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Mehr Rechte für Nutzer

Der illegale Download von Musikdateien wird als Diebstahl geistigen Eigentums bestraft. Doch auch bei bereits gekauften MP3-Dateien ist vieles verboten, was mit LP oder CD noch erlaubt war, zum Beispiel der Weiterverkauf. Die Verbraucherzentralen fordern klarere Regeln und mehr Rechte für die Nutzer.

Von Philip Banse |
    Das geltende Urheberrecht schützt zu einseitig die Interessen der Urheber und der sogenannten Verwerter, also der Musik- und Filmkonzerne, die die Urheberrechte zu Geld machen. Die Verbraucher würden dagegen gegängelt und in ihren Rechten immer mehr beschnitten, klagt der Verbraucherzentrale Bundesverband und hat vom Urheberrechtsjuristen Till Kreutzer ausarbeiten lassen, wie die Rechte der Nutzer im digitalen Zeitalter wieder gestärkt werden könnten. Der erste Verbesserungspunkt sei die Privatkopie. Gesetzlich hat heute jeder das Recht, von legal erworbenen CDs, DVDs oder Büchern einige Kopien für private Zwecke zu erstellen, etwa, um eine CD nicht nur im zu Hause zu haben, sondern auch in der Ferienwohnung. Dieses Recht aber werde in der Praxis ausgehebelt, klagt Lina Ehrig von der Verbraucherzentrale, nämlich durch Kopierschutzmaßnahmen, die Verbraucher nicht knacken dürfen:

    "Und das ist natürlich aus Verbrauchersicht misslich und ärgerlich, weil ganz praktische Dinge illegal sein können: Ich lade mir ein E-Book auf meinen PC runter und möchte dann aber dieses E-Book auf meinem E-Book-Reader lesen - wenn der Anbieter das verbietet, ist das verboten. Da ist man natürlich als Nutzer extrem eingeschränkt in seinen Möglichkeiten, diese bezahlten Inhalte zu nutzen."

    Ein zweites Problem ist, sagt Urheberrechts-Experte Till Kreutzer, dass Unternehmen das eigentlich gesetzlich verbriefte Recht auf eine Privatkopie im Kleingedruckten beim Kauf etwa einer Musik-Datei einfach verbieten - und dies wohl auch verbieten dürfen.

    "Und wenn die Firmen da einfach machen können, was sie wollen, dann führt das dazu, dass man sagt: Privatkopie steht zwar im Gesetz, aber faktisch mache ich es so, wie mir das am besten passt, und schließe das aus, so wie ich das will."

    Deswegen müsse das Recht auf einige private Kopien gesetzlich so verankert werden, dass es in jedem Fall gelte und private Kopien nicht durch Lizenzbedingungen verboten werden können. Der zweite klarer zu regelende Punkt, so Lina Ehrig von der Verbraucherzentrale, sei der Wiederverkauf digitaler Produkte:

    "Aus Verbrauchersicht herrscht große Unsicherheit: Darf ich digitale Produkte, die ich legal erworben habe, weiter verkaufen oder nicht? Das verstehen viele Nutzer einfach nicht, weil sie den Unterschied nicht sehen zwischen körperlichen und digitalen Inhalten. Warum darf ich eine CD, die ich gekauft habe, weiter verkaufen, nicht dagegen die gleiche Musiksammlung, die ich mir legal per Download heruntergeladen habe?"

    Dieses Feld ist sehr umstritten, aber im Zweifel gilt eher, sagt Jurist Till Kreutzer: Wer 10.000 Jazz-CDs besitzt, darf sie weiter verkaufen, wer 10.000 Alben als MP3-Dateien für viel Geld gekauft hat, darf sie nicht weiter verkaufen. Besitzer körperlicher Produkte und Besitzer digitaler Güter werden hier ungleich behandelt, kritisiert Kreutzer:

    "Meine Analyse kommt zu dem Schluss, dass es ungerechtfertigt ist, eine solche Unterscheidung vorzunehmen, weil das Erwerberinteresse mit seinem erworbenen Gut frei umzugehen und Gebrauchtwerte zu realisieren, ein hohes Gut ist, was auch durch die Eigentumsfreiheit geschützt wäre."

    Der Weiterverkauf digitaler Güter sollte daher genauso erlaubt sein, wie der Wiederverkauf körperlicher Güter. Auch dürften Firmen diesen Wiederverkauf digitaler Filme und Bücher nicht einfach verbieten. Anders als eine CD kann man aber eine Musikdatei nicht nur einmal verkaufen, sondern beliebig oft. Wer seine mp3-Sammlung verkaufe, so Kreutzer, müsse verpflichtet werden, diese dann zu löschen. Das lasse sich durch technische Mittel wie Wasserzeichen kontrollieren. Der dritte beklagte Umstand sei, so die Verbraucherschützer, dass das geltende Urheberrecht die Kreativität der Massen ausbremse und diesem völlig neuen Phänomen nicht Rechnung trage: Jedes Kind könne heute sein Lieblingslied mit Videos bebildern und zu Youtube stellen. Das sei aber fast immer illegal. Wenn jedoch digitale Medienproduktion zum Volkssport geworden sei, müssten kreative Nutzer mehr Rechte bekommen, fordert Till Kreutzer:

    "Generell ist es ein gesellschaftlich förderungswürdiger Umstand, dass möglichst viele Menschen kreativ sind. Denn wer Videocollagen am Rechner erstellt, der steht nicht an der Bushaltestelle und pöbelt Passanten an."