehr. DAs soll natürlich ist auch ein Begriff der Rechtssicherheit für den Rechtssuchenden.. Er soll wissen, mit wem er es zu tun hat. Deshalb hat man gerade dort erhebliche Informationspflichten für den Unternehmer eingesetzt, wodurch ermöglicht werden soll, dass ich im Internetkauf immerhin weiß, mit wem ich zu tun habe. Einmal, was ich für ein Unternehmen bin, was ich mache, wo ich meinen Sitz habe, wo ich registriert bin, wer meine Aufsichtsbehörde ist und damit einfach derjenige, der bestellt, die Möglichkeit hat, auf das Unternehmen zurückzugreifen. Und das ist ein ganz wesentlicher Schutz für den Verbraucher insbesondere im Internetgeschäft. Ich muss genau belehrt werden, wie ich eine Bestellung wieder korrigieren kann, bevor ich eine E-Mail mit meiner Bestellung absende. Ich muss genau wissen, wann ich was bezahlen muss, wie ich wieder zurücktrete. Ich muss mir manche Sachen herunterladen können, damit sie wirksam sind. Ich muss Fristen mitgeteilt bekommen. Dies ist alles anspruchsvoller, als wenn ich normal ins ein Geschäft gehe und die Sachen kaufe.

    Der Gesetzgeber hat die Gelegenheit genutzt und gleich zwei große Probleme angepackt: Das ist zum einen die schlechte Zahlungsmoral - und zwar sowohl bei den Verbrauchern als auch bei den Unternehmen. Und zum anderen das Kleingedruckte, das heißt die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Rechtsanwalt Lutz Tauchert weiß, wovon er spricht:

    Es war eingerissen, dass kaum einer zahlte. Deshalb hat man den Verzug eigentlich automatisiert, kann man sagen. Das heißt also, der Paragraph sagt, dass jemand, der eine Rechnung erhalten hat, die ordnungsgemäß ausgestellt und mit Informationen versehen ist, dass die wirksam ist und in dreißig Tagen zu zahlen ist, wenn er nicht zahlt, der Schuldner, dann ist er sofort in Verzug und hat Verzugszinsen zu zahlen.

    Und das kann richtig teuer werden - auch für die Verbraucher. Statt vier Prozent müssen nun fast neun Prozent Verzungszinsen gezahlt werden. Das zweite Problem: Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

    Die allgemeinen Geschäftsbedingungen sind wieder ins BGB aufgenommen wund damit Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches und müssen insofern überarbeitet werden. Weil ja das Schuldrecht als Herzstück der anwaltlichen Tätigkeit sag ich mal, der Zivilgerichtstätigkeit das Wichtige in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wiederum ist. Entscheidend dabei ist, dass die Diktion, also die Begriffe, die verwand werden vom Gesetz, sich wesentlich gegenüber den früheren Gesetzen geändert haben.. Und hier muss man eben die neuen Begriffe in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hineingeben . Die Diskussion um die Erneuerung ist ja schon längere Zeit im Gange, und diejenigen, die damit zu tun haben, insbesondere die Unternehmen wussten, was auf sie zukommt. Dennoch denke ich, dass gerade Kleinunternehmer oder Einzelhändlern, die auch Geschäftsbedingungen verwenden, dass die immer noch nicht auf dem neusten Stand sind.

    Viele Verbraucherschützer sind froh darüber, dass die Reform des Schuldrechtes in Angriff genommen worden ist. Entsprechende Pläne gibt es seit mehr als 20 Jahren, doch sie sind nie durchgezogen worden. Trotzdem: Euphorie über dieses Jahrhundertwerk will nicht so recht aufkommen - und das bei allen Beteiligten:

    Beispiel Einzelhandel: Viele Unternehmen wollen sich noch nicht zu den neuen Rahmenbedingungen äußern. Und zwar unabhängig davon, aus welcher Branche sie kommen. Man hat noch keine Erfahrungen, heißt es lapidar.

    Von Seiten der Industrie gibt es bislang noch keine einheitlichen Konzepte, wie mit dem längeren Gewährleistungsansprüchen umgegangen werden soll.

    Und selbst die Verbraucherzentralen haben bislang kaum Erfahrungen mit dem neuen Schuldrecht. Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass Kunden bei Reklamationen erst ab dem siebten Monat nachweisen müssen, dass ein Produkt schon beim Kauf fehlerhaft war. Und diese Frist ist noch nicht um. Gut möglich also, dass die Beratungsstellen ab Spätsommer oder im Herbst regen Zulauf von wütenden Verbrauchern bekommen, die sich um ihre Rechte betrogen fühlen.

    Die Juristen merken derzeit vor allem eines: Das neue Recht schafft Verunsicherung:

    Wir merken in der Praxis, dass wir alle neu lernen müssen wie Abläufe sind, sowohl der Verbraucher wie die Anwälte wenn es darum geht, wie reklamiere ich richtig, wie fange ich richtig wieder an, wenn Frist gesetzt werden muss. Kann ich verlangen, dass der Lieferant sich entscheidet? Muss sich der Verbraucher entscheiden, ob er die Ware oder Geld haben will? All das ist eine große Unsicherheit. Die eigentliche Lehrzeit kommt dann, wenn man den Fall auf den Tisch bekommt, und jetzt muss man ja sag ich mal als Rechtsneuling, auch als gestandener Anwalt, wieder ganz normal beginnen. Man muss das Gesetz lesen, man muss die Kommentierung lesen und man muss die Rechtsprechung beachten. Eigentlich das, was man immer machen muss, aber hier eben besonders sorgfältig, weil man diese Begriffe einfach noch nicht so verinnerlicht hat, dass man sie automatisch umsetzt. Es ist eben eine wirkliche Umbruchzeit, in der man neu sich in die Materie einarbeiten muss. Es ist nichts zusammengebrochen, entgegen mancher Kritiker, aber es muss sicherlich Ende dieses Anfang nächsten Jahres vieles durch die Gerichte im Grundsatz entschieden werden.

    Bis heute gibt es noch keine nennenswerte Rechtssprechung zu dem Thema. Und es wird noch Jahre dauern, bis die Obergerichte angerufen werden und bis schließlich der Bundesgerichtshof oder der Europäische Gerichtshof Klarheit schafft bei der Definition von Begrifflichkeit und in der Auslegung der neuen Rechtsmaterie, so der Präsident des Landgerichts in Frankfurt, Eberhard Kramer:

    Rechtssicherheit ich sag mal in vielen Fragen oder in grundsätzlichen Fragen denk ich werden wir so in zwei bis drei Jahren haben. Wenn wir mal die Rechtsprechung in zwei bis drei Jahren abwarten, denke ich werden wir schon eine ganz gute Basis haben. Im Übrigen gibt es natürlich auch jetzt schon eine ganze Reihe von Kommentierungen, die allerdings sich sehr stark auf die Gesetzesmaterialien stützen.

    Fassen wir noch einmal zusammen: Die Bundesjustizministerin hatte große Pläne. Sie hat Reformen in Angriff genommen, die seit Jahrzehnten aufgeschoben worden sind. Was sie bisher erreicht hat, ist vor allem eines: Eine große Verunsicherung. Doch nicht nur das: Weil alles so schnell gehen musste, haben sich Probleme ins Gesetzeswerk eingeschlichen, die es vorher überhaupt nicht gab.

    Beispiel Gebrauchtwarenhandel. Beim Gebrauchtwarenkauf muss man unterscheiden: Kaufe ich von Privat zu Privat, dann bleibt alles beim Alten. Dann können in den Kaufverträgen weiterhin Formulierungen stehen wie "Unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung". Der Käufer hat hinterher keine Möglichkeit, Mängel zu reklamieren. Kaufe ich Gebrauchtes jedoch beim Händler, dann gibt es wie bei Neuwaren eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren. Das ist mit einem hohen Risiko für die für die Gebrauchtwarenhändler verbunden. Die Haftung kann zwar begrenzt werden auf ein Jahr. Manch ein Gebrauchtwarenhändler versucht trotzdem, sein Risiko noch weiter zu minimieren. Und das kann dann ganz abstruse Auswirkungen haben. Verbraucherschützerin Ruth Anna Büttner muss sich um die ersten solcher Fälle kümmern.

    Es werden Gebrauchtwagen mit Reparaturversicherungen verkauft. Also gleich alles in einem Vertrag drin. Der Verbraucher soll mehr bezahlen, er soll eine Versicherung noch mit abschließen, ein kleines nettes Zusatzgeschäft für den Gebrauchtwagenhandel. Darüber hinaus muss der Verbraucher damit rechnen, dass er in Zukunft zwischen seiner Versicherung und dem Gebrauchtwagenhändler hin- und hergeschoben wird. Die Versicherung würde nur dann bezahlen, wenn es um eine Verschleißerscheinung geht und dann ist leider oft bei den Versicherungen vereinbart, dass es einen großen Selbstbehalt für Verbraucher gibt, so etwas wie 250 Euro. Es ist wohl so, dass sich diese Versicherung für den Verbraucher auf keinen Fall lohnt.

    Nächstes großes Problem, das in den kommenden Monaten für viel Ärger sorgen wird: Das sind die Aboverträge. Bislang sah der Gesetzgeber vor, dass ich als Kunde innerhalb von zwei Wochen vom Vertrag zurücktreten kann, wenn ich ein Zeitungsabonnement an der Haustüre bestelle. Jetzt gibt es folgendes Problem:

    Sollte ich das Abo übers Internet bestellen, oder vielleicht per SMS und dieses Abo kostet nicht mehr als 200 Euro bis zur nächsten Kündigungsmöglichkeit, was in der Regel der Fall ist, dann habe ich kein Widerrufsrecht mehr, dann bin ich derjenige, der bis zur nächsten Kündigungsmöglichkeit tatsächlich bezahlen muss.

    Für Ruth-Anna Büttner gibt es noch ein weiteres großes Problem: Das ist das Bestellen von Waren per Telefon, Telefax, E-Mail oder per Internet. Technisch gesehen ist es ganz einfach. Innerhalb von ein paar Minuten ist der Vorgang erledigt. Aber: Es gibt juristische Spitzfindigkeiten: In manchen Vertragsklauseln steht beispielsweise, dass ein Käufer Wertersatz leisten muss, wenn die bestellte Ware benutzt worden ist. Und das kann sehr unangenehme Folgen haben für den Verbraucher:

    Gerate ich also zufälligerweise vielleicht an einen neuen unseriösen Kataloghändler, kann es mir passieren, dass ich den Pullover, den ich nur einfach anprobiert habe um zu gucken, ob er passt und dann zurückschicken, dass ich dann gar nicht nachweisen kann, dass ich den überhaupt nicht verwendet habe. Und der Händler sagt dann zu mir, du musst ihn jetzt doch bezahlen. Damit ist zu rechnen, dass wir in dem Bereich Probleme haben werden.

    Wie sieht nun die Bilanz aus, ein halbes Jahr, nachdem die Neuregelungen in Kraft getreten sind? Bringt das neue Schuldrecht den Verbrauchern wirklich mehr Rechte?

    Dass das Schuldrecht auf ganz neue Säulen gestellt worden ist - darin sehen Verbraucherschützer und Juristen große Vorteile:

    Ich finde gut an dem neuen Gesetz, dass man Sachen zusammengepackt hat. Das war ja eigentlich vor dieser Novellierung kaum noch möglich, sich zu merken, wann denn nun ein Widerrufsrecht eine Woche ist, wann es zwei Wochen ist, wann das verjährt ob nach einem Jahr oder nach dreißig Jahren oder nach Ende der Leistung. Also das war äußerst schwierig, finde ich. Das war auch äußerst schwierig, Verbrauchern zu vermitteln und dass der Gesetzgeber da einfach gesagt hat, es gibt bestimmte Vertragstypen, da gibt es Widerrufsrechte. Es gibt bestimmte Vertriebswege, da gibt es Widerrufsrechte und die dann einheitlich gestaltet hat, das finde ich sehr gut. Zum Schutz des Verbrauchers sind natürlich eine ganze Menge Maßnahmen getroffen worden. Es ist nicht nur das Schuldrecht, sondern es ist das Fernabsatzgesetz, das Verbraucherkreditgesetz, das Haustürwiderrufsgesetz, beispielsweise Gesetze, die ale im BGB zusammengefasst worden sind. Es gibt, wenn man so will, eine gewisse Stärkung der Verbraucherrechte, sicherlich auch dadurch, dass eine ganze Reihe von Sonderregelungen, die bisher in Sondergesetzen niedergelegt waren, nun in das Schuldrecht integriert worden sind. Das schafft eine gewisse Übersichtlichkeit. Das neue Schuldrecht hat für den Verbraucher und auch für die Rechtswissenschaft, für die Rechtsanwender in Gerichten und Anwaltschaft in Fragen der Verjährung, in der Frage vieler Alltagsregelungen, die für uns Probleme gemacht haben, Verbesserungen gebracht, Gleichstellung gebracht. Man muss halt nur neu lernen. Es hat aber nicht den großen Wurf gebracht, als der er angekündigt war. Es gibt immer noch Ungereimtheiten, es gibt schlichtweg zum Beispiel auch Fehler im Bürgerlichen Gesetzbuch. Also der Große Wurf wie das Bürgerliche Gesetzbuch im Jahre 1900 ist es nicht. Es wird in der Praxis noch Probleme bereiten. Aber es wird sicherlich nicht hundert Jahre halten, aber vielleicht fünf bis zehn Jahre.

    Schon heute zeichnet sich ab, dass es in den nächsten Jahren eine ganze Reihe von Veränderungen geben wird: Und zwar im Hinblick auf technischen Errungenschaften: Manche Regelungen zu E-Mails oder zu Signaturen im Internet können gar nicht so lange gültig bleiben, wie sich der Gesetzgeber das erhofft hat, weil morgen schon technisch möglich sein wird, woran wir heute noch gar nicht denken. Und noch etwas könnt das neue Schuldrecht bald schon veralten lassen: Es gibt bereits nämlich bereits erste Überlegungen zu einem einheitlichen europäischen Verbraucherrecht. Und wenn das umgesetzt werden sollte, dann dürften die jetzt getroffenen Regelungen zum Schuldrecht wieder hinfällig werden.